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Rattentanz

Titel: Rattentanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Tietz
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den trockenen Schorf vom Gesicht. Er atmete tief durch, sein Atem zitterte. Oh, tat das gut!
    Das war keine Maus!
    Martin Kiefer sprang vom Stuhl und packte das Gewehr. Der Stuhl stürzte auf den Steinboden, dann das bekannte Geräusch, als Kiefer die Waffe entsicherte.
    Hermann Fuchs versuchte sich so klein wie möglich zu machen. Er zog den Mantel über seinen Kopf. Warum hatte er nur nachgegeben? Die Wunde hatte ihn verraten, die böse Wunde, die ihm die Kerle da zugefügt hatten. Als riefe diese Wunde nach ihrem Herrn.
    »Nimm die Lampe«, flüsterte Kiefer. Er sicherte den Flur. Nichts, alles leer.
    Fuchs hielt die Luft an. Diesmal werden sie ihn nicht laufen lassen, soviel Glück hat man nur einmal im Leben! Sie werden ihn töten, gleich hier, in ihrem heimlichen Lager. Er wusste alles: das mit dem Lager, dieser Eva und den Plänen der beiden Männer für eine neue Ord nung. Unter anderen Vorzeichen hätte er sich ihnen vielleicht anschließen können, hätte er vielleicht sogar auf sein Geld verzichtet, aber sollten sie ihn gleich entdecken – und Hermann Fuchs wusste, dass es gleich so weit war –, dann konnte er nur noch um Gnade winseln.
    Kiefer riss die Tür zur Stube auf und Bubi leuchtete hinein. Nichts. Dann ins Bad mit demselben Ergebnis. Der Lichtkegel streifte Fuchs und ging die Treppe hinauf. Fuchs hörte, wie einer der Männer schon den Fuß auf die erste Stufe setzte. Gab es etwa doch noch Hoffnung? Wären sie oben, könnte er hinausstürzen und sich in die Dunkelheit flüchten, wäre wieder einmal gerettet!
    Ein Schritt auf die zweite Stufe. Sie knarrte über Fuchs’ Versteck und versprach Erlösung. Geht! Geht weiter. Am liebsten wäre er sofort losgerannt, an ihnen vorbei. Aber sie waren zu zweit.
    Da, die dritte Stufe. Sie schlichen und sicherten und lauschten nach jedem Schritt in Georg Sattlers leerem Haus. Sicher hatten den schon Waldtiere aus seinem Versteck gezerrt.
    »Warte«, hörte Fuchs eine Stimme über sich, dann drei Schritte, die die Treppe wieder herunterkamen. Diese Schritte bedeuteten Gefahr! »Leuchte da drunter«, befahl dieselbe Stimme.
    Im Schein der Lampe erschien Hermann Fuchs oder besser sein Mantel, ein fleckiges, graubraunes Etwas.
    »Nur ein Sack«, sagte Bubi. Er wollte sich schon wieder der Treppe zuwenden, aber Kiefer hielt ihn am Handgelenk zurück und dirigierte den Lichtkegel zurück auf Fuchs.
    »Nur ein Sack«, wiederholte Kiefer. »Und seit wann tragen Säcke Schuhe?«
    Jetzt fiel es auch Bubi auf! Unter dem Sack ragte die Spitze eines Schuhs hervor!
    Hermann Fuchs gab auf. Sie hatten ihn, es war vorbei. Wozu also noch länger warten? Er streckte die leeren Handflächen aus seinem Mantel und hob den Kopf. Der Mantel rutschte zurück auf seine Schul tern.
    »Mach keine Dummheiten«, schrie Bubi. Seine Hand zitterte.
    »Sieh mal an. Du hattest recht, Bubi, es ist nur ein alter Sack. Wenn auch ein ziemlich mieser Sack und ein bekannter Sack noch dazu.«
    Hermann Fuchs kroch aus seinem Versteck. Ganz langsam richtete er sich auf, er durfte niemanden provozieren.
    Nun erkannte ihn auch Bubi. Richtig, das war der Typ vom Hardt, der den Bullen aus Donaueschingen abgemurkst hatte und dessen Geld un ten im Keller sicher verstaut war. Wie hatte er sie nur gefunden?
    »Dass du dich noch in unsere Nähe traust!« Kiefer ging zu Fuchs, der mit erhobenen Händen an der Treppe stand. Kiefer leuchtete ihm ins Gesicht, betrachtete die jetzt wieder nässende Wunde im Gesicht des Landstreichers.
    »Bitte, lasst mich gehen, ja? Ihr könnt meinetwegen auch mein Geld behalten. Versprochen, ich schenk es euch.«
    Kiefer lachte. »Wüsste nicht, dass du noch über nennenswerte Geld reserven verfügst. Du bist ein mittelloser Penner, mein Guter, ein Niemand, den keiner vermissen wird.« Kiefer hielt Fuchs die Mündung seiner Waffe an die Nase. »Halt den Kopf still, Alter!« Er schob die Mündung in Fuchs’ linkes Nasenloch. »Du bist ganz schön dreist, Al ter, weißt du das? Anstatt dankbar zu sein, dass du noch lebst, spionierst du uns hinterher. Und als sei das nicht genug, willst du dich auch noch mit Geld freikaufen, das dir schon ein paar Tage nicht mehr gehört. Eine Frechheit ist das, eine Frechheit, meinst du nicht auch, Bubi?« Kiefer lachte und zog Fuchs hinter sich her in die Küche wie einen Fisch am Haken. Bubis Antwort interessierte ihn nicht. »Du stinkst, du Penner! Wo hast du die ganzen Tage zugebracht, he? In einem Grab? Na, dann wirst du dich ja nachher nicht

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