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Rattentanz

Titel: Rattentanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Tietz
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Tür hinter sich zu und versteckte sich unter der Treppe zum oberen Stockwerk. Hier, in absoluter Dunkelheit, hatte er die Küchentür im Blick und konnte jedes Wort der bei den Männer hören.
    »Du sabotierst Stadlers Arbeit?!«
    »Sabotieren klingt ein wenig hart. Sagen wir lieber: Ich sorge dafür, dass die Lichter erst dann wieder angehen, wenn ich es will.«
    »Aber warum?« Bubi hatte keinen blassen Schimmer, was Kiefer jetzt wieder plante. Dessen Gedankengänge waren ihm fremd, aber, das gestand er neidlos ein, Kiefer war einfach cleverer als er selbst. Martin Kiefer würde immer und überall auf die Füße fallen! Diese neue Zeit war für ihn wie geschaffen.
    »Warum das alles?«, fragte Bubi noch einmal, als Kiefer nicht sofort antwortete. »Es wäre doch gut für die Bonndorfer, wenn die wenigstens in einem Teil der Stadt wieder Licht hätten.«
    »Stimmt schon, aber was hätten wir davon? Die bekommen ihr Licht schon noch früh genug, aber die Lorbeeren sollen nicht Stadler oder die im Rat ernten, sondern wir, Bubi. Und bis dahin wird Stadler bei jedem neuen Versuch vor seinen Stromkabeln und Verteilern und Klemmen stehen und sich fragen, was zum Teufel er nur falsch gemacht hat.« Kiefer lachte. Plötzlich aber wurde er wieder ernst. Er beugte sich über den Tisch. Stadler war ihm egal, wie jeder dieser aufgeregten Wichtigtuer in der Stadt. Und auch hier in Wellendingen interessierte ihn kein Basler und kein Frieder Faust und wie sie alle heißen mochten. Ihn interessierte nur eins. Nur eine.
    »Wie geht es Eva? Hast du sie heute gesehen?« Er beugte sich nach vorn, starrte Bubi an und wartete auf dessen Antwort. »Jetzt sag schon. Lass dir, verdammt noch mal, nicht jedes Wort einzeln aus der Nase ziehen! Ich bin nicht zum Popeln hergekommen. Wie geht’s ihr? Ich hab sie seit zwei Tagen nicht gesehen. Und wenn, geht sie mir aus dem Weg.«
    Bubi zögerte. Kiefer, Vater. Vater, Kiefer. Scheiße, das alles! Er hätte schreien können, weinen, wegrennen und dem ganzen Spuk am liebsten ein Ende bereitet! Er hatte sich vorgenommen, mit seinem Vater über alles zu sprechen. Über wirklich alles. Aber Frieder Faust hatte aus besagten Gründen in den letzten Tagen für niemanden mehr Zeit. Noch nicht einmal für seinen Sohn. Bubi hatte seinen Vater beobachtet, wie dieser immer unruhiger wurde und schließlich nur noch Oh ren für die Schreie nach Alkohol hatte, Schreie, die sein Körper immer lauter hinausbrüllte. Bubi fühlte sich hin und her gerissen und schwank te ständig zwischen Kiefers Versprechungen und dem eigenen Gewissen. Mal schlug das Pendel zu der einen, dann wieder zur anderen Seite aus. Seit er wusste, dass sein Freund nicht nur eine neue Ord nung als Ziel hatte, sondern auch Eva Seger entführen wollte, hat te Bubi ein Problem. Zwar kein sonderlich großes, aber doch immerhin ein Problem. Eva war ihm egal, mehr oder weniger jedenfalls. Lea hingegen ganz und gar nicht. Lea, für Bubi fast so etwas wie eine Schwes ter, durfte nichts geschehen. Natürlich, Kiefer hatte ihm versprochen, dass der Kleinen nichts passierte, aber konnte man Martin Kiefer wirklich trauen? Am liebsten wäre es Bubi, er und Kiefer könnten Wellendingen sofort, noch in dieser Nacht, verlassen!
    »Willst du nicht endlich aufgeben? Die Frau bringt dir bestimmt Unglück. Ich fühle es«, fügte Bubi hinzu. Er gab selten etwas auf seine verkümmerte innere Stimme, aber diesmal rief diese Stimme ziemlich laut. Viel lauter als sonst.
    »Aufgeben? Ich?« Wieder lachte Kiefer sein böses Lachen. In seinem Haus wartete etwas auf Eva, wartete seit Jahren, so wie er. »Nein Bubi, Eva werde ich niemals aufgeben. Entweder du akzeptierst diese kleine Marotte von mir oder, wenn du dazu nicht fähig bist, bitte, dann kannst du ja gehen.«
    Diese Reaktion Kiefers hatte Bubi befürchtet. Trotzdem überraschte ihn die Schärfe, mit der ihn Kiefer ins Bild setzte. Akzeptieren oder gehen.
    Bubi akzeptierte. Den einzigen Freund, der Einzige, der ihn ernst nahm und wie einen gleichwertigen Partner behandelte, wollte er nicht verlieren. Und er hatte die mögliche Zukunft an der Seite dieses Freundes nicht vergessen, eine Zukunft, die Martin Kiefer Bubi mehr als einmal in den herrlichsten Farben ausgemalt hatte.
    Hermann Fuchs’ Wunde juckte. Er kauerte in seinem Versteck und hoffte, dass die beiden endlich zum Ende kamen. Sein Plan sah vor, sich hier einschließen zu lassen und im Morgengrauen das Haus zu durchsuchen. Sie hatten von Vorräten im

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