Ratings, Ratings, Ratings (German Edition)
aus für heute. Aus die Maus. Aber noch lange ist es noch nicht so weit.
„Die Qualität des Kapitals macht mir aber Sorgen“, sagte Chris. Dann folgte ein langer Monolog. Hin und wieder schnappte er nach Luft. Währenddessen prüfte ich die Struktur des Eigenkapitals bei meinen Fällen noch mal im Schnelldurchlauf. Aber alles kein Problem. Die Ratings waren alle bestens vorbereitet und ich würde sie auch gut präsentieren.
Tat es dann auch und konnte auch nicht genug von mir bekommen. Auch ich plapperte und plapperte und redete dabei die Ratings schön. Während es draußen bitterkalt ist, scheint hier drin heute die Sonne. Dachte ich zumindest.
„ Wie viel?“, unterbrach mich Mike.
Ich hatte 551 da stehen. Das liegt genau an der Grenze zu einem spekulativem Rating. Investment Grade ade. Trotzdem verteidigte ich die Firma und ihr Rating vehement.
John riss dann das Ruder rum . „541“, sagt er. „Du hast dich verrechnet.“
„Kann nicht sein“ , sagte ich.
Kann doch sein, dachte ich. Und er hatte leider Recht. Wie konnte mir das nur passiert sein?
Aber noch lange kein Grund, das ganze Rating runterzustufen, meldete sich die schlaue Lise in mir. Denn in meinem Bericht stand auch: „Seit 1990 hat die Firma kontinuierlich ihre Eigenkapitalposition ausgebaut, stille Reserven gebildet und in 2011 auf Dividendenzahlungen fast verzichtet. Sie werden auch 2012 verzichten, um ihre Eigenkapitalquote nicht zu gefährden“, sagte ich noch dazu.
Ende der Rede. Ende Gelände. Abschließende Worte. Das Wort zum Sonntag hätte nicht spannender sein können.
Mir hatte meine Präsentation gefallen. Chris wohl nicht. Denn er machte mich gerade nieder. Das wusste ich, noch bevor ein einziges Wort seinen Mund verlassen hatte. Und ebenfalls wusste ich schon jetzt, dass John auch wieder rebellieren würde. Das sagten mir seine Augen.
Und richtig: In nur w enigen Sekunden war meine ganze Arbeit dahin, die ich so mühevoll zusammengestellt hatte.
D abei hatte mein Unternehmen wirklich ein besseres Rating verdient. Immerhin hatten sie schon vor Jahren mehr oder weniger alleine die Aktienkrise Anfang 2002 gut überstanden (da sie kaum welche im Portfolio hatten).
Aber so war es nun mal. Bevor ich nicht befördert werden würde, ging es halt nicht anders. Meine Stimme ist nichts wert.
Ich schlenderte träge zum Schreibtisch zurück und wünschte mir , ich wäre ein Raucher, der mal dringend an der frischen Luft seinen Nikotinlevel auftanken muss. War ich zwar nicht, aber ich musste hier heute auch als Nichtraucher mal raus.
Als ich draußen stand, beschloss ich ein paar Runden Schlittschuh zu laufen. The Moose, eine künstlich angelegte Schlittschuhbahn im Freien, lag direkt vor unserem Büro. Als ich auf der Eisfläche war, hatte ich den ganzen Stress sofort vergessen.
Wieder oben im Büro war die Stimmung unverändert schlecht und der Stress direkt wieder da.
Meine Kollegen hauten no ch immer in die Tastatur. Ich dagegen habe heute keine Lust mehr, erst recht nicht nach dieser Pause. Daher räume ich meinen Schreibtisch auf, gehe Kaffee trinken und dann noch einen Kaffee trinken und fahre irgendwann gegen 18 Uhr meinen Computer herunter.
Feierabend ist jetzt angesagt. Ich zog los, mit einem breiten Grinsen im Gesicht. Richmonds Hirsche und Rehe sollten mich heute treffen. Ich stieg in die Tube, kurze Zeit später in Waterloo um und fuhr schon nach einer Stunde in Richmond rein.
Eine halbe Ewigkeit taperte ich durch den erleuchteten Park, aber sah nichts. Keinen Hirsch, kein Reh. Nicht ein Viech, das diesen Park so bekannt gemacht hat. Nur Schwäne. Und die erinnern mich an mein eigenes nicht vorhandenes Liebesleben, habe ich doch keinen Partner, und noch nie jemanden gehabt, der ein Leben lang mit mir bleiben wollte.
11
……………Der Zoo am Regent Park liegt nicht an der Regent Street! Nein. Er liegt weit entfernt von der Oxford Street versteckt hinter einer viel befahrenen Straße. Zur Zeit des Deutsch- Französischen-Krieges hatte hier 1870 ein Quagga gelebt. Stand da, beim Gehege. Aber diese Zebraart ist mittlerweile leider ausgestorben und mein Interesse an diesen Viechern war sowieso noch nie groß gewesen.
Vor dem Pinguin-Becken hatte ich dann aber keine Zeit mehr für diese Trauer, denn direkt vor meiner Nase fand das wohl schönste Pinguin-Gefütter-Spektakel schlechthin statt. Einer der ersten in der Reihe gab das Tempo an und was ich sah, gefiel mir mehr als gut. Alle trotteten brav hinter dem
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