Ratings, Ratings, Ratings (German Edition)
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…………… Das ausgefallene Mittagessen lohnte sich. Mein Bauch war zwar noch da, aber die Kosmetikerin in der Einkaufspassage hatte mich wieder in Form gebracht. Besser gesagt meine Augenbrauen und auch meine Haut nebst Haaren. Ich sah wieder gut aus und fühlte mich auch gut, auch wenn an mir alles echt war und auch bleiben würde. Fingernägel inklusive.
Im B üro fiel meine Verwandlung jedoch niemandem auf. Ich machte mich wieder an meine Arbeit.
Hin und wieder lenkte mich was ab. Telefone, die nicht für mich klingelten, hörte ich schon lange nicht mehr. Ich hielt mich mittlerweile mit Wasser statt mit Kaffee über Tag am Leben und musste auch dementsprechend oft pieseln gehen. Dann und wann traf ich dort jemanden zum kleinen Plausch, ansonsten passierte heute nicht viel.
N ur mein Bericht wurde immer länger, aber auch strukturierter und damit besser. Regen fegte draußen an die Scheibe, gegenüber spiegelte sich das Blinken vom Canary Wharf Tower in der Scheibe und der Bildschirm flackerte vor meinen Augen. Mir wurde schwindelig.
Ich guckte in die Ferne. Danach ging es wieder. Die Bürotürme sehen hier alle gleich aus, der eine oder andere hat ein paar Etagen mehr, der andere ein paar weniger. Die Klimaanlage ist überall und immer an und es ist immer gleich kalt hier drin. Egal ob Sommer oder Winter. Die Jahreszeiten spürt man hier drinnen nicht. Wer nicht auf sich aufpasst, kriegt früher oder später einen Herzinfarkt und kommt dann gar nicht mehr wieder. Ein Kollege von mir hatte dieses Schicksal im Aufzug erlitten und ich konnte nur hoffen, dass nicht noch weitere von uns einfach so wegstarben.
Aus meinem Bericht war eine richtige Diplomarbeit geworden und auch die Überschrift hatte ich mehrmals geändert. Das Gute wurde nun hervorgehoben, das Schlechte war einfach komplett verschwunden und das mögliche schlechtere Folgerating im nächsten Jahr hatte ich auch an dieser Stelle verschwiegen (auch wenn der negative Ausblick eine Herunterstufung direkt anspricht). Und damit hatte ich mir Freunde gemacht. Beim Kunden. Denn der mochte meinen Bericht und segnete ihn gerne ab, ohne große Änderungswünsche.
Ich , die Deutsche, die trotz A rbeiterei einen Freund in dieser Stadt gefunden hatte, hatte nun auch den Bericht geschafft. Chris guckte noch immer Löcher durch die Wand, wühlte aber nicht mehr bei jeder Gelegenheit mit seinen Augen durch meine Haare und akzeptierte meine Privatsphäre, zumindest ein wenig. Er war nie wirklich von mir besessen gewesen, da bin ich mir sicher, aber musste dringend mal wieder raus auf die Pirsch. Hier drinnen war ich halt das Objekt der Begierde.
Aber das war sein Problem. Ich kann mich nicht um alles kümmern. Ich weiß selber nicht, wie ich immerhin 25 Seiten Bericht in so kurzer Zeit so gut zusammengestellt hatte.
Mein Herz hüpfte eine Schublade höher als ich an Tristan dachte. Dieser ignorierte meine Schufterei für den Augenblick, hatte er gesagt. Aber er hatte auch schon durchklingen lassen, dass es so langfristig nicht weiterging. Für uns nicht und für mich alleine schon gar nicht.
Und auch mir war das hier alles irgendwie doch alles zu viel. Die Haut wurde schon einen Tag nach dem Kosmetiker wieder trockener, die Lippen immer rissiger und selbst die teuren Cremes brachten nicht mehr viel.
Die Welt nennt das zur Zeit Burnout, las ich oft morgens im Internet auf meiner Startseite, aber ich hab sowas doch nicht. Außerdem gibt es zu Ostern immer wieder neue Lebensmittelskandale und daher lasse ich denen gerade den Vortritt. Zur Zeit ist es das Pferdefleisch, auch wenn es die menschliche Scheiße nicht so richtig ans Laufen bringt und mit Bio so gar nichts zu tun hat.
Tristan mag ich immer mehr. Ein paar Kol legen guckten an meinem letzten Tag neidvoll, andere freuten sich laut für mich und einige sahen mich einfach nur neugierig an und sagten lieber gar nichts. In drei Wochen würde ich wieder hier sein und mein altes Leben würde mich wieder haben: mit der vielen Arbeit, mit den scheußlich leuchtenden Neonröhren und den vielen Wasserspendern, die meine von der Klimaanalage ausgetrocknete Kehle erneut ölen würde. So hätte es sein müssen, aber so kam es nicht. Aber dazu später.
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…………… Botswana schimpft sich gerne die Schweiz Afrikas und rühmt sich auch sonst mit vielem. Nicht nur mit Diamanten. Es gibt allerhand hier zu tun für den Touristen und das in mehr als paradiesischen Gegenden: Man kann hier sogar wochenlang mit
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