Raumfahrergarn
eines starken Handscheinwerfers nach ihr. »Lunzie, geht das? Lunzie?«
»Hier drüben, Sharu«, rief Chibor, ein formloser Umriß im roten Blinklicht.
Sharu folgte der Stimme. »Bei Krim!« seufzte sie. »Verdammt. Bringen Sie sie zu Admiral Coromell in die Kälteschlafkammer. Wir werden sie medizinisch betreuen lassen, sobald uns jemand rettet. In der Zwischenzeit wird sie sicher im Kälteschlaf liegen. Machen wir uns wieder an die Arbeit.«
siebtes kapitel
Lunzie schlug die Augen auf und schloß sie gleich wieder, weil ihr ein grelles Licht ins Gesicht schien.
»Entschuldigen Sie, Doktor«, sagte eine ruhige Männerstimme trocken. »Ich habe mir gerade Ihre Pupillen angesehen, als Sie aufgewacht sind. Hier …« Ein Tuch wurde ihr über die Hand gelegt, die die Augen bedeckte. »Sie müssen sich nach und nach an das Licht gewöhnen. Es ist nicht sehr stark.«
»Die Türklemme hat mich an der Brust getroffen«, erinnerte sich Lunzie. »Ich muß mir ein paar Rippen gebrochen haben, aber dann bin ich mit dem Hinterkopf auf dem Boden aufgeschlagen, und … Ich schätze, dabei habe ich das Bewußtsein verloren.« Mit der freien Hand tastete sie sich den Brustkorb ab. »Das ist komisch. Sie fühlen sich nicht so an, als hätte ich etwas abbekommen. Stehe ich unter örtlicher Betäubung?«
»Lunzie?« fragte eine andere Stimme zaghaft. »Wie fühlst du dich?«
»Tee?« Lunzie riß das Tuch weg und setzte sich auf. Von der plötzlichen Änderung des Blutdrucks schwindelte ihr. Starke Arme fingen sie auf und hielten sie fest. Sie blinzelte ins grelle Licht, bis sie die beiden Gesichter deutlich erkennen konnte. Der Mann links war ein kleiner, kräftig gebauter Fremder, ein medizinischer Offizier, der ein Rangabzeichen der Flotte trug. Der andere war Tee. Er nahm ihre Hand in seine und küßte sie. Sie umarmte ihn und plapperte fassungslos vor sich hin.
»Was machst du hier? Wir sind zehn Lichtjahre von Astris entfernt. Moment mal … wo sind wir hier eigentlich?« Lunzie kam plötzlich wieder zu sich und sah durch den Untersuchungsraum, dessen Wände aus poliertem Edelstahl bestanden. »Das ist nicht die Ambulanz.«
Der Fremde antwortete ihr. »Sie befinden sich auf dem Flottenschiff Ban Sihde. Ihr Schiff ist havariert. Erinnern Sie sich daran? Sie wurden verletzt und in den Kälteschlaf versetzt.«
Lunzies Gesicht wurde leichenblaß. Sie bat Tee mit einem Blick um Bestätigung. Er nickte schweigend. Sie bemerkte, daß sein Gesicht etwas faltiger war als zu dem Zeitpunkt, als sie ihn das letzte Mal gesehen hatte, und seine Haut blaß. Die Veränderungen schockierten und besorgten sie. »Wie lang?«
»Zehn Jahre, drei Monate«, sagte der Flottenmediziner schroff. »Ihre Erste Offizierin wurde erst vor kurzem abgelöst. Sie und der Captain sind die ganze Zeit wach gewesen und haben das Signalfeuer gewartet. Wir hätten das Schiff um ein Haar übersehen. Es ist etwa sechzehn Prozent tiefer in die Atmosphäre von Carsons Riesen eingedrungen als zu dem Zeitpunkt, als der Notruf gesendet und die Fluchtkapseln gestartet wurden. Der Orbit wird immer enger. Es sieht jetzt wie ein riesiges Stück Schrott aus. Destiny hat entschieden, daß es nicht geborgen werden soll. In etwa fünfzig Jahren wird es in das Methan abstürzen. Schade drum. Es ist ein recht ansehnliches Schiff.«
»Nein!« keuchte Lunzie.
Der Mediziner klang fröhlich. »Sie haben nur ein bißchen Zeit verloren. Das passiert etwa einem Fünftel des Flottenpersonals einmal in seiner Karriere. Sie dürften keine Beschwerden haben. Was ist denn los?« Er schloß die Hand fest und professionell um ihr Handgelenk.
»Mir ist es jetzt das zweite Mal passiert«, stammelte Lunzie. »Ich hätte nicht gedacht, daß es mir noch einmal zustoßen könnte. Zwei Raumunfälle in einem Leben. Bei Muhiah!«
»Zweimal? Großer Gott, da hatten Sie wirklich mehr als Pech.« Er ließ ihre Hand los und fuhr mit einem Scanner über ihre Brust. »Alles normal. Sie haben sich schnell erholt. Sie müssen sehr stark sein, Doktor.«
»Du brauchst Essen und Bewegung«, sagte Tee. »Darf ich sie mitnehmen, Harris? Gut. Geh mit mir durchs Schiff. Wir haben alle siebenundvierzig Mannschaftsmitglieder gerettet, die zurückgeblieben sind, und zwei Passagiere. Einer von ihnen war dafür verantwortlich, daß wir nach dir gesucht haben.«
»Was? Wer ist denn mit uns an Bord geblieben?«
»Admiral Coromell. Komm. Gehen wir in die Messe, dann erzähl ich’s dir.
Du warst kaum weg,
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