Ratings, Ratings, Ratings (German Edition)
du “, sagte Tristan später am Abend, „brauchen die Bewegung echt noch mehr als ich“. Ich war entsetzt. Hatte er jetzt auf meinen Bauch angespielt? Glaubte ich zwar nicht, fragte ich aber lieber auch nicht. Die Wahrheit ist nicht immer gut und ich bin schließlich eine gute Interpretöse. Außerdem fügte er noch hinzu, dass er ohne Tageslicht und frische Luft nicht leben könnte. Diese Aussage vertrieb zwar nicht meinen dicken Bauch, aber immerhin meine schlechte Laune ein wenig und als er mich dann in den Arm nahm, war ich auch wirklich wieder guter Dinge, beschloss aber, mich ab morgen jeden Tag zu bewegen. Immerhin wollte ich ohne diese dicke Wampe durchs heiße Afrika stiefeln.
Ein paar Wochen später hatte ich das auch schon geschafft. Zumindest in Gedanken. Und ebenso in Gedanken hatte ich direkt nach der Landung meine Passwörter für sämtliche Arbeitskonten vergessen. Vor mir lag Afrika und die Safari. Und das alles mit Tristan. Bis dahin muss ich hier aber noch weiter an meiner Karriere arbeiten. Ob ich wollte oder nicht, das war nun mal so.
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…………… Ich fuhr heute die ganze Strecke von Tristan bis zum Tower Hill mit dem Bus, über Waterloo. Zumindest wollte ich das. Mit einem roten Doppeldecker. Diese Stadt ist oberirdisch verkehrstechnisch aber eine noch größere Katastrophe als unterirdisch. Geschlagene 2 Stunden und 10 Minuten brauchte ich für meine Fahrt, die mich allerdings noch nicht bis ans Endziel gebracht hatte. Und zuvor hatte ich auch noch eine geschlagene deutsche akademische Viertelstunde auf den Bus gewartet. Als dieser dann endlich kam, kamen natürlich direkt drei weitere mit derselben Nummer, die ich hätte nehmen können! Ingo bingo und ein dreifaches Hurra.
London erstickt auch morgens im Verkehr und das obwohl die Tube so vollgepackt ist und auch eine Stadtmaut eingeführt wurde, die den Verkehr seit ihrer Einführung in 2003 angeblich um 20% zurückgehen ließ.
Menschen, Menschen und noch mehr hasten zeitgleich durch das Gewusel und lassen dabei die durch die sogenannte Congestion Charge eingesparten 150.000 Tonnen CO2 zumindest wieder leicht ansteigen. Im Kreisverkehr in der Nähe des 3D-Kinos geht dann erst mal gar nichts mehr und als mein Bus endlich die Themse erreichte, hatte ich wie gesagt geschlagene 2 Stunden und 10 Minuten Fahrt hinter mich gebracht und echt mehr als genug! Kurz vor Embankment stieg ich dann endgültig aus dem Bus aus und in die U-Bahn um und ein paar Minuten später dann bei Tower Hill in die DLR. In den letzten Monaten war ich noch nie so viel zu spät gekommen, und werde es freiwillig auch ganz bestimmt nicht noch mal mit dem Bus versuchen.
Endlich empfingen mich Canary Wharfs lange unterirdische Gänge warm und vertraut und die Rolltreppen führten mich zügig ins Büro. In den 90er Jahren wurde die DLR gebaut und so erlebten fahrerlose Züge ihren Einstand auf der Insel und seither hatte sich nichts daran geändert, da das alles auch wirklich funktioniert hatte. Heute stand ich hier auf verlassenen Rolltreppen und wurde dabei immer weiter nach oben befördert. So leer sah hier alles noch futuristischer aus. Es war, als sei ich in einen guten Science Fiction Film katapultiert worden. Auf jeder neuen Rolltreppe erwartete ich einen Alien, der mich nett begrüßte und mich auch verstand und vor allem Mitleid mit meiner heutigen Reise hatte.
Ganz irdisch und realistisch ging es dagegen im Büro zu. Chris, John und ich waren die einzigen, die am Schreibtisch saßen, aber aus dem Meetingraum direkt neben dem Büro drangen Stimmen heraus. Bin ich gestresst, drehe ich manchmal durch. Und Chris´ Blick tut mir heute auch gar nicht gut. Richtig böse schaut er heute drein. Ich machte mich auf zum Kaffeeautomaten, genau in dem Moment, als John aus seinem Stall kam. Ich mag es nicht, wenn mich jemand ununterbrochen an meine Abgabefrist erinnert, und sagte ihm das trotzdem nicht.
Dann war ich endlich mit schlechten Kaffee wieder am Tisch und es war, als wäre ich heute doch in einem schlechten Film angekommen. Chris guckte mich weiter mehr als böse an. Wie gut, dass es eine Trennwand zwischen unseren Tischen gab und ich ihn durch diese nicht mit Blicken töten konnte. Als ich mich setzte und mir der Affe nicht mehr in die Augen gucken konnte, fing er dann an zu reden und ich starrte ihn durch die Trennwand hindurch an. Chris starrte zurück. Das spürte ich einfach. Und John sagte hinter mir zum wiederholten Male, dass ich mich bitte
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