Raumfahrergarn
darüber. Sie sind keine Anfängerin mehr.«
Lunzie machte den Mund auf, um zu entgegnen, daß sie dergleichen nie tun würde, schloß ihn aber gleich wieder. Der Meister wußte sicher von Fällen, daß Studenten diese Technik dazu verwendet hatten, um einen Feind unter Kontrolle zu bringen, vielleicht um den Preis seines Lebens. Dann lächelte sie. Vielleicht funktionierte diese Technik zu gut, und sie mußte lernen, sie richtig und nur in ganz bestimmten Fällen anzuwenden.
Eine der erfreulichsten Änderungen, die während ihres zweiten Kälteschlafs eingetreten war, betraf den Kaffee, der eine Renaissance erlebt hatte. An einem schönen Nachmittag, als Lunzie nach den Übungsstunden vom Raumhafen nach Hause kam, programmierte sie das Synthesegerät für eine Kanne Kaffee. Die Mischung, die der Synthesizer herstellte, enthielt kein Koffein, schmeckte aber kräftig aromatisch und ziemlich genau so, wie Lunzie echten Kaffee in Erinnerung hatte. In den Lebensmittelgeschäften wurden gelegentlich echte Kaffeesorten angeboten, ein teures Vergnügen, daß sie sich angesichts ihres Guthabens aber bequem leisten konnte. Sie fragte sich, ob Satia Somileaux auf der Descartes-Plattform je welchen probieren würde.
Das Lämpchen an ihrem Komgerät blinkte. Mit einer heißen Tasse in den Händen ging Lunzie hinüber und drückte den Empfangsknopf. Auf dem Bildschirm erschien Coromells Gesicht.
»Entschuldige, Lunzie, wenn ich so kurzfristig anfrage, aber hast du ein Abendkleid für offizielle Anlässe? Es wird von mir erwartet, daß ich heute abend um 20.00 Uhr auf einem Delegiertenball erscheine, und wenn du dabei wärst, würde ich mich nicht so schrecklichen langweilen. Ich bin bis 17.00 Uhr im Büro und erwarte deine Antwort.« Das Bild verschwand mit einem Blinken.
»Verflucht, es ist schon 16.30!«
Indem sie ihren Kaffee hinunterstürzte, lief Lunzie zu ihren Koffern und durchwühlte sie nach ihren besten Sachen. Das Kleid ließ sich leicht zusammenfalten und nahm nicht viel Platz ein, deshalb war es schwer zu finden. Ja, sie hatte es noch. Es war sauber und in gutem Zustand und mußte nur etwas glattgestrichen werden. Sie teilte Coromell Büro sofort mit, daß sie Zeit hatte und kommen würde, und stellte den Kleiderauffrischer auf »Glätten«. Sie warf die schweißnasse Arbeitskleidung in eine Ecke und sprang unter den Ultraschallreiniger.
»Viel zurückhaltender, als ich es in Erinnerung habe.« Mit einem anerkennenden Nicken betrachtete sie ihr Spiegelbild und drehte sich noch einmal um die eigene Achse. Sie strich die Seiten des dünnen Stoffs glatt, der in der Abendsonne schimmerte, die durch ihr Fenster hereinschien, und bewunderte die straffen Rundungen ihres Körpers. »Bei all der Mühe, die ich mir mache, um für ihn gut auszusehen, würde man nicht glauben, daß ich mich für diesen Mann interessiere.«
Lunzie legte ihre Lieblingshalskette um, eine einfache Kupfer- und Goldkette, die zur Farbe ihres Kleides paßte und ihr Glanzlichter aufs Haar und in die Augen warf.
Coromell holte sie um 19.45 ab. Er sah in seiner dunkelblauen Ausgehuniform korrekt und etwas unbehaglich aus. Er begrüßte Lunzie mit bewundernden Blicken und schenkte ihr einen kleinen Strauß weißer Kamelien. »Blumen von der Erde. Einer unserer Botaniker züchtet sie als Hobby. Wie hübsch du aussiehst. Dieses schimmernde blaue Kleid ist ein Knüller. Ich habe noch nie etwas in diesem Stil gesehen«, sagte er, als er sie zu seinem chauffierten Bodenwagen führte. »Ist das die neueste Mode?«
Lunzie lachte. »Ich verrate dir ein Geheimnis: es ist ein zehn Jahre altes Kleid vom anderen Ende der Galaxis. Irgendwo ist es bestimmt der letzte Schrei.«
Die Party hatte noch nicht angefangen, als sie in der Ryxi-Botschaft eintrafen, einer Reihe identischer dreistöckiger Gebäude, die etwas abseits der diplomatischen Vertretungen der wichtigsten Rassen in der FES standen. Lunzie amüsierte sich über die Ähnlichkeit zwischen den Botschaften und den Ledigenunterkünften in der Flottenbasis. Einige der reizbaren, zwei Meter großen Flugwesen standen in der Tür und begrüßten ihre Gäste, flankiert von einer Schar Ryxi, die die überkreuzten Schärpen der Ehrenwache trugen.
»Sie sind immer groß darin, ihr Ehrgefühl zu demonstrieren, diese Ryxi«, sagte Coromell nebenher, während er mit Lunzie darauf wartete, eingelassen zu werden. »Aber wenn sie sich aufregen, vergessen sie alles, und dann würde ich mich mit einem dieser Vögel
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