Ratgeber & Regenten 03 - Der Krieg der Magier
ohne Fragen zusammen mit dem Jordain an die Arbeit. Nach kurzer Zeit hatten sie das Rad gewechselt und widmeten sich dem Mühlstein.
»Zu schwer für zwei Männer«, beobachtete Benn.
Matteos Blick fiel auf ein Paar langer, stabiler Eichenstangen , die an der Seite des Wagens hingen. »Nicht unbedingt. Ein halruaanischer Weiser sagte einmal, er könnte die ganze Welt aus den Angeln heben, vorausgesetzt, er hätte einen Hebel, der lang genug ist.«
»Leichter gesagt als getan«, bemerkte Benn. »Als erstes stellt sich die Frage, wo er sich hinstellen würde.«
Matteo lachte und klopfte ihm auf die Schulter. »Ein gutes Argument. Mal sehen, was wir machen können, wo wir nicht auf dem Mond stehen und Yggdrasil, den Weltenbaum der Nordmannen, als Hebel nutzen können.«
Gemeinsam rollten sie einen Findling heran, der als Hebelpunkt geeignet erschien. Benn dirigierte die Pferde so, daß sie den Wagen in die richtige Position brachten. Er führte sie ein wenig mehr nach hinten, während Matteo die Stange benutzte, um den Mühlstein anzuheben. Schließlich gelang es ihm, eine Kante des Steins auf den Wagen zu bringen, dann veränderte er den Hebelpunkt, um das gegenüberliegende Ende anzuheben.
Als die Aufgabe erledigt war, gab Benn Matteo eine Ziegenhaut mit Wein. Matteo nahm einen Anstandsschluck und bemerkte, daß Benn ihn aufmerksam ansah.
»Ich will Euch nicht beleidigen, Herr, aber man könnte uns fast für Brüder halten.«
Matteo blieb einen Moment stumm, da er nicht wußte, wohin es führen mochte, wenn er auf diese Bemerkung einging. »Im richtigen Licht und unter bestimmten Umständen könnte man uns sogar verwechseln.«
Der Bauer nickte. »Ich habe mich oft gefragt, wessen Platz ich eingenommen habe.«
Sein Tonfall war sachlich, ohne Zorn. Matteo unterbrach ihn: »Sprich nicht weiter.«
»Wem könnte es schaden? Ihr kennt die Geschichte so gut wie ich.« Er hielt Matteos Blick stand. »Nein, ich sehe, daß das nicht stimmt. Ihr habt mehr Fragen als der fünfjährige Sohn meiner Schwester.«
»Man könnte dich mit einem Zauber belegt haben, um nicht darüber zu sprechen.«
»So sieht es nicht aus. Ich habe es Phoebe erzählt, als ich sie bat, mich zu heiraten, und nun stehe ich hier. Wenn es Euch beruhigt, kann ich Euch versichern, daß ich mich an kaum etwas erinnere, was vorgefallen ist. Anschließend kam der Wächter zu mir. Ich mußte ihm versprechen, der Rache abzuschwören, was wohl heißen sollte, daß ich keine schlafenden Drachen wecken soll. Er sagte auch, der Mann, dessen Platz ich einnahm, habe nichts mit alledem zu tun und werde jeden halbtot schlagen, der damit zu tun hatte.«
Matteo nickte. Nach einer Pause fragte er: »Wirst du hier gut behandelt?«
Der Bauer wies auf ein gemütlich aussehendes Haus, das am anderen Flußufer stand und über eine Steinbrücke erreichbar war. Gepflegte Felder umgaben sein Heim. Auf einem Hügel grasten ein paar Ziegen, einige Rothe-Kälber sprangen ausgelassen im Auslauf herum.
»Wäre ich nicht zum Jordaini-Kolleg gebracht worden, hätte ich meine Jahre auf den Feldern eines anderen Mannes verbracht. Seht, was ich hier habe. Die Jordaini sind zwar Eigentümer dieses Landes, aber ich kann damit tun, was ich will.«
Benn zuckte die Achseln. »Von Zeit zu Zeit jammert Phoebe, sie hätte gerne Kinder, aber wir führen ein gutes Leben. Sie ist die Herrin in ihrem eigenen Haus. Sie macht Käse und verkauft ihn für einen guten Preis an die Jordaini, und sie ist gut im Weben. Ich habe ihr als Hochzeitsgeschenk einen Webstuhl gekauft«, sagte er voll Stolz. »Wie viele Männer können das von sich behaupten?«
Das Lächeln, mit dem Matteo antwortete, war ehrlich. »Wenige Männer erreichen ein solches Maß an Zufriedenheit. Dein Glück nimmt eine Last von mir. Es überrascht mich aber, daß der Wachmann so viele Münzen aufbringen konnte. Ein guter Webstuhl ist teuer.«
»Nicht der Wachmann hat mich bezahlt, sondern ein Meister.«
Matteos Herz machte einen Satz. »Würdest du ihn wiedererkennen, wenn du ihn sähest?«
Benn schnaubte. »Nichts leichter als das. Ein alter Mann, recht groß – etwa so groß wie Ihr oder ich. Er hatte einen Zinken wie ein Geier. Klingt das nach jemandem, den Ihr kennt?«
Matteo nickte nur. Antworten konnte er nicht, weil die Worte ihm die Kehle zugeschnürt hatten. Es gab nur einen Meister, auf den diese Beschreibung paßte – sein bevorzugter Meister, ein ältlicher Kampfmagier, und der Mann, von dem Matteo als
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