Ratgeber & Regenten 01 - Die Bluthündin
Azuth-Kirche leben, bis sie sich ausreichend erholt hat, um sich einer Inquisition zu stellen. Wenn du Rache willst, dann laß dir gesagt sein, daß ihre eigenen Kollegen mit ihr übler umspringen werden, als du es je könntest.«
Tzigone sah ihn traurig an. »Stimmt das?«
»Ich schwöre es. Bluthunde lassen selten Gnade walten, nicht einmal gegenüber Ihresgleichen.«
»Hm«, machte sie nachdenklich, dann nickte sie. »Vielleicht werden mir die Bluthunde doch noch sympathisch.«
Matteo sah aber, daß sie ihr Messer immer noch in der Hand hielt, und der Zorn in ihren Augen ging weit über Haß hinaus. Er faßte sanft ihr Handgelenk und nahm ihr das Messer aus den Fingern.
»Unsere Aufgabe ist vollbracht«, sagte er ruhig. »Der Sumpf ist aufgehalten, der Laraken fort. Darin besteht ein Gleichgewicht. Halruaa wurde gut gedient.«
»Aber was ist mit uns?« warf Tzigone voller Leidenschaft ein. »Wem von uns wurde gut gedient?«
Matteo sah seine Freunde und die Männer an, die Kiva mit einem Trick oder einer Rekrutierung in ihren Dienst gelockt hatte. Selbst der mutige Wemic, der gestorben war, um sie zu beschützen, war zweifellos als Jungtier irgendwo geraubt und von Kiva ausgebildet worden. Er dachte darüber nach, was ihnen allen genommen worden war. Dennoch konnte er nicht Kiva allein die Schuld geben.
»Ich will nicht sagen, Kiva habe richtig oder aus gutem Grund gehandelt«, sprach er. »Aber wer weiß, welches Unrecht sie wiedergutmachen wollte? Wenn so unerfreuliche Dinge geschehen, um die Jordaini zu schaffen, was haben die Magier von Halruaa dann möglicherweise noch getan? Welche Übel hat das hervorgebracht, was wir heute bekämpften? Das ist es, was wir herausfinden müssen.«
Andris nahm Kiva auf die durchscheinenden Arme. Die zierliche Elfe schien fast zu schweben. »Das ist keine Aufgabe für einen Jordain«, sagte er. »Unsere Pflicht ist es, den Magiern Halruaas zu dienen.«
»Unsere Pflicht ist es, die Wahrheit zu suchen«, entgegnete Matteo entschlossen. »Von heute an werde ich keinem anderen Herrn mehr dienen.«
ZWEIUNDZWANZIGSTES KAPITEL
K iva erwachte vom Gesang der Morgengebete. Augenblicke vergingen, ehe sie erkannte, daß sie sich in der Obhut des Azuth-Tempels befand. Die Erinnerung stürzte auf sie ein und betäubte den Schmerz, der in jedem Knochen, jeder Sehne pochte. Schlimmer noch war aber die entsetzliche Leere in ihrem Geist und ihrer Seele.
Sie war ihrer Magie beraubt. Nicht völlig – keine Elfe würde je ganz frei von Magie sein –, aber ihre magischen Kräfte waren soweit geschwunden, daß sie sie kaum noch wahrnehmen konnte. Sie hätte sich nicht halb so elend gefühlt, wenn sie ihr Augenlicht oder ihr Gehör verloren hätte. Die Elfe lag auf ihren Kissen und kämpfte gegen ihre wachsende Verzweiflung an.
Vielleicht war da doch noch etwas, das sie tun konnte. Genau genommen machte der Verlust ihrer Magie ihre Suche nach den Schätzen Akhlaurs noch dringlicher.
Aber sie besaß nun nur noch wenige Möglichkeiten, um sich zu verteidigen, und noch weniger Verbündete. Wer würde sich der Sache einer magisch toten Bluthündin anschließen? Mbatu war tot – Mbatu, der ihr immer zur Seite gestanden hätte, ganz gleich, was ihr geschah. Wenigstens hatte sie Mbatu nicht hintergangen. Mbatu war ehrenhaft in den Kampf gezogen, er hatte die Risiken gekannt und aus Liebe zu ihr akzeptiert. Für Kiva war das ein gewisser Trost, insbesondere mit Blick auf das, was sie tun mußte.
Unter großen Anstrengungen gelang es ihr, die silberne Glocke in die Hand zu nehmen, die auf dem Nachttisch stand. Ein Kleriker Azuths reagierte auf ihr Klingeln, ein großer Mann, der eine safranfarbene Tunika trug und einen eisigen Gesichtsausdruck hatte.
»Du bist wach. Gut. Ich werde Diener rufen, die dir Suppe und Brot bringen. Du wirst all deine Kraft brauchen, um dich der Inquisition zu stellen.«
Kiva stützte sich auf einen Ellbogen. »Was ich getan habe, geschah auf Geheiß der Königin«, sagte sie, weil sie wußte, daß diese Behauptung die Inquisition so lange verschieben würde, bis der Beweis oder Gegenbeweis erbracht war.
»Königin Beatrix soll dich gebeten haben, die Jordaini zu unterwandern? Das ist kaum zu glauben.«
»Die Königin hegt einen Verdacht gegen den Orden«, fuhr Kiva fort. »Ich tötete auf ihren Befehl hin Cassia. Es war mein Recht, da Cassia von der Berührung durch Magie befleckt worden war. Und sie ist nicht die einzige, die in den Verrat verwickelt ist.
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