Raumfahrergarn
Aussichten – erschien manchen geradezu als ein Schulbeispiel – auf Transuranvorkommen, weil er offenbar im Mesozoikum hängengeblieben war. Xenobiologische Erkundungen sollten die zahlreichen, von Hochlagensonden beobachteten Lebensformen untersuchen, aber diese Untersuchungen wurde hinter den Rohstoffstudien als zweitrangig eingestuft.
Die Mannschaften sollten in vereinbarten Abständen miteinander Kontakt aufnehmen und regelmäßig über eine Satellitensonde, die in einer stationären Umlaufbahn senkrecht zur Ekliptik kreiste, der ARCT Bericht erstatten. Die ARCT-10 selbst hatte Spuren eines gewaltigen Ionensturms zwischen dem arrutanischen und dem Nachbarsystem entdeckt. Es war geplant, ihn zurückzuverfolgen und seinen Verlauf zu kartografieren.
»Wir sind wieder bei euch, bevor ihr’s gemerkt habt«, versicherte ihnen der Deckoffizier über sein Komgerät, als das Shuttle nach Ireta abhob und aus der Landebucht schwebte. »Weidmannsheil, Freunde.«
Ireta war nach der Tochter eines FES-Ratsherrn benannt, der sich immer wieder für die Bewilligung von Geldern für die EEC ausgesprochen hatte. Anfangs schien es so, als habe der Ratsherr ihr damit ein großes Kompliment gemacht. Die Messungen erster Sonden deuteten darauf hin, daß Ireta ein großes Potential hatte. Es herrschte allgemein die Hoffnung, daß Ireta die Glückssträhne fortsetzen würde, die mit Ambrosia angefangen hatte. Der Planet verfügte über eine Sauerstoff/Stickstoff-Atmosphäre und eine einheimische Pflanzenwelt, die Kohlendioxid vertilgte und Sauerstoff ausschied. Die Sonden hatten in den überflogenen Gebieten beträchtliche Transuranvorkommen und zahlreiche interessante Lebensformen entdeckt, von denen aber keine intelligent zu sein schien.
Auf einer felsigen Anhöhe wurde ein Basislager errichtet und das Shuttle auf einer mächtigen Felstafel aus Granit abgestellt. Ein kuppelförmiges Kraftfeld umschloß das ganze Lager, und ständig sprühten bläuliche Funkenregen über den Schleier, wenn Schwärme einheimischer Insekten in die elektrische Matrix gerieten. Kleinere Kuppeln wurden errichtet, um den Expeditionsteilnehmern etwas Privatsphäre einzuräumen, und eine größere für die Messe, während das Shuttle als Laboratorium und Probenlager diente.
Eine Plage war allerdings der ungewöhnliche Geruch. Die Luft war mit Hydrotellurid gesättigt, einer übelriechenden Substanz, die an verrottende Vegetation erinnerte. Die Quelle war eine kleine Pflanze, die überall wuchs und wie ein Super-Knoblauch roch. Niemand konnte dem Gestank entgehen. Nach einem ordentlichen Luftzug, als die Shuttleluken sich ihrem Zuhause für die nächsten drei Monate geöffnet hatten, verlangte jeder nach Nasenfiltern, die in einer heißen, feuchten Umgebung nicht unbedingt angenehm zu tragen waren. Verschmutzte Arbeitskleidung wurde vor den Schlafquartieren aufgehängt. Nach einer Weile konnte keine Reinigung mehr den Geruch Iretas, der an Kleidung und Stiefeln haftete, ganz beseitigen.
Der Gestank beunruhigte Lunzie sehr viel weniger als das Gefühl, daß sie heimlich beobachtet wurde. Diesen Eindruck hatte sie vom dritten Tag an, als die beiden Expeditionsleiter Kai, der für die geologischen Untersuchungen zuständig war, und seine junge Bekannte Varian, die die Xenobiologen vertrat, die Aufgaben verteilten.
Die restliche Mannschaft war ein gemischter Haufen. Lunzie kannte keinen von ihnen besonders gut, einige aber immerhin vom Sehen. Zebara hatte persönlich die Unterlagen aller Personen durchgesehen, die an dieser Mission teilnehmen sollten, und Lunzie hatte mit Freude zur Kenntnis genommen, daß sowohl Kai und Varian wie auch ein Mann namens Triv die mentale Disziplin praktizierten. Sie war ebenso überrascht wie Kai und Varian, daß man auch drei Kinder für diese Bodenmission eingeteilt hatte. Bonnard, ein lebhafter Zehnjähriger, war der Sohn der dritten Offizierin der ARCT-10. Es wurde allgemein angenommen, daß die Offizierin froh war, ihn vom Hals zu haben, während die ARCT den Ionensturm untersuchte. Die beiden Mädchen Cleiti und Terilla, die ein Jahr jünger waren als Bonnard, waren fügsamer und wollten unbedingt helfen.
Kai und Varian hatten beide versucht, die Kinder aus allem herauszuhalten.
»Es ist ein unerforschter Planet«, hatte Kai vor dem Missionsoffizier protestiert. »Diese Mission könnte gefährlich sein. Das ist nichts für Kinder.«
Lunzie war gegen die tiefe Enttäuschung in den jungen Gesichtern nicht gewappnet.
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