Ratgeber & Regenten 03 - Der Krieg der Magier
zu fragen.«
Sie erwartete, daß der junge Mann gekränkt sein würde. Doch er reagierte mit einem überraschend tiefen Lachen.
»Es ist viele Jahre her, daß man mich des Optimismus bezichtigt hat!«
Es lag Keturah auf der Zunge, sich über seine Wortwahl lustig zu machen – immerhin schien ihr Patient etliche Jahre jünger zu sein als sie –, doch etwas an ihm ließ sie schweigen. Sie sah ihn eine Weile an. »Ihr tragt eine magische Tarnung«, sagte sie dann.
Er reagierte mit Erstaunen. »Das sollte nicht feststellbar sein«, erwiderte er reuig. »Bei den Göttern, die dafür erforderlichen Zauber sind kompliziert genug!«
»Das erklärt einiges«, gab Keturah nachdenklich zurück. »Einige Zauber, die Ihr dem Lindwurm entgegengeschleudert habt, überstiegen die Fähigkeiten bei weitem, die man normalerweise einem Magier in dem Alter zuschreiben würde, das Ihr vortäuscht. Eine solche Tarnung aufrechtzuerhalten kann auch ohne den Federfallzauber schon anstrengend genug sein. Für den Zauber danke ich Euch übrigens. Ich nehme an, Ihr wurdet deswegen auch in dem Gefecht überwältigt.«
»Ihr seid zu freundlich«, sagte er sarkastisch. »Wenn mich meine Erinnerung nicht trügt, wurde ich von einem vorüberziehenden Seevogel bewußtlos geschlagen. Das dumme Vieh konnte dem Gefecht nicht ausweichen.«
Keturah lachte laut. »Ein Mann, dessen Magie sich der genauen Beobachtung durch eine Magierin entzieht, ein Mann, der einen Greifen reitet und Zauber wirkt wie sonst nur der König – unterliegt einem tolpatschigen Pelikan!«
Nach einem kurzen Augenblick verzog der Mann die Mundwinkel. »Die Situation entbehrt nicht einer gewissen Ironie.« Sein Lächeln schwand rasch wieder, und er sah Keturah lange an. »Fragt Ihr mich nicht nach meiner wahren Identität?« Keturah zuckte abermals die Achseln. »Wenn Ihr wolltet, daß sie bekannt wird, hättet Ihr Euch nicht getarnt. Wenn es Euch recht ist, möchte ich meinerseits auch auf eine Vorstellung verzichten.«
»Eure Geheimnisse gehören Euch«, stimmte er zu. »Was mich angeht, wurden wir beide erst heute morgen geboren. Wir haben kein Leben als das, das vor uns liegt.« Diese Aussicht schien ihm zu gefallen. Sein jungenhaftes, ehrliches Lächeln lockerte ein wenig die eisige Hand, die sich um Keturahs Herz gelegt hatte.
»Klingt gut.«
»Das finde ich auch.« Er sah sein gebrochenes Bein an und seufzte. »Es sieht aus, als würden wir diesen Wald so schnell nicht wieder verlassen. Wie soll ich Euch nennen?«
»Wie wäre es mit etwas Exotischem? Vielleicht ... Vashti?«
Er schnaubte. »Nur, wenn ich mir vorstellen soll, wie Ihr purpurne Schleier und Fingerzimbeln tragt.«
»Dann nicht. Simanatra? Chelis? Lissa?« Mit jedem Vorschlag wuchs sein gespieltes Entsetzen. Keturah warf die Hände in vorgetäuschter Verzweiflung in die Luft. »Wenn Ihr so wählerisch seid, warum sucht Ihr dann nicht selbst einen Namen aus?«
Er sah sie einen Moment lang mit einem Blick an, der ihre Seele zu durchforsten schien. Schließlich nahm er ihre Hand und hob sie an die Lippen.
»Ihr seid ... Beatrix«, sprach er leise.
* * *
Die Nebel der Erinnerungen wurden aufgewirbelt, und Tzigones Vision wurde erst Tage später fortgesetzt. Keturah und der junge Magier standen am Eingang zu einer Höhle, die in das Herz eines lebenden Bilboabaums geschnitten war. Sie sahen einander an, als wollten sie den Anblick nie vergessen, der sich ihnen bot. Ihre Hände waren verschränkt wie die von Liebenden, die es haßten, daß sich ihre Wege trennten.
»Ehe du gehst, gibt es Dinge, die du wissen mußt«, sagte Keturah.
Ihr Liebhaber schüttelte den Kopf. »Ich kenne dein Herz. Dein Lachen ist die Musik, die mir am liebsten und am vertrautesten ist. Was sonst könnte ich von dir erfahren?«
»Wir sind seit zwei Tagen verheiratet, doch wir müssen noch über die Blutlinie sprechen.«
In einem entlegenen Winkel von Tzigones Verstand flammte Freude auf und brannte hell. Dieser Mann war also ihr Vater, der wahre Ehemann ihrer Mutter! Sie hätte wissen sollen, daß ihre Mutter nicht so gedankenlos war, ihr Kind dem Schicksal eines Magierbastards zu überlassen.
Der Mann nickte. »Gut. Ich bin Erkenntniszauberer, aber ich besitze auch eine Kraft, die vom Rat offiziell nicht aner kannt wird. Es ist mehr eine geistige denn eine rituelle Kraft.«
»Psi«, sagte Keturah mit besorgter Miene. »Ich habe davon gelesen. Ich habe die Kunst der Beschwörung studiert, aber meine Magie hat auch eine
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