Ratings, Ratings, Ratings (German Edition)
verlassen sich auch heute noch Regierungen, Konzernchefs, Investmentmanager und Notenbanker auf dieses Rating, denn niemand kann diese Mammutaufgabe so gut erfüllen wie eine Rating-Agentur.
Da können die Agenturen noch so sehr in Kritik geraten - das Rating bedeutet selbst Zentralbanken in diesen Tagen eine ganze Menge. Trotz der ganzen Kritik sind die Ergebnisse repräsentativ, und es kann nicht einfach so passieren, dass jemand ein Rating mal einfach so nebenbei nachmacht oder gar bessermacht.
Zudem ist mir nicht klar, was eine neue europäische Agentur wirklich besser machen sollte. Allerdings liegt die Jugendarbeitslosigkeit in 18 von 27 EU-Staaten bei über 25 Prozent, und in einigen Ländern ist jeder zweite Jugendliche ohne Job und Perspektive. Echt. Das ist so. Dabei beziehen sich diese Zahlen auf Europa!
Empfiehlt es sich da nicht, die Leute in die Geheimnisse der Ratings einzuweihen, frage ich mich. Oder was will Tristan von mir hören? Klingt alles so unspannend, was ich da so mache. Oh Mann, ich krieg gleich eine Krise.
Ratings bei den großen Agenturen für Versicherungen stehen dafür, ob die Unternehmen ihren Zahlungsverpflichtungen nachkommen können, verklickert mir mein Gehirn gerade. Andere Agenturen benoten auch die Kundenbetreuung oder auch nur einzelne Produkte.
Die Gedanken kommen einfach weiter rausgeschossen.
Ich will aber jetzt und hier diese Gedanken abstellen. Denn ich muss ja heute weiter an meinem Bericht schreiben und die Gedanken an Tristan und ob er mich aufgrund meines Jobs langweilig finden wird, gehören jetzt wirklich in die Schublade. Sonst richte ich noch großen Schaden an.
Wie so oft im Mülleimerfreien London hatte sich vorm Büro eine Menge Unrat angesammelt. Ich hatte mir dann doch die zwei Minuten Umweg an der frischen Luft gegönnt, um mich ein wenig runterzubringen. Vorm Aschenbecher standen zitternd zwei unbekannte Nasen, deren Kippen im eiskalten Wind schon fast alleine verdampften.
Ich hielt kurz inne und atmete tief ein. Wie alle Bürotürme war auch meiner sehr hoch. Und ich auf einem w ahren Höhenflug.
Denn das Grinsen kam heute immer einfach wieder. Die Begegnung mit Tristan hatte mich echt umgehauen.
13
… …………„Wow, du strahlst ja wie ein Kind“, sagte John als ich rein kam und meinte damit auf Deutsch bestimmt das Honigkuchenpferd.
„Ist was Tolles geschehen?“, fragte er. Immerhin ohne das Wort Nacht zu erwähnen.
„Nein“, sagte ich. „Freu mich einfach auf die Arbeit“, und meinte das auch wirklich so, ohne schleimen zu wollen. Den Morgen verbrachte ich mit „meinen“ Staatsanleihen, aber auch mit heißen Gedanken an Tristan. Ich hatte heute keine Lust auf Kaffee-Tratsch und hing lieber einfach meinen Gedanken nach. Ich saß am Schreibtisch und stelle mir meine Zukunft mit Tristan vor.
M ittlerweile hatte ich die Ratings schon fast vergessen, aber dann klingelte das Telefon. Mein Vater war dran. Früher hatte er nie gewusst, was ich beruflich mache, aber kürzlich hatten es die Ratings auch bei Anne Will ins deutsche Fernsehen geschafft und nun weiß er, was ich den ganzen Tag so tue, wahrscheinlich bis ich 72 bin. Ich weiß allerdings schon mit Mitte zwanzig nicht so wirklich, was ich heute tue. Aber das muss er ja nicht wissen.
Außerdem ist gerade Mittagszeit und ich gehe alleine nach unten. Aber nicht in die Shopping-Mall, sondern wieder auf die Eisfläche. Heute reichen mir meine Gedanken an Tristan, die Luft und ein paar Runden Bewegung. Ich wäre gerne noch ein paar Runden mehr gefahren, aber dann tauchte ein Kollege auf, und ich ließ ihn direkt wissen, dass meine Mittagspause leider schon vorbei war und verschwand dann auch direkt vom Eis.
Im Pret a Manger tobte wie immer der Mob. Warum gab hier jeder ein Vermögen für ein Sandwich aus? Warum gehörte ich vor allem dazu? Einigermaßen schnell kam ich heute dran und grabschte mir mein Futter. Eins mit dem legendären orangefarbenen Cheddar-Käse und Pickles dazu. Wie auch immer sich die Pickle, die keine Pickel sind, auf Deutsch auch schimpfen mögen. Eingelegtes Gemüse passt laut Lexikon nicht wirklich, und selbst die Gürkchen, die sich drin tummeln, wehren sich gegen diese Bezeichnung krümmend. Cheese und Pickles können die Deutschen noch nicht, sollten es aber unbedingt kennen lernen, so lecker ist diese Kombination.
Dann folgte ich (mit meinem Mittagessen bewaffnet) dem Mob Richtung Fahrstuhl.
Drinnen vorm Kaffeeautomaten war keiner um die se Uhrzeit,
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