Ratgeber & Regenten 02 - Das Wehr
ich mich um den Rest kümmern kann«, forderte sie ihn mit einem geheimnisvollen Lächeln auf.
Matteo stand auf. »Danke, aber ich glaube, ich habe keine weiteren Stiche davongetragen.«
»Das sagt Ihr, aber ich will mich davon lieber selbst überzeugen.«
»Das ist nicht nötig. Ihr seid Eurem Vater eine wertvolle Hilfe und eine gute Heilerin.«
Ihr Lächeln wurde breiter und nahm etwas Katzenhaftes an. »Ich habe auch noch andere Talente.«
»Zweifellos«, murmelte er verwirrt.
Mit einem gereizten leisen Seufzer verschob sie ihr Hemd so, daß ihre Schultern nicht länger bedeckt waren. Sie nahm eine eindeutig verführerische Pose ein. »Kommt mit«, lud sie ihn ohne Umschweife ein.
Matteos Wangen glühten vor Verlegenheit. Er kam sich wie ein Narr vor, weil er ihre wahren Absichten nicht früher erkannt hatte.
Sie schien das zu amüsieren. »Warum so erstaunt, Jordain? Ich biete Euch eine Stunde Vergnügen. Ohne Folgen und ohne Bedauern.«
Matteo bekam sich in den Griff. »Jede Handlung hat Folgen, und diese vielleicht mehr als alle anderen.« Die junge Frau machte einen wirklich verwirrten Eindruck, also erklärte er: »Es ist Jordaini verboten, Familien zu gründen.«
Sie schenkt ihm ein nachsichtiges Lächeln. »Ich bitte Euch nicht, mich zu heiraten. Nur etwas Spaß. Was soll schon passieren?«
Matteo betrachtete die Frau. Sie war jung, dem Anschein nach verwöhnt und mit sanfter Hand erzogen. Die Frauen Halruaas wurden oft behütet, so daß es trotz ihrer direkten Art denkbar war, daß sie es wirklich nicht wußte.
»Ein Kind könnte die Folge sein«, sagte er ruhig.
Die Frau sah ihnen einen Moment lang sprachlos an, dann schüttelte sie den Kopf und kicherte. » Das wäre nun wirklich eines von Mystras größeren Wundern! Euer Läuterungsritual ist mit das beste, was sich das Jordaini-Kolleg ausgedacht hat. Bei so wichtigen magischen Blutsbanden kann es niemand wagen, daß ein Bastard gezeugt wird.« Ihr Lächeln nahm einen wissenden Ausdruck an, während sie die Schleifen ihres Hemds öffnete. »Hengste mögen ja schnell sein, aber Wallache laufen am besten und ausdauerndsten. Was glaubst du eigentlich, warum die Jordaini bei den Damen Halruaas so beliebt sind?«
Jetzt war Matteo sprachlos. Er hatte das Ritual nicht mitgemacht, das die letzte Prüfung darstellte und dem eine Zeit einsamer Meditation folgte. Er hatte nie so etwas erwartet, aber er hatte keinen Grund, die Worte dieser Frau anzuzweifeln, die von einer zwingenden Logik waren und vieles erklärten.
Ein Teil seines Verstands akzeptierte ruhig, daß dieses Ritual eine wohldurchdachte Vorbeugungsmaßnahme war. Es würde ihn nicht überraschen, wenn unzuverlässige oder sogar gefährliche Elemente durch Jordaini-Nachfahren in die Linie eingeschleppt worden waren. Vorsicht war die Mutter der Porzellankiste, und man hätte sicher nicht zu einer so drastischen Maßnahme gegriffen, wenn sie nicht für absolut notwendig gehalten wurde.
Dennoch brachte der Gedanke ihn gleichzeitig zur Weißglut. Wie konnte man jungen Männern und Frauen, die Jordaini wurden, eine solche Entscheidung aus der Hand reißen? Hatten sie nicht verdient, das vorher zu erfahren, damit sie wählen konnten?
Er verbeugte sich. »Ich danke Euch für Eure guten Absichten, doch ich muß jetzt aufbrechen.«
Sie zuckte die Achseln und zog ihr Hemd zurecht. »Es ist Euer Verlust.« Grinsend zupfte sie an ihrem Haar und strich dann mit der Hand über ihren Leib. »Wenn Ihr daran zweifelt, könnt Ihr jeden anderen Jordain in der Stadt über mich befragen.«
Ihre Prahlerei bereitete ihm große Sorgen, während er zum Landhaus Procopio Septus’ eilte. Es war falsch, ahnungslosen jungen Menschen ein solches Ritual aufzuzwingen. Dennoch gab es ihnen das nicht Recht, unverantwortlich zu handeln. Wie er der jungen Frau gesagt hatte, blieb keine Handlung ohne Folgen. Auch wenn ein Kind nicht die Folge sein konnte, konnten ein Mann und eine Frau nicht Seite an Seite liegen und das Bett unzerwühlt verlassen, das sie geteilt hatten. Familien konnten auf vielerlei Wegen entstehen, und kein Jordain durfte es sich leisten, etwas über seine Pflicht gegenüber Halruaa und den Magiern zu stellen.
Doch Matteo mußte an Themo denken. Er fand immer Zeit, seinen Jordaini-Kumpanen ein neues Spiel zu zeigen oder den Umgang mit Waffen mit ihnen zu üben und sprach auch häufig von einer bestimmten Bardame in Khaerbaal – nicht so wie die verschlagenen Soldaten, die Frauen im allgemeinen
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