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Ratings, Ratings, Ratings (German Edition)

Ratings, Ratings, Ratings (German Edition)

Titel: Ratings, Ratings, Ratings (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silke Brocks
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Nachmittag entdeckte ich, dass meine Versicherung kein Neugeschäft mehr schreiben wird. In 2013. Das sah ganz danach aus, dass die sich schon um die 1 ,75% Sorgen machen würden. Und mein Bilderbuchmakler sank in meinem Ansehen: verknittertes nicht mehr ganz weißes Hemd, blaue ungebügelte Bundfaltenhosen, und Haare, die schon über die Brille aus der letzten Saison wuchsen. Vor ein paar Monaten hatten sie sich noch saftige Provisionen eingestrichen, ohne das Wissen der Versicherungsnehmer. Aber immerhin hatten die diese völlig freiwillig bezahlt.
    Mein neuer Beziehungsstatus hatte es zwar noch nicht auf facebook geschafft, aber meinem Ansehen hier ganz schön geholfen. Für meinen baldigen Urlaub in Afr ika gab mir heute schon wieder ein weitgereister Kollege wertvolle Tipps und wünschte mir vor allem jede Menge Spaß. Ich lernte Seiten von seiner Art Urlaub zu machen (organisierte Safaris für 500 USD am Tag), seine Art zu übernachten (Lodges für 300 USD die Nacht) und blickte ihn nicht gerade begeistert an (bei 500 USD Jahreseinkommen eines Durchschnittsafrikaners). Aber er merkte es nicht und fühlte sich sichtlich wohl und erfahren.
    Die einzigen Einheimischen, die er getroffen hatte, waren Reiseführer, die sich von den Weißen finanziell stark angezogen fühlen. Alle Bilder zeigten Tiere, und Kameras anderer Weißbrot-Jeep-Passagiere und ich hoffte doch sehr, dass meine Safari keine Fotosafari werden würde. Dann erzählte er mir von Tansania und betonte immer wieder, wie schön die Strände und Hotels für die europäischen Touristen dort doch seien. Was das alles mit Afrika-Urlaub zu tun hatte, verstand ich aber nicht ganz, und er wohl auch nicht. Denn er fragte neugieriger als neugierig nach Botswana und knetete dabei seinen Hintern. Mit der Hand in der Hose. Echt. Mir fehlten ganz einfach die Worte. Etwas sträubte sich in mir und ich stotterte in schlechten Englisch einige Sätze, bis Chris mir von drüben zur Hilfe kam und uns fragte, ob wir zusammen einen Kaffee trinken gehen würden. Und als der Kollege mit noch nassen Händen aus dem Toilettenraum kam, sprudelte es dann auch aus mir heraus. Es war schön zu sehen, dass er sein Gepuhltes weggewaschen hatte.
    „Wir werden Touristen, die kein Englisch sprechen, durch die Gegend fahren“ , sagte ich ganz stolz. „Dafür kriegen wir dann den Urlaub umsonst“.
    „Inklusive Flug“, setzte ich noch einen drauf , als ob ich kein Geld verdienen würde. Das Geprahle dauerte dann noch ein paar Minuten, dann waren aber alle mit mir fertig und ich leider wieder für mich. Ich bequatschte Chris auf dem Weg zum Schreibtisch und sah, wie er mühevoll den Neid nicht rausließ. Auf mich wartete nicht nur ein Liebesurlaub (ohne gekaufte Afrikaner), sondern auch ein echtes Abenteuer, das man so schnell nicht toppen konnte.
    „Leute wie du“, sagte Chris später am Schreibtisch“, „haben so viel Glück auch verdient“. Ich war wirklich guter Dinge, als er das sagte und mich dabei neid voll, aber unverliebt anguckte. Immerhin war die ganze Geschichte noch gar nicht lange vorbei. Ein paar Monate später würde uns Chris in Botswana besuchen, aber das wusste ich natürlich jetzt noch nicht.
    Von einer Sekunde auf die andere war er auch schon wieder hinter der Trennwand verschwunden. Zurück blieb ich und mein fast fertiger Rating-Bericht. Bis zur mir zum Feierabend erklärten Stunde um 19 Uhr war er dann auch fertig. Und ich war auch fertig für heute. Aber das brauchte ja hier niemand zu wissen.

2 8
    …………… Ich überflog am nächsten Morgen noch mal den ganzen Bericht, vom Bruttozuwachs der letzten sechs Jahre nach Geschäftsfeldern, über die Neugeschäftsentwicklung in der Lebensversicherung und über die Wachstumserwartung bis hin zu der Marktanteilsentwicklung nach Vertriebswegen.
    Der Hauptanteil der Versicherungen wird bei meiner Firma noch immer über die Makler vermittelt und das obwohl die Makler so langsam aussterben. Das ist wirklich so, denn nur unter 6% der deutschen Makler sind zur Zeit unter 30 Jahre- das Durchschnittsalter eines Maklers liegt bei 48,4 Jahren. Mit knapp 66 steigen die meisten aus ihrem Beruf aus. In rund 15 Jahren haben wir dann ein echtes Problem mit dieser Vertriebsart.
    Als ich das ausgerechnet hatte, hatte ich 9 Stunden Schlaf hinter mir und konnte so ausgeschlafen bestimmt nicht komplett daneben liegen mit meiner Berechnung. In den 70er und 80er Jahren hatten sich viele Versicherungsmakler reich gestoßen, doch

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