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Rattentanz

Titel: Rattentanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Tietz
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vermischte sich mit dem Apfelkompott vom letzten Herbst. »Ihr kriegt mich nicht!«, schrie Kiefer. Im selben Moment raste er frontal gegen eine Hauswand. Von den Schüssen angelockt, kamen Henning Malow und Silvia Hofmuth ins Dorf gerannt. Silvia hielt Larissa im Arm und blieb in sicherer Entfernung zum Polo stehen. Unter der Motorhaube des Wagens stieg weißer Dampf auf und es zischte leise, während der Motor noch knackte.
    Thomas erreichte vor allen anderen das Fahrzeug. Er ging vor Eva und Lea in die Knie.
    Der Engel lebt, stöhnte Nummer zwei.
    Nummer drei wirkte verstört. Nicht doch. Was soll das? Zum Teu- fel. Wir müssen zum Teufel, wir alle.
    Hans stieß Thomas zur Seite. Keinem der Insassen war etwas passiert, die Airbags hatten sich geöffnet und den Aufprall abgemildert. Hans umarmte Eva und Lea.
    Kiefer sah zur Beifahrerseite, sah Hans Seger, seinen Erzfeind, und den Irren, der am Boden kniete, die Hände vor der Brust gefaltet hielt und Lea anstrahlte. Seine Lippen bewegten sich wie in einem glückse ligen Gebet. Kiefer musste weg. Er kletterte aus dem verbeulten Fahr zeug, richtete sich auf, als ihn eine Faust mitten ins Gesicht traf. Bubi ließ Kiefer neben dem Wagen liegen. Er lief zurück zu seinem Vater, um den sich eine Menschentraube gebildet hatte. Er hörte seine Mutter schreien. Bubi drängelte sich zwischen Assauer und dem Pfarrer hindurch. Seine Mutter lag auf ihrem Mann und weinte.
    »Was ist? Was ist mit meinem Vater?« Bubi packte seine Mutter an beiden Schultern und schüttelte sie.
    »Er …, er ist tot.«
    Jemand nahm ihn in den Arm.
    Frieder Faust lag mit eigentümlich verbogenem Körper auf der Stra ße. Die Stoßstange des alten Polos hatte ihm beide Beine gebrochen, der Aufprall gegen die Windschutzscheibe das Genick. Er war tot, noch bevor er mit dem Gesicht auf dem Asphalt aufkam. Bubi befreite sich aus Assauers Umarmung. Er kniete neben seinem Vater nieder. Jetzt war er der Herr im Hause, dachte er. Er nahm Fausts Hand. Noch fühlte sie sich warm und rau an.
    »Ich hätte das verhindern können«, flüsterte Bubi.
    Hätte er sich seinem Vater oder wem auch immer anvertraut, wäre das alles nicht geschehen. Bubi wusste, dass er genauso viel Schuld am Tod seines Vaters und dem Isabell Dörflingers hatte wie Martin Kiefer oder auch Roland Basler.
    »Was hast du gesagt?«, fragte Assauer.
    »Ich hätte, ich hätte …« Bubi sprang auf, quetschte sich durch die Umstehenden und rannte davon. Uwe Sigg, zwei Fischkonserven in den Hosentaschen und eine Flasche Wein unter dem Hemd, machte den Weg frei.
    Sie trugen Frieder Faust ins Gasthaus. Auf einem der wuchtigen Tische wurde ein sauberes Tischtuch ausgebreitet. Sie legten Faust auf das Tuch. Eckard Assauer führte Susanne in den Saal. Teilnahmslos ließ sie sich von ihm auf einen Stuhl drücken.
    Nach und nach kamen fast alle zurück. Auf einem zweiten Tisch lag Isabell Dörflinger. Das Tischtuch unter ihr verfärbte sich rot. Der Pfarrer ging zu ihr und schloss ihre auch im Tod noch erschrockenen Augen. Niemand sagte etwas, zu tief saß der Schock über das eben Geschehene.
    Roland Basler blieb an der Tür stehen und behielt den qualmenden VW Polo im Auge, aber außer Uwe Sigg hatte niemand Interesse gezeigt. Und Sigg war zusammen mit seiner Frau bereits verschwunden. Martin Kiefer lag noch immer besinnungslos neben dem Fahrzeug, keiner kümmerte sich um ihn. Basler wusste, dass, sollten sie Kie fer ausfragen, dieser unweigerlich Baslers Beteiligung gestehen wür de. Aus reiner Bosheit wird Kiefer mich preisgeben, dachte er. Er spähte ins Gasthaus – alle waren mit den beiden Toten und dem eigenen Entsetzen beschäftigt. Hier und da wurde geschnieft und Nasen geschnäuzt, aber auf ihn achtete keiner. Roland Basler ging rückwärts die Eingangsstufen hinunter. Als er vom Eingang weg war, rannte er die wenigen Meter bis zu Martin Kiefer und sah sich noch einmal um. Dann trat er Kiefer in den Magen. Einmal, zweimal und noch einmal.
    »Was soll das?!« Christoph Eisele hatte zufällig aus dem Fenster gesehen und beobachtet, wie Basler davonlief und war ihm gefolgt.
    »Lass Kiefer in Ruhe. Mit dem werden wir uns noch unterhalten!«
    »Wozu unterhalten.« Basler versuchte, sich freizumachen. Er wollte zu Kiefer zurück und ihn für immer zum Schweigen bringen. »Er soll büßen.«
    »Das wird er auch«, sagte Eisele. »Aber nicht so, verstehst du, nicht auf diese Art. Sonst sind wir auch nicht besser.«
    Der Streit zwischen den

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