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Rau ist die See ...

Rau ist die See ...

Titel: Rau ist die See ... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Hogan
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zu haben. Oder kam ihr das nur so vor? Jedenfalls war er nett und charmant und versuchte offenbar, seine misslungene Aktion mit dem Schraubenschlüssel wieder wettzumachen.
    „Du bist jedenfalls ganz anders als deine Vorgängerin“, meinte er. „Diese Ann Brockwell war eine richtig eingebildete Ziege. Uns Matrosen hat sie behandelt wie den letzten Dreck. Naja, sie kannte es wohl auch nicht anders. Sie war so ein typisches verwöhntes Millionärstöchterchen.“
    Dieses harte Urteil erstaunte Jade. Sie hatte bisher einen ganz anderen Eindruck von Ann gewonnen. Aber sie wollte sich nicht in die Karten schauen lassen. Daher fragte sie nur: „Wie kommst du denn darauf?“
    „Findest du es vielleicht normal, dass sie einfach ihren Job hinwirft, weil sie plötzlich keine Lust mehr auf Arbeit hat? So etwas kann sich unsereins doch gar nicht erlauben. Ich wette, Ann hat gleich Anschluss bei der Schickeria von Oslo gefunden und shoppt sich jetzt durch die teuersten Geschäfte der Stadt. Das kann ich mir jedenfalls gut vorstellen“, antwortete Rick.
    „Hat sie dir gesagt, dass sie einfach verschwinden wollte?“
    „Zu mir? Glaubst du im Ernst, Ann hätte je mit einem nach Maschinenöl riechenden Typen wie mir gesprochen?“
    „Das weiß ich nicht“, murmelte Jade. „Ich habe sie ja gar nicht gekannt.“
    Jade war durcheinander, obwohl sie versuchte, es sich nicht anmerken zu lassen. Hatte Rick einen bestimmten Grund, so schlecht über Ann zu reden? War er vielleicht bei ihr abgeblitzt und machte nun seinem Frust auf diese Art Luft? Oder hatte Jade mit ihrer bisherigen Einschätzung von Ann völlig danebengelegen? Vielleicht war ihre Vorgängerin wirklich nur eine verwöhnte reiche Göre gewesen, die sich bei der ersten Gelegenheit aus dem Staub gemacht hatte …
    Rick stand zumindest in voller Lebensgröße vor ihr. Ann Brockwell hingegen kannte sie nur als ein bewegtes Bild auf dem kleinen Display der Videokamera. Das war wenig, um sie beurteilen zu können. Ansonsten wusste Jade nur, wie die Crewmitglieder und der Kapitän über Ann dachten.
    Jade musste mehr erfahren, um sich ein eigenes Urteil zu bilden. Und zwar später, im Augenblick war sie einfach froh, Rick kennengelernt zu haben. Er war ein ganz anderer Typ Mann als der nette fürsorgliche Henry. Rick strahlte etwas Abenteuerliches und Draufgängerisches aus, mit ihm wurde es garantiert nie langweilig. Das sagte ihr jedenfalls ihr Bauchgefühl. Doch bevor sie sich hier auf einen heißen Flirt einließ, musste sie sich auf ihren Job konzentrieren. Schließlich hatte ihr erster kompletter Arbeitstag auf der MS Kyrene gerade erst begonnen.
    Ob Rick ahnte, was in ihr vorging? Auf jeden Fall grinste er sie frech an, als sie endlich den Vorratsbunker erreicht hatten.
    „So, da wären wir, Jade. Wenn ich sonst noch etwas für dich tun kann …“
    Beim Klang seiner Stimme liefen Jade warme Schauer den Rücken hinunter. Dieser Mann konnte ihr wirklich gefährlich werden. „Danke, das ist alles“, erwiderte sie so kühl wie möglich. „Ich muss mich jetzt wieder um meine Arbeit kümmern.“
    „Natürlich, ich ja auch. Aber wenn du Hilfe brauchst, weißt du ja, wo du mich findest.“
    Rick stand so dicht vor ihr, dass sie seine Körperwärme spürte. Das konnte sie jetzt gar nicht gebrauchen. Jade wollte gerade einen Schritt zurücktreten, als er es tat. Lässig tippte er sich an den Mützenrand, drehte sich um und ging davon. Seine Bewegungen waren so kraftvoll und geschmeidig wie die eines Raubtiers.
    Die Begegnung hatte Jade verwirrt.
    Einerseits gefiel Rick ihr. Andererseits gehörte er zu den Männern, die sich über ihre Wirkung auf Frauen vollkommen im Klaren waren. Wollte sie sich wirklich mit einem Typen einlassen, der vermutlich keine Gelegenheit ungenutzt ließ?
    Was ist denn mit mir los, fragte Jade sich und schüttelte den Kopf. Muss an der neuen Situation liegen. Aber ich habe jetzt wirklich Wichtigeres zu tun.
    Nach kurzer Suche hatte sie den passenden Schlüssel zum Vorratsraum gefunden. Sie schaltete das Licht ein und schaute sich um. In den Regalen herrschte vorbildliche Ordnung, und sie entdeckte sofort die passenden Pinsel, Farben und Malblöcke. Sogar Fingerfarben gab es.
    Jade packte so viel wie möglich von dem Material zusammen. Dann schloss sie die Tür sorgfältig hinter sich ab. Glücklicherweise gelangte sie sogar zurück zum Büro des Zahlmeisters, ohne sich erneut zu verlaufen. Jade bemühte sich, sich den Weg einzuprägen. Sie

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