Ratgeber & Regenten 01 - Die Bluthündin
Ratgeber gekommen, die in schlichtes weißes Leinen gekleidet waren. Doch diese Schlichtheit stand zugleich für ihre Macht, ebenso wie die Anhänger, die bis auf Matteo jeder Jordain trug. Er beschloß, sein fehlendes Emblem bei nächster Gelegenheit zu ersetzen.
Zalathorm war eine Überraschung. Trotz seiner Ausbildung hätte Matteo den Mann in einer Menschenmenge nicht als mächtige und bedeutende Person ausgemacht. Der König war nur mittelgroß, sein volles Haar und der Vollbart waren von mittelblonder Farbe. Seine Augen waren sanft, er sprach leise und fast schüchtern. Dem Aussehen nach war er ein Mann im fünften Lebensjahrzehnt. Doch Matteo wußte, daß das nicht möglich war, da Zalathorm schon seit mehr als sechzig Jahren auf dem Thron saß. Niemand wußte genau, wie alt der Magier war, doch sie waren sich alle einig, daß er in einem Land reich an Magie der mächtigste Magier von ihnen allen war.
»Sag mir, was du siehst«, forderte Procopio leise.
Matteo löste seinen Blick vom König und sah sich um. »Die Frau in der gelben Kleidung, die dort drüben neben dem Harfenspieler steht, ist eine Priesterin des Azuth. Sie muß recht viel Macht besitzen, da einige hochrangige Zauberer bei ihr stehen und lachen und trinken.«
»Stimmt. Azuths Geistlichkeit ist nicht hoch angesehen, und die Magier würden sich mit ihr nicht abgeben, wenn sie keinen hohen Rang hätte. Was noch?«
»Die große Frau mit dem kastanienroten Haar ist Rhodea Feuerhaar. Sie verläßt nur selten die Stadt Aluarim, da sie alle Hände voll damit zu tun hat, die Münze zu überwachen und die Soldaten zu befehligen, die die neuen Münzen bewachen und transportieren. Ihre Anwesenheit kann zwei Gründe haben: Entweder ist ein Kampf absehbar, oder Zalathorm hat den Rat einberufen. Keines von beiden würde sie verpassen. Die Anwesenheit aller siebzehn Mitglieder des Ältestenrats deutet daraufhin, daß der König sie alle zu sich bestellt hat. Daß Rhodea Seide trägt, nicht ihre Lederrüstung, läßt den Schluß zu, daß sich der Rat mit einer friedlichen Angelegenheit befaßt.«
Procopio nickte, wirkte aber ungeduldig. Bislang hatten Matteos Ausführungen wenig spezielles Wissen oder Wahrnehmungsfähigkeit erfordert. »Fahr fort.«
Der junge Mann ließ seine Blicke schweifen. »Die drei Männer dort, die sich mit Basel Indoulur unterhalten, sind mit magischen Gegenständen beladen. Seht Ihr, wie der Dünne die Ringe an seiner Hand zur Schau stellt, wie ein Mann seine Münzen präsentieren würde, der nicht an Reichtum gewöhnt ist? Keiner der drei ist ein besonders mächtiger Magier, aber sie möchten alle gerne so wirken. Es wäre gut, den Grund dafür zu erfahren.«
Der Erkenntniszauberer hob eine schneeweiße Augenbraue. »Warum?«
»Die Ornamente, die sie an ihren Händen und um den Hals tragen, sind aus Mondschein-Gold«, erklärte Matteo. »Nirgendwo sonst wird dieser spezielle blaßrosa und goldene Farbton gewonnen. Wenn diese Männer in der Lage wären, selbst magische Gegenstände herzustellen, dann würden sie es tun. Auch sind sie nicht mit Münzen überhäuft. Hätten sie die Mittel, das Beste zu kaufen, dann nähmen sie halruaanische Magie in Anspruch.«
Procopio lächelte und nickte zustimmend. »Das ist zwar selbstverständlich, aber es tut trotzdem gut, es zu hören. Weiter.«
»Die Frage stellt sich, wie sie diese Gegenstände erworben haben und welchen Zweck sie damit verfolgen. Es heißt, die Llewyrr-Elfen hätten solche Geschenke der Hochkönigin der Mondschein-Inseln gemacht, als diese die Nachfolge ihres Vaters König Kendrick antrat – begleitet von der Prophezeiung, daß ihre Linie bestehen wird, wie die Elfenmagie überdauert. Das war zweifellos als Segen der Elfen gedacht, aber es gibt Splittergruppen in diesem Königreich, die diese Geschenke und Prophezeiung als eine Gelegenheit betrachten.«
Procopio sah seinen Ratgeber interessiert an. »Ich fange an, deiner Argumentation zu folgen. Wo sonst könnte man solche Magie studieren und Gegenmaßnahmen entwickeln, wenn nicht hier? Wenn die Artefakte das sind, was du glaubst, dann könnte ihr um jegliche Magie beraubtes Auftauchen in den Händen der Rivalen der Königin der Mondschein-Inseln ein Ansatzpunkt sein, um eine ernsthafte Forderung an den Thron zu stellen.«
»Genau da liegt das Problem. Halruaa kann sich an solchen Spielchen nicht beteiligen. Unsere Magie ist dafür zu gefürchtet. Wenn die List aufgedeckt wird, wird es niemanden interessieren, ob
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