Raumkapitän Sun Tarin
Jennings. »Wie Schweine? Wie Affen?«
Darwin hatte den Gedanken, dass es eine klare Trennlinie zwischen vernunftbegabten Menschen und tierischem Leben gab, erstmalig ins Wanken gebracht. Und seitdem hatte die Forschung die Existenz einer derartigen klaren Grenzlinie immer mehr in Zweifel gezogen.
»Ihre Sprache ist wahrscheinlich differenzierter als die unsere.«
»Und warum, verdammt noch mal, hat es so lange gedauert, dies zu erkennen?«
»Wegen ihrer Andersartigkeit. Etwas Vergleichbares ist uns einfach bisher nicht begegnet.«
»Und Sie wollen letztlich darauf hinaus, dass wir die Beltrans nicht essen sollten, nicht wahr?«, fragte Jennings mit einem schroffen Unterton. »Sie haben sich wirklich keinen günstigen Augenblick ausgesucht, den Kolonisten von Second Earth zu sagen, dass ihnen in Kürze ihre wirtschaftliche Grundlage entzogen werden soll!«
»Es wird sich nicht umgehen lassen.«
»Sie werden Ihre Erkenntnisse für sich behalten, Beltran«, bestimmte Jennings.
»Wie stellen Sie sich das vor?«
»Genau so, wie ich es sage!«
»Und was geschieht dann?«
»Erst einmal gar nichts. Was Sie mir gegenüber geäußert haben, ist eine Theorie, mehr nicht. Aufgrund einer vagen Hypothese werde ich garantiert nicht zulassen, dass die Existenz unserer Kolonie infrage gestellt wird!«
»Wir werden unsere Lebensweise umstellen müssen …«
»Nein, Beltran! Das ist nicht wahr. Wir werden alles verlieren, was wir aufgebaut haben!« Jennings atmete tief durch. Die Menschen, die unter seiner Führung nach Tau Ceti gekommen waren und sich auf Second Earth niedergelassen hatten, hatten eine Art Schlaraffenland vorgefunden.
Wandelnde Fleischberge, die sich nicht dagegen wehrten, geschlachtet zu werden, und außerdem noch in einer Anzahl vorhanden waren, die es völlig ausgeschlossen erscheinen ließ, dass es jemals zu einem Engpass an frischem Beltran-Fleisch kommen konnte.
Selbst dann nicht, wenn sich die menschliche Bevölkerung von Second Earth irgendwann verdoppelt oder gar verzehnfacht haben sollte.
Die Beltran-Herden waren groß genug, um Millionen von Menschen ernähren zu können.
Und nun kam dieser Vogelkundler daher und behauptete, dass man sich geirrt hatte? Dass man diese Welt in Wahrheit mit einer zweiten intelligenten Spezies teilte, die man zu Tausenden dahinschlachtete?
So einfach wollte Jennings den Traum nicht aufgeben, für den er sein gesamtes bisheriges Leben gekämpft hatte.
Beltran musste sich irren …
Drei Tage später verbreitete sich auf Second Earth die Meldung, dass Guptas Crew auf Tau Ceti IV Statuen aus einem rätselhaften, stark siliziumhaltigen Gestein gefunden hatte. Dem ersten Anschein nach handelte es sich um Hinterlassenschaften einer uralten Kultur. Die Statuen erinnerten an Darstellungen von gnomenhaften Wesen mit sehr groben Konturen. Große Köpfe, knollenartige Nasen sowie Arme und Beine, die sehr ungelenk wirkten, aber den Eindruck von Standfestigkeit erweckten. Gupta charakterisierte diese Gnome als entfernt humanoid .
Dem Planeten verliehen sie sehr schnell einen Namen.
Tau Ceti IV wurde zum Planet der Gnome oder einfach Gnome .
Jennings kam diese Ablenkung sehr gelegen.
Wenn er jetzt daranging, Beltran die Rechnerressourcen zu entziehen, würde das vielleicht ohne besonderes Aufsehen vonstattengehen …
Einige Tage später erreichte Jennings ein Funkspruch, der Lichtjahre vom Tau-Ceti-System entfernt abgesetzt worden war.
Eine Botschaft aus der Vergangenheit des Konvois …
Es handelte sich um eine Nachricht von L276-8 – jenem fünf Lichtjahre entfernten roten Zwerg, an den der Erste Konvoi wohl einige seiner Schiffe verloren hatte.
»L« oder »Secret« waren die Namen, die man ihm vor zehn Jahren gegeben hatte.
In den letzten Jahren war kaum noch über L276-8 gesprochen worden. Wen interessierte schon ein roter Zwerg, wenn man das Paradies haben konnte?
Aus demselben Grund gab es auch kaum jemanden, der ernsthafte Pläne hegte, um das nur zweieinhalb Lichtjahre entfernte System L257-32 »Next« zu erreichen.
Das Schicksal der ehemaligen Konvoi-Mitglieder im L-System war hart. Auf Secret I herrschten extreme klimatische Bedingungen, aber man hatte keine andere Wahl, als dort zu bleiben. Man erbat Hilfe von allen Menschen, die die Transmission empfangen konnten.
»Da werden wir nicht viel tun können«, lautete Arthur Jennings' Kommentar dazu.
Fünf Jahre war die Botschaft alt. Und mindestens sieben bis acht Jahre würde es
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