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Rau ist die See ...

Rau ist die See ...

Titel: Rau ist die See ... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Hogan
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beugte sich wieder über seine Seekarten, und Jade begriff, dass das Gespräch damit beendet war. Sie wurde noch nicht schlau aus den unterschiedlichen Aussagen, die sie über ihre Vorgängerin gesammelt hatte. Gab es eigentlich überhaupt irgendeinen handfesten Beweis dafür, dass Ann von Bord gegangen war? Hatte jemand sie gesehen, womöglich mit Sack und Pack?
    Jade eilte zurück zum Sonnendeck. Dort wollte sie mit ihrem Kurs anfangen, sobald die ersten Kinder sich blicken ließen.
    Da ertönte plötzlich der laute Schrei einer Frau. „Hilfe! Ich will nicht sterben!“

4. KAPITEL
    Jade rannte los. Weit hatte sie es nicht. An der Steuerbord-Seite des Sonnendecks erblickte sie zwei Passagierinnen, die wild miteinander rangen. Eine von ihnen war Roxanne.
    Das Model mit dem aufbrausenden Temperament hatte ihre Widersacherin schon weit über die Reling gedrückt. Es konnte nur noch Momente dauern, bis die andere Frau im Wasser landete. Wenn sie Pech hatte, würde sie sich beim Sturz ernsthaft verletzen oder in den Strudel der Schiffsschrauben geraten … Einige ältere Reisende hatten die Rauferei ebenfalls bemerkt, waren aber starr vor Entsetzen. Von der Besatzung war weit und breit niemand zu sehen.
    Außer Jade.
    „Hilfe!“, schrie die Frau abermals. Sie hatte rotblondes Haar, viel mehr konnte Jade von ihr nicht sehen. Die Frau wollte sich mit einer Hand an der Reling festhalten, rutschte jedoch ab. Das war der Augenblick, in dem Jade eingriff.
    Normalerweise ging Jade Schlägereien lieber aus dem Weg, obwohl sie kein Feigling war. Aber in dieser Situation würde sie mit Worten nicht weiterkommen, so viel war klar. Jade trat Roxanne mit einem Judo-Fußfeger blitzschnell die Beine weg. Das Model kreischte laut und fiel der Länge nach auf das Deck. Jade beachtete sie nicht weiter, sondern packte die Rotblonde am Oberarm. Die Frau weinte vor Angst. Aber sie klammerte sich instinktiv an Jade, die sich gegen die Reling stemmte. Es gelang Jade, die schon halb über der Wasseroberfläche Hängende wieder aufs Deck zu ziehen.
    Inzwischen hatte sich Roxanne von der unerwarteten Attacke erholt. Sie sprang auf die Füße, wollte sich nun wutschnaubend auf Jade stürzen. Doch in diesem Moment erreichten ein breitschultriger Offizier und zwei Matrosen sie.
    „Was ist hier los?“, wollte der Offizier wissen.
    Ein älterer Passagier mit weißem Schnurrbart ergriff das Wort. „Diese blonde Furie hat plötzlich und ohne Vorwarnung die andere Passagierin beleidigt und geschlagen. Wenn die Animateurin nicht eingegriffen hätte, wäre die junge Lady über Bord geworfen worden.“
    „Wen nennst du eine Furie, Opa?“, kreischte Roxanne.
    Jade spürte die Aggressivität der Blondine deutlich. Schützend stellte sich der Offizier vor Jade und die Rotblonde. Er sah Roxanne streng an. „Stimmt das, Miss White?“
    Roxanne rechtfertigte sich nicht. Stattdessen stieß sie einen Fluch aus, der besser in eine drittklassige Hafenspelunke als auf ein Luxus-Kreuzfahrtschiff gepasst hätte. Anschließend rauschte sie mit hocherhobenem Kopf davon.
    Die andere Frau zitterte immer noch. Doch sie hatte sich inzwischen so weit beruhigt, dass sie sprechen konnte. „Diese Roxanne ist völlig durchgeknallt. Ich habe gestern zu meinen Freundinnen gesagt, dass sie wohl kein besonders berühmtes Model sein kann, weil noch niemand von ihr gehört hat. Das war vielleicht nicht besonders nett von mir, zugegeben. Aber mich wegen so einer Lästerei über Bord werfen zu wollen – wie übertrieben ist das denn?!“
    Der Offizier nickte. „Ich werde Miss White noch einmal ins Gewissen reden und ihr deutlich machen, wie man sich an Bord der MS Kyrene zu benehmen hat. Wenn sie nicht einsichtig ist, muss sie die Reise beim nächsten Landgang abbrechen.“ Jetzt wandte er sich an Jade. „Gut gemacht, übrigens. Sie müssen Jade Walker sein. Ich bin Jones. Der Kapitän setzt große Hoffnungen in sie, bisher haben Sie ihn ja nicht enttäuscht.“
    Vor Stolz wurde Jade rot. Natürlich freute sie sich über die Anerkennung. Andererseits hatte sie sich Roxanne jetzt wahrscheinlich zur Todfeindin gemacht. Die Unbeherrschtheit des selbsternannten Topmodels hatte Jade während ihrer kurzen Zeit an Bord bisher schon zweimal erlebt. Unwillkürlich fragte sie sich, ob auch ihre Vorgängerin mit Roxanne aneinandergeraten war. Roxanne hatte ja gerade bewiesen, dass sie keine Hemmungen hatte, einen Menschen über Bord zu werfen.
    Bevor Jade weiter darüber nachdenken

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