Ratgeber & Regenten 02 - Das Wehr
Magier profitieren zu können, der schwach genug ist, um sich von Euch kontrollieren zu lassen? Eine fast gleichberechtigte Partnerschaft könnte für beide Seiten von großem Nutzen sein.«
»Was könntet Ihr mir schon bieten?« Ihr Tonfall hatte etwas Spöttisches, war aber nicht so verletzend, daß man ihre Worte nicht auch als interessierte Frage hätte auslegen können.
Procopio bemerkte die feine Nuance. »Einen Zauber, der Euch einen Blick auf die Länder jenseits der östlichen Außenposten werfen ließe.«
»Wie nützlich«, spottete sie. »Ich kenne solche Zauber. Welcher Magier kennt sie nicht?«
»Benutzt sie und sagt mir, was Ihr seht.«
Nach kurzem Zögern tat sie, was Procopio gesagt hatte. Sofort änderte sich das Bild in der Kugel und zeigte in allen Einzelheiten die gewaltigen Berge im Osten und die satten Farben des Sonnenuntergangs über den weiten Ebenen von Dambrath.
Kiva vertrieb das Bild mit einem Fingerschnippen und sah wieder Procopios Gesicht. »Ich sehe nichts.«
»Genau das sieht auch jeder andere Magier in Halruaa. Blickt tiefer, ohne Magie. Wir sprechen uns wieder.«
Das Gesicht Procopios verschwand aus der Kugel. Verwirrt rief Kiva Shanair zu sich und fragte sie, was sie über die östlichen Grenzen Halruaas wußte.
»Krieger kommen von dort«, sagte Shanair mit Befriedigung in ihren Worten. »Mulhorandische Soldaten, Kavallerie, Magier, die alle auf Halruaa zumarschieren. Eine gute Armee, auch wenn es Männer sind.«
Kiva fauchte. Damit hatte sie nicht gerechnet! Nicht, daß sie etwas dagegen hatte, eine andere Waffe gegen Halruaa einzusetzen, aber nur, wenn sie Teil eines koordinierten Angriffs war!
»Diese Menschen durchqueren Dambrath-Ländereien. Warum habt ihr sie nicht aufgehalten?«
Shanair sah Kiva erstaunt an. »Wir hielten sie für einen Teil deiner Invasion. Würden wir es zulassen, daß ihre Füße unser Land beschmutzen, wenn dem nicht so wäre?« Sie spie aus und fluchte: »Bei den Beinen Lolths! Wir haben unsere Waffen ohne Grund trocken gelassen?«
»Sie werden bald vom Blut der Halruaaner triefen«, versicherte Kiva ihr.
Viel zu bald , fügte sie in Gedanken finster an. Der Kampf rückte näher und wurde durch Ereignisse vorangetrieben, die sie nicht kontrollierte. Sie hatte keine andere Wahl, als mit Procopio Septus zusammenzuarbeiten. Doch sie würde ihn später dafür bezahlen lassen, ihr eine Wahl aufzuzwingen, ehe sie selbst bereit war. Ein wichtiger Teil ihres Plans war noch nicht umgesetzt. Ehe die Schlacht beginnen konnte, mußte sie zu Akhlaur zurückkehren.
Nicht bloß in den Sumpf, sondern zu Akhlaur selbst.
VIERZEHNTES KAPITEL
T sigone kostete einen Schluck von dem Wein, den Matteo gewählt hatte. Er schmeckte köstlich – der beste, den sie je getrunken hatte, ob gekauft oder gestohlen. Wer hätte gedacht, daß der Mann Geschmack hatte?
Genaugenommen zeugte alles in diesem wundervollen Gasthaus von Geschmack, Eleganz und Privilegien. Auf den Tischen lagen edle Damastdecken, eine kleine Vase stand an jedem Gedeck, die Teller paßten alle zueinander. Die Kellner waren höflich und zählten nicht das Tafelsilber nach, wenn der nächste Gang gebracht wurde. Jeder einzelne dieser Aspekte hätte für sich schon ein neues Niveau von Luxus und Respekt begründet. Doch in seiner Gesamtheit war dieses Mahl etwas, das Tzigone so schnell nicht vergessen würde.
Noch bedeutender war, daß Matteo sich zum ersten Mal gezielt an sie gewandt hatte. Üblicherweise waren ihre Begegnungen ein Produkt des Zufalls oder aber auf Tzigones Betreiben hin zustande gekommen – und selbst dann war es mehr ein freundschaftlicher Überfall gewesen denn ein richtiges Treffen.
Sie freute sich so über diese Einladung, daß sie die mißtrauischen Blicke und das Getuschel der anderen Gäste nicht zur Kenntnis nahm. Im anständigen Halarahh – und strenggenommen überall in Halruaa – ziemte es sich nicht für Jordaini, mit Magieradepten Umgang zu pflegen.
Doch Matteo schien sich um die Bräuche nicht zu scheren. Während er über das sprach, was ihn quälte, verfinsterte sich allmählich ihre gute Laune. Aber sie hörte zu, ohne ihn zu unterbrechen, ohne zu fluchen und ohne ihm das Kumquat-Dessert an den Kopf zu werfen – obwohl sie all das nur zu gerne getan hätte.
»Ich weiß nicht«, sagte Tzigone zweifelnd, als er schließlich einmal Atem holte.
Matteo beugte sich vor. »Exchelsor hat ein großzügiges Angebot unterbreitet, das dein Leben verändern – das
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