Ratgeber & Regenten 03 - Der Krieg der Magier
wilde Ader. Mein Vater, der Barde war, sagte mir einmal, daß es in der Linie meiner Mutter Hexenmeister gegeben habe.«
Ihr Ehemann hob erstaunt die Brauen, doch ihre Offenbarung schien ihn nicht zu stören. »Dann werden unsere Kinder wahrhaftig wild sein!«
Keturah hörte auf zu lächeln. »Ich war schon einmal verheiratet. Mit einem Mann, der mir nie ein wahrer Ehemann war.«
»Das hast du mir gesagt. Wenn es keine wahre Ehe war, bist du vom Gesetz her nicht an ihn gebunden.«
»Ich weiß«, unterbrach Keturah ihn. »Aber da ist noch mehr. Er verabreichte mir heimlich Tränke, damit ich ein Jordaini-Kind zur Welt bringe. Tränke, die mit gefährlichen Kräutern verändert worden waren. Das ist ein Vermächtnis, das ich an deine Kinder weitergeben könnte.«
Der Magier führte ihre Hände an die Lippen. »Das Leben wird von vielen Dingen geprägt, Beatrix. Die Wahl ist weit bedeutender als die Abstammung. Wir werden unsere Kinder lehren, weise Entscheidungen zu treffen.«
Keturah sah sich in ihrem verborgenen Lager um. »Und wir sind Experten auf diesem Gebiet?«
»Natürlich. Haben wir uns denn nicht für einander entschieden?«
* * *
Als die Liebenden zum Abschiedskuß ansetzten, zog Tzigone sich zurück. Sie wollte nicht bei dieser geteilten Innigkeit anwesend sein, auch wenn es ihre Eltern waren. Vor allem nicht, wenn es ihre Eltern waren!
Die Vision erfüllte sie mit Freude und einem erhellenden Einblick, woher ihre seltsame Magie kam.
Tzigone kam langsam wieder zu Bewußtsein, während sie sich durch die Jahre bewegte. Dann war sie wieder ganz sie selbst, doch sie war so erschöpft, daß sie ihre Augen nicht öffnen konnte. Die eindringliche Vision hatte sie mehr Kraft gekostet, als ihr zur Verfügung gestanden hatte. Tzigone bedauerte es dennoch nicht. Mit einem glücklichen Seufzen zwang sie sich, die Augen zu öffnen.
Sie war von dunklen Gesichtern eingekreist. Mehrere Finstere Feen betrachteten sie düster, wie Raben, die sich an der magischen Nahrung laben wollten, die sie unbeabsichtigt geboten hatte. Horror überkam sie, als ihr klar wurde, daß die Finsteren Feen alles wußten, was sie erfahren hatte.
Tzigone riß einen der noch glimmenden Zweige aus dem erlöschenden Lagerfeuer und sprang auf. Sie wirbelte herum und trieb die ätherisch aussehenden Gegner zurück.
Die Feen wichen aus und gingen ihren Angriffen aus dem Weg. Ehe sie jedoch einen ganzen Kreis beschrieben hatte, schossen sie wieder vor, sprangen sie an und drückten sie zu Boden.
Ihr fehlte die Zeit und die Kraft, um eine Illusion zu wirken, damit sie gegen sie ankämpfen konnte. Tzigone unterlag dem heftigen Angriff und spürte das Brennen und Stechen Dutzender kleiner, tückischer Wunden.
Jetzt erst begann die eigentliche Attacke. Eine lange vergessene Erinnerung regte sich und kam aus jener düsteren Ecke hervor, in die Tzigone ihre Kindheit auf den Straßen und in den Schatten verbannt hatte. Sie roch den stinkenden Atem Betrunkener und fühlte, wie sie von fremden Händen grob angepackt wurde. Sie hörte, wie der Stoff ihrer Kleidung zerriß.
All das war schon einmal geschehen – der Angriff, die Hilflosigkeit, das Entsetzen. Bei den Göttern, sie erinnerte sich an alles!
Dann kam die Erinnerung an einen stechenden, ätzenden Gestank so wie der Geruch eines Blitzes, der allzu nah einschlug. Tzigone erinnerte sich, daß sie sich von ihren Angreifern losriß und in die Sicherheit der Bäume floh. Es war ihr nie in den Sinn gekommen, sich umzudrehen. Jetzt wußte sie, was sie gesehen hätte.
Zwei Feen waren tot. Andere lagen am Boden und zuckten unkontrolliert. Ihre leuchtenden schwarzen Augen hatten den matten Schein der Magie, die aus einer Kindheitserinnerung heraus entstanden war. Die überlebenden Feen eilten vor diesem unerwarteten Angriff schneller davon, als es ein menschliches Auge mitverfolgen konnte.
Die Verursacherin dieser Zerstörung war fast so überrascht wie die Feen. Ohne Absicht und ohne einen Gedanken daran hatte Tzigone tödliche Magie gewirkt – wie sie es schon einmal als Kind getan hatte.
Sie dachte an die Worte Keturahs und an die Geschichten, die von gewöhnlichen Männern und Frauen erzählten, die völlig unerwartet ungewöhnliche Kräfte entfesselt hatten. Magie lag denen im Blut, die einen Hexenmeister zum Vorfahr hatten, und sie konnte manchmal völlig unerwartet auftreten.
Tzigone taumelte fort von der finsteren Szenerie und sank zu Boden. Die erschöpfte Hexenmeisterin – denn
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