Rattenkoenig
davon! Handel mit Medikamenten oder Lebensmitteln eine andere …«
»Verdammt, ich lasse mir solchen Stuß nicht …«
»Sie sind entlassen, Korporal! Aber vergessen Sie nicht, daß ich Sie mir näher unter die Lupe nehmen werde!«
Der King mußte sich gewaltig zusammennehmen, um dem Hauptmann nicht die geballte Faust ins Gesicht zu schlagen.
»Sie sind entlassen«, wiederholte Forsyth und setzte dann wütend hinzu: »Verschwinden Sie mir aus den Augen!«
Der King grüßte und ging davon, und das Blut bildete einen roten Nebel vor seinen Augen.
»Hallo«, grüßte Peter Marlowe und trat dem King in den Weg. »Mein Gott, Ihren Mumm möchte ich haben.«
Des King Augen blickten wieder klar, und er knurrte: »Hallo, Sir.« Er grüßte und wollte vorbeigehen.
»Mein Gott, Rajah, was ist los?«
»Nichts. Bin nur nicht – zum Reden aufgelegt.«
»Warum? Wenn ich etwas getan habe, was Sie verletzt oder wütend gemacht hat, dann sagen Sie es mir. Bitte.«
»Hat nichts mit Ihnen zu tun.« Der King zwang sich zu einem Lächeln, aber innerlich schrie er: Großer Gott, was hab ich Unrechtes getan? Ich habe den Hunden zu fressen gegeben und ihnen geholfen, und jetzt sehen sie mich an, als ob ich Luft wäre.
Er blickte sich nach Forsyth um und sah ihn eben zwischen zwei Baracken verschwinden. Und er, dachte er gequält, er glaubt, ich sei ein gottverdammter Verräter.
»Was hat er gesagt?« fragte Peter Marlowe.
»Nichts. Er – ich muß etwas – für ihn tun.«
»Ich bin Ihr Freund. Lassen Sie mich Ihnen helfen. Ist es nicht genug, daß ich hier bin?«
Aber der King wollte sich nur verbergen. Forsyth und alle anderen hatten ihm das Gesicht genommen. Er wußte, daß er verloren war. Und ohne Gesicht war er voller Furcht.
»Ein andermal«, murmelte er, grüßte und eilte davon. Lieber Gott, weinte er innerlich, gib mir bitte das Gesicht zurück.
Am nächsten Tag flog brummend eine Maschine über das Lager. Aus ihrem Bauch fielen Versorgungsbomben. Einige der Bomben fielen in das Lager. Die außerhalb des Lagers herunterkamen, wurden nicht geholt. Niemand verließ die Geborgenheit Changis. Es konnte immer noch eine Falle sein. Fliegen schwärmten, einige Männer starben.
Noch ein Tag. Dann begannen Flugzeuge um die Landebahn zu kreisen. Ein ausgewachsener Oberst schritt in das Lager. Ärzte und Sanitäter waren bei ihm. Sie brachten Medikamente mit. Andere Flugzeuge kreisten und landeten.
Plötzlich jagten Jeeps und riesige Männer mit Zigarren und vier Ärzte durch das Lager. Alle waren Amerikaner. Sie liefen durch das Lager, stachen die Amerikaner mit Nadeln und gaben ihnen gallonenweise frischen Orangensaft und Essen und Zigaretten und umarmten sie – ihre Jungens, ihre Helden. Sie halfen ihnen in die Jeeps und fuhren sie zum Tor von Changi, wo ein Lastwagen wartete.
Peter Marlowe sah verwundert zu. Sie sind keine Helden, dachte er verwirrt. Ebensowenig wie wir es sind. Wir haben verloren. Wir haben den Krieg verloren. Unseren Krieg. Oder etwa nicht? Wir sind keine Helden. Wir sind es nicht!
Durch den Nebel vor seinem Geist sah er den King. Seinen Freund. Er hatte tagelang darauf gewartet, mit ihm reden zu können, aber jedesmal, wenn er ihn gefunden hatte, hatte der King ihn abgewiesen. »Später«, hatte der King immer gesagt, »ich bin jetzt beschäftigt.« Als die neuen Amerikaner angekommen waren, hatte er immer noch keine Zeit gehabt. Deshalb stand Peter Marlowe zusammen mit vielen Männern am Tor, beobachtete die Abfahrt der Amerikaner und wartete darauf, seinem Freund ein letztes Lebewohl sagen zu können, wartete geduldig darauf, ihm für den Arm und für die vielen Stunden gemeinsamen Lebens zu danken.
Unter den Zuschauern war Grey.
Forsyth stand müde neben dem Lastwagen. Er übergab die Liste. »Sie behalten das Original, Sir«, sagte er zu dem rangältesten amerikanischen Offizier. »Ihre Leute sind nach Dienstgrad, Einheit und Nummer ihrer Erkennungsmarke aufgeführt.«
»Danke«, antwortete der Major, ein untersetzter Fallschirmjäger mit vorspringenden Backenknochen. Er unterschrieb die Papiere und reichte die fünf Durchschläge zurück. »Wann kommen Ihre Leute hier an?«
»In ein paar Tagen.«
Der Major sah sich um und schauderte. »Mir scheint, Sie könnten Hilfe brauchen.«
»Haben Sie vielleicht entbehrliche Medikamente?«
»Klar. Wir haben einen ganzen Vogel, der nur mit dem Zeug vollgestopft ist. Ich will Ihnen was sagen, sobald ich unsere Jungens auf den Weg gebracht
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