Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Raumfahrergarn

Raumfahrergarn

Titel: Raumfahrergarn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne McCaffrey , Jody Lynn Nye
Vom Netzwerk:
Patienten.«
    »Und ich will mehr, als nur die Maschinen betreuen, die die Patienten betreuen«, erwiderte Lunzie gereizt. »Ich bin Ärztin, keine Mechanikerin.«
    »Und ich bin Chirurg, kein Psychologe.«
    »Sehen Sie! Es überrascht mich nicht im mindesten, daß der Psychologieprofessor Ihrer Auffassung hundertprozentig widerspricht! Sie verbessern die Überlebenschancen Ihres Patienten nicht, wenn Sie ihn behandeln wie ein bewußtloses Stück Technik, das repariert werden muß.«
    »Doktor Mespil«, sagte der Kardiologe verkniffen. »Wie Sie zurecht bemerkten, ist die seelische Verfassung eines Patienten ein wesentlicher Faktor für seine Genesung. Es ist seine Entscheidung, ob er leben oder sterben will, nachdem er eine qualifizierte medizinische Behandlung erhalten hat. Ich weigere mich, ihm den freien Willen abzusprechen.«
    »Das ist eine lächerliche Ausflucht.«
    »Ich nehme an, mit Ihrer altmodischen Ausdrucksweise wollen Sie andeuten, daß ich mich vor meinen Pflichten drücke. Ich bin mir bewußt, daß Sie in angesehenen wissenschaftlichen Zeitschriften publiziert haben und über Hintergrundwissen in medizinischer Ethik verfügen. Ich kann mich rühmen, daß ich Ihre Artikel in älteren Ausgaben des Bioethik-Journals gelesen habe. Aber darf ich Sie an Ihre Stellung erinnern? Sie sind meine Studentin, und ich bin Ihr Lehrer. Solange Sie in meinem Seminar sitzen, lernen Sie von mir. Und ich würde es sehr zu schätzen wissen, wenn Sie künftig darauf verzichten würden, mir vor Ihren Kommilitonen Vorträge zu halten. Es ist ganz allein Ihre Sache, von wie vielen Händen Sie auf die Schulter geklopft werden wollen, wenn Sie meinen Unterricht verlassen. Guten Tag noch.«
    Nach diesem unerfreulichen Gespräch stürmte Lunzie in die Sporthalle und legte eine ausgiebige Übungsstunde in Mentaler Disziplin ein.
    Mentale Disziplin war ein obligatorisches Studienfach für hochqualifizierte Ärzte, medizinische Techniker und alle, die an Weltraumexpeditionen teilnehmen wollten. Die Tests hatten Lunzies natürliche Begabung zur Selbstdisziplinierung bewiesen, aber es war ihr zuwider, daß sie sich eigens Stunden freihalten mußte, um den Kurs zu beenden. Sie hatte schon vor Jahren den Grundunterricht beendet und war zur Adeptenausbildung übergegangen. Mentale Disziplin war nicht nur zeitraubend, sondern auch anstrengend. Sie war entsetzt, als sie erfuhr, daß ihr Lehrer auf täglich mindestens sechs Stunden für Übungen, Meditation und Konzentrationstechniken bestand. Daneben blieb wenig Zeit für andere Aktivitäten. Die Zeit, die seit ihren letzten Unterrichtsstunden vergangen war, zeigte sich in abgeschlafften Muskeln und einer verkürzten Aufmerksamkeitsdauer.
    Nach einigen Wochen stellte sie erfreut fest, daß die Übungen ihrer Gang elastischer gemacht und ihre Abhängigkeit von ihrem Kaffee-Ersatz verringert hatten. Sie kam jeden Morgen ohne Mühe aus dem Bett, selbst wenn sie wenig geschlafen hatte. Sie hatte vergessen, wie gut man sich fühlte, wenn man in Form war. Meditationstechniken sorgten für einen erholsameren Schlaf, weil sie es ihr möglich machten, ihre Sorgen um Fiona vorübergehend durch bewußte Anstrengung in ihren Hinterkopf zu verdrängen.
    Ihre Gedächtnisleistung besserte sich merklich. Sie fand es einfach, neue Informationen wie die aktuellen politischen Strömungen und Gepflogenheiten sowie die neuen Stile und Alltagsausdrücke aufzunehmen, ganz abgesehen von ihrem Lehrstoff. Außerdem gab es keinen Zweifel, daß sie körperlich so gut in Form war wie seit Jahren nicht mehr. Ihr Hintern war um eine Kleidergröße geschrumpft, und ihre Bauchmuskeln hatten sich gestrafft. Sie berichtete Pomayla von ihren Beobachtungen, die gleich darauf ansprang und mit ihr neue Kleider einkaufen ging.
    »Es ist ein dummer Vorwand. Ich wollte es bisher nicht erwähnen, Lunzie, aber deine Sachen sind hoffnungslos altmodisch. Wir waren uns nicht sicher, ob man sich auf deinem Heimatplaneten so anzieht oder ob du dir nichts Neues leisten kannst.«
    »Wie kommst du darauf, daß ich’s mir jetzt leisten kann?« fragte Lunzie ruhig.
    Pomayla wurde rot und hatte Mühe, ihr die Wahrheit zu gestehen. »Es war Shof. Er sagt, du hättest jede Menge Credits. Weißt du, er kann wirklich gut mit Computern umgehen. Äh …« Sie wandte sich einem Synthesizegerät zu und ließ sich einen Muntermacher herstellen. Sie verbarg ihr Gesicht vor Lunzie, als sie zugab: »Er hat deine persönlichen Unterlagen eingesehen. Er

Weitere Kostenlose Bücher