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Rattentanz

Titel: Rattentanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Tietz
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hilf mir«, rief er nach seiner Frau. Die aber stand am Fenster und verschwand in der Dunkelheit der Gaststube, als ihr Mann nach ihr rief.
    »Hört auf!«, riefen Basler und Frieder Faust fast zeitgleich. Frieder stolperte zu den Streitenden hin und versuchte, sie zu trennen. Sigg schüttelte ihn wie ein lästiges Insekt ab und Faust, noch viel zu schwach für eine körperliche Auseinandersetzung, fiel zu Boden.
    »Hört auf!«, schrie Kiefer und zielte auf die Männer, die sich viel zu nah an seinen Wagen herangewagt hatten. »Streiten könnt ihr später. Im Moment ist die einzige Frage, was ihr mir geben könnt!«
    Verwundert sahen Sigg und Winterhalder auf. Geben? Eckard Assauer kam nach vorn, half Faust auf die Beine und führte ihn zurück.
    »Was wir dir geben können?«, wiederholte Uwe Sigg. »Wir haben nichts. Das weißt du doch selbst.«
    Kiefer lächelte. »Stimmt nicht ganz, was du da sagst, Uwe. Ihr habt sehr wohl etwas, das ich gern zurückhätte, so wie du den Kram aus deinem Keller, Berthold.«
    »Und was soll das sein?« Roland Basler spielte den Unwissenden.
    »Eva.« Es war heraus. »Gebt mir Eva und ich lass euch all das Zeug da und verrate euch, wo es noch mehr davon gibt.«
    »Du hast ja nicht mehr alle Tassen im Schrank!«, schrie Faust. Und, zu den Umstehenden: »Kommt, wir gehen.«
    Assauer und Eisele führten Faust weg, aber kaum jemand folgte ihnen. Da waren nur der Pfarrer und seine Haushälterin, Thomas und noch eine Handvoll Männer, Frauen und Kinder. Der überwiegende Teil aber blieb vor und in dem Gasthaus, als hätte es Fausts Aufforderung nicht gegeben.
    »Was ist?«, rief Faust. »Wollt ihr mit dem da verhandeln? Sind wir hier auf einem Sklavenmarkt? Ihr könnt doch nicht ernsthaft in Erwä gung ziehen, Eva gegen ein paar gestohlene Lebensmittel einzutauschen!«
    »Natürlich nicht«, sagte Basler. Er trat nach vorn. »Aber davon könn ten wir uns endlich mal wieder alle richtig satt essen.« Er wandte sich an Kiefer. »Komm, Martin, wir können doch über alles reden. Gibt es nicht noch etwas anderes, was wir dir geben könnten? Muss es denn wirklich Eva sein?«
    Kiefer lachte. »Oh, Roland. Wenn du dich nur reden hören könntest! So viel leeres und dummes Gefasel. Ich will Eva, das weißt du!
    Ihr könnt euch entscheiden zwischen Eva und dem hier.« Er zeigte auf die Sachen im Kofferraum.
    »Du bist eine Schande!«, rief Pfarrer Kühne empört. Er kam aus der abseits stehenden kleinen Gruppe derer, die Fausts Aufforderung Folge geleistet hatten, zurück. Fräulein Guhl versuchte, ihn zurückzuhalten. Kiefer riss die Waffe herum und feuerte dem Pfarrer vor die Füße. Der Pfarrer sprang zurück, im selben Moment Schreie. Vor dem Gasthaus brach Isabell Dörflinger zusammen. Ein Querschläger hatte die zweiundsechzigjährige Schweizerin in die Brust getroffen.
    »Mir reicht es! Ihr seid selbst schuld, wenn noch mehr sterben!«, schrie Kiefer. »Die Alte ist doch tot, oder?« Niemand antwortete. »Eva, wo immer du dich versteckt hältst, mach, dass du rauskommst und steig in den Wagen. Ich habe nicht ewig Zeit. Oder soll ich noch mehr von euch Schlappschwänzen umlegen?« Er zielte auf die Gruppe um Frieder Faust.
    Niemand sagte ein Wort. Kinder versteckten sich hinter ihren Eltern. Einige suchten Deckung hinter dem Gebäude, aber die meisten standen wie angewurzelt da und starrten abwechselnd auf die Frau, die in einer immer größer werdenden Blutlache lag, und den Kofferraum des Polos. Kiefer hörte Stimmen aus dem Gasthaus. Dann öffnete sich zwischen den Wartenden am Eingang ein schmaler Korridor.
    »Nein. Du musst niemanden mehr töten.«
    Eva Seger kam aus dem Haus, kurz nach ihr erschienen Lea und Hans. Hans Seger humpelte mit schmerzverzerrtem Gesicht die Stufen hinab und versuchte, seine Frau aufzuhalten. Lea weinte. Eva überquerte den freien Raum zwischen Gasthaus und Kiefer.
    »Bleibt stehen!«, schrie Kiefer und schoss erneut, diesmal Hans Se ger vor die Füße. Alle warfen sich auf den Boden. Nur Lea rannte weiter, erreichte ihre Mutter und klammerte sich an ihre Beine.
    »Nein, Mama. Bleib hier! Mama!« In ihrem Gesicht standen Angst und Panik. Sie hatte die Augen weit aufgerissen.
    »Bleibt, wo ihr seid!«, rief Kiefer den Menschen zu und sprang vom Fahrzeug. Er packte Eva und wollte sie in den Wagen schieben, aber Lea klammerte sich an ihre Mutter. Die Knöchel an Leas Fingern wa ren weiß. In diesem Moment quälte sich Hans Seger auf die Beine und wollte gerade

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