Ratings, Ratings, Ratings (German Edition)
aber Tristan hatte mich trotzdem noch lieb.
Und ich lernte sogar heute trotz Brummsch ädel, dass in der Themse sogar Seepferdchen lebten. Ob es das Pferdefleisch auch in die englische Lasagne geschafft, wusste ich allerdings noch immer nicht. Aber das brauchte ich ja auch nicht zu wissen. Und Tristan schon gar nicht.
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…………… Von meiner Kiste, die ich zwei Tage später nach der Arbeit auch noch in der U-Bahn zu Tristan weitergeschleppt hatte, ging alles in Tristans Schrank rein. Aber, wenn meine Anzüge aus der Reinigung kommen, wird es eng werden hier. Und überhaupt? Wo sollen meine Schuhe hin? Auch wenn ich meine Sachen für Afrika rausnehme, wird das keinen Platz für diese schaffen. Wer, wie ich, in Deutschland aufgewachsen ist und im Münsterland im Büro gelernt hat, fand die englischen Anzüge erst mal Scheiße. Aber wer dann erst mal eine Weile hier war, fand sie eigentlich nur noch gut. Denn um immer angemessen angezogen zu sein, und um das Konkurrenzdenken unter Frauen in Schach zu halten, halfen sie ungemein. Nach dem Aufstehen musste man zudem nie lange überlegen, was man anziehen würde, um zur Arbeit zu fahren. Manche sahen vielleicht spießig aus, aber mit ein paar Accessoires konnte man selbst einen grauen Anzug mit langweiliger weißer Bluse interessant aussehen lassen.
So wuc hs meine Anzugsammlung im Laufe der Jahre und ich kaufte am Wochenende auch gerne neue in angesagten Secondhand-Boutiquen in Edelvierteln. Neue, bei Prada oder sonst wo, konnte ich mir trotz Wahnsinnsgehalt noch nicht leisten.
Mein Leben hier – war und ist – ohne Tristan so arm. Ich schaute auf meine teure silberne Armbanduhr. Die hatte mehr gekostet, als Tristan in einem Jahr verdiente, hatte mich aber n ie so glücklich gemacht, wie Tristan. Der liebte seine Tiere und damit seinen Job. Und die Latzhose, die er dort, tagein, tagaus trug, stand ihm so gut, wie das grüne T-Shirt, von denen er immerhin drei hatte. Und sein grünes Langarmshirt sollte man auch nicht vergessen zu erwähnen. Und wie viel Energie er neben seiner Arbeit noch hatte. Und die ganzen Freunde, die er immer wieder für Unternehmungen traf. Und dann hatte er sich noch mich ausgesucht. Wie gut, dass wir hier bald weg fahren, sonst denkt er noch, ich sei die totale Langweilerin.
Sch on nach knapp einer Woche schämte ich mich für mein Leben sehr. Ich kam immer erst gegen 9, mal mehr oder weniger später, mal mit oder ohne Takeaway, je nachdem, wie stressig mein 12 Stunden Tag gewesen war. Tristan wälzte derweil Botswana-Tierbücher und hatte gelbe Zettel an die Wand gepostet. 7 Tage stand auf einem, 6, 5, 4, 3, 2 und 1 auf anderen.
Ich freute mich auch ohne A dventskalender-Rückwärtsrum auf den Urlaub. Echt Zeit hier abzuhauen. Im Büro jagte ein Meeting das andere und ich kam vor lauter Meetings zu nichts, brachte viel Geld zu wagamama und nahm hin und wieder die Einladung zu einem Sandwich oder Hähnchen an.
Ic h kam nach all den Jahren noch immer ohne frische Luft aus, und lief nur sporadisch die 3 Minuten oberirdischen Frischluft-Umweg. Mein ganzes Geld geht jetzt zwar nicht mehr für die Hütte drauf, aber noch immer viel für Futter. Und das muss ich mir bei diesen Arbeitszeiten hier draußen für viel Geld teuer kaufen und kann froh, sein, dass ich auch 10 Euro für ein Sandwich ausgeben kann. Auch in der Kantine gilt dieser stolze Preis, sogar für einen Hamburger, wie ich kürzlich herausfand. Der war zwar auch nicht gesünder als der bei McDonalds, aber dafür wurde er persönlich für mich gebrutzelt.
Mein Kollege versuchte soeben, mir die Vorfreude auf Afrika zu nehmen. „Für mich wäre das nichts“, sagte mir Chris. Die ganzen giftigen Tiere, die endlosen Schotterpisten und Meilen, die ihr zurücklegen müsst und du hast keine Ahnung, wie oft du überfallen werden wird“.
„Hör auf damit“, sprach ich. „Ich bin gerne so unterwegs“, sagte ich trotzdem, so als ob ich mich rechtfertigen müsste. „Und außerdem haben wir ja die Touristen dabei.“
„ Eben“, sagte Chris. „Und die riechen nach Geld“, fügte er natürlich auch noch hinzu. Und er kann mich damit mal. Für heute.
Die ganzen Ehepaare mit unterschiedlichen Arbeitszeiten leben wahrscheinlich genauso, aber ich könnte auch ohne Tristan nicht mehr viel machen, nach so einem Tag im Büro. Wie immer sprang ich noch kurz in die Dusche, kuschelte mich an meinen schlafenden Mann und freute mich darüber immerhin ganz doll.
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