Ratgeber Traurigkeit, Rueckzug, Depression
Neurotransmitter-Systeme individuell unterschiedlich sein kann. Mit dieser Stoffwechselveränderung sinkt die Fähigkeit, Empfindungen wie Freude oder Zufriedenheit zu verspüren und negative Gefühle können die Oberhand gewinnen. Es ist jedoch bis heute nicht klar, ob diese Veränderungen Ursache, Begleiterscheinung oder Folge einer Depression sind.
Im Blut und Urin von einigen depressiven Patienten wurde auch eine zu hohe Konzentration des Stresshormons Kortisol gefunden. Allerdings deuten auch hier die Forschungsergebnisse darauf hin, dass die Veränderungen nicht ursächlich und auch nicht spezifisch für Depressionen sind. Neuere neurowissenschaftliche Forschungsbefunde, auf der Grundlage von bildgebenden Verfahren, zeigen bei Betroffenen während einer depressiven Episode eine veränderte Aktivität des sogenannten limbischen Systems im Gehirn. Das limbische System, das vereinfacht auch als stressregulierendes System bezeichnet werden kann, ist für das Empfinden und Verarbeiten von Gefühlen mitverantwortlich. Die veränderte Aktivität bei der Verarbeitung von Gefühlen könnte die erhöhte psychische Verletzlichkeit von depressiven Patienten erklären.
Besondere Belastungen, Stress und Rückzug
Bei vielen Kindern und Jugendlichen treten depressive Symptome im Zusammenhang mit widrigen Lebensumständen und belastenden Erfahrungen auf. Gerade Kinder und Jugendliche reagieren oft sehr feinfühlig auf Belastungen in ihrem unmittelbaren Lebensumfeld. Zu solchen kritischen Lebensereignissen und Belastungen zählen zum Beispiel der Tod eines nahen Angehörigen, die Scheidung beziehungsweise Trennung der Eltern, das Ende von Freundschaften, der erste Liebeskummer oder auch andere größere Veränderungen der gewohnten Lebensweise wie zum Beispiel nach dem Umzug in eine andere Stadt. Derartige Belastungen können zu großer emotionaler Verunsicherung der betroffenen Kinder und Jugendlichen führen. Es konnte nachgewiesen werden, dass belastende Lebensereignisse auch zu neurobiologischen Reaktionen wie zum Beispiel vermehrter Ausschüttung des Stresshormons Kortisol führen und dass hierdurch auch die oben beschriebenen Stoffwechselveränderungen ausgelöst werden können.
Weiterhin kann auch eine Häufung kleinerer Ereignisse und alltäglicher Widrigkeiten („Dauerstress“) dazu führen, dass die Grenze der Belastbarkeit erreicht ist. Das kann zum Beispiel dann der Fall sein, wenn ein Kind in der Schule überfordert ist. Auch finanzielle Probleme (z. B. nach der Arbeitslosigkeit eines Elternteils) können als bedeutender Faktor zu unterschiedlichen familiären Belastungen und damit einem erhöhten Risiko für Depressionen führen. Zu den wichtigsten psychologischen und sozialen Risikofaktoren gehören auch anhaltende Konflikte und häufige Streitigkeiten zwischen Eltern und Kind oder in der Familie. Auch Konflikte und Beziehungsprobleme mit Freunden und unter Gleichaltrigen können eine große Belastung sein. Diese zwischenmenschlichen Probleme können schwere Folgen haben. Die betroffenen Kinder sind sozial schlecht eingebunden, erleben wenig Unterstützung und Beistand von anderen und fühlen sich einsam, allein und traurig. Aus Traurigkeit und Rückzug entsteht oft ein Teufelskreis, der auch durch ein lerntheoretisches Modell der Depression erklärt werden kann (siehe Kasten).
Das Schneckenhaus oder der Teufelskreis des Rückzugs
Wenn ein Kind sich wegen Stimmungsproblemen immer mehr zurückzieht, erfährt es immer weniger Bestätigung und positive Verstärkung durch andere Menschen. Dies führt wiederum zu einer weiteren Zunahme der schlechten Stimmung, zu Ermüdung und noch mehr Rückzug und dadurch zu noch weniger angenehmen Aktivitäten und schönen Erfahrungen. Dies begünstigt die Entwicklung einer Depression und trägt im Verlauf auch dazu bei, dass die Symptomatik bestehen bleibt. Es wird ein Zusammenhang zwischen dem Ausmaß an Aktivität und der Stimmung eines Kindes vermutet. Im Rahmen einer therapeutischen Behandlung sollten nach diesem Modell Kontakte zu anderen, Spaß und sinnvolle Aktivitäten gefördert werden, damit das Kind wieder mehr Bestätigung und Verstärkung erhält und freudvolle Erfahrungen macht. Hierbei ist zu beachten, ob ein Kind überhaupt in der Lage ist und die entsprechenden persönlichen Möglichkeiten und Fähigkeiten hat, zu anderen angemessen Kontakt aufzunehmen, Beziehungen herzustellen und Freunde zu finden. Oft ist es zunächst wichtig, soziale Kompetenzen des
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