Raumkapitän Sun Tarin
Schluss dieses Prozesses etwas eingegriffen.«
»Sie gehen davon aus, dass die Riesenvögel eine Sprache haben?«, fragte Beltran.
»Ich gehe zunächst einmal davon aus, dass unser Ansatzpunkt falsch war. Wir sind immer von einem vergleichsweise niedrigen Kommunikationsniveau ausgegangen, wie es bei höheren Säugetieren oder auch einigen Vogelarten zu finden ist: Affen, Walen, Rabenvögeln und so weiter. Deswegen haben wir unsere Zeit damit verschwendet, nach Kombinationen verschiedener Laute zu suchen, die vielleicht neue Begriffe ergeben. Aber das war ein Fehler.«
»Wieso?«
»Sehen Sie: Früher glaubte man, dass die Fähigkeit zu einem großen Lautreichtum Voraussetzung dazu ist, dass Laute zu neuen Bedeutungseinheiten kombiniert werden können und schließlich eine Sprache mit Sätzen, einer syntaktischen Struktur und so weiter entsteht. Als man dann herausfand, dass die mit sehr eingeschränkten Lautbildungsfähigkeiten ausgestatteten Meerkatzen Laute kombinieren, hat man angefangen, umzudenken und anzunehmen, dass Lautarmut die Entwicklung einer Sprache begünstigt, weil die entsprechende Spezies gezwungen ist, Laute zu kombinieren.« Beauchamps machte eine ausholende Bewegung. »Wir haben die ganze Zeit die von den Riesenvögeln gewonnenen Daten so behandelt, als hätten wir eine unbekannte menschliche Sprache vor uns. Eine Sprache, deren Entstehung auf der Armut an verschiedenartigen Lauten basiert. Aber es gibt keine Spezies, die so lautreich ist wie die Beltrans. Was, wenn sie gar nicht darauf angewiesen sind, Laute zu kombinieren, um einen Wortschatz auszudrücken, der dem einer menschlichen Sprache entspricht?«
»Und? Ist das der Fall?«, fragte Beltran aufgeregt.
»500 Wörter reichen aus, um eine Netzzeitung zu lesen und sich normal zu unterhalten. Der Wortschatz eines Akademikers dürfte so um die 3.000 Wörter betragen.
Eine gute Wörterbuchdatei in jeder beliebigen Sprache umfasst etwa 100.000 Wörter, in besonders synonymfreudigen Sprachen wie dem Arabischen bis zu 300.000. Aber den Beltrans stehen allein drei Millionen Grundlaute zur Verfügung, die wir bisher aufzeichnen konnten. Die meisten davon können wir mit unseren Ohren nicht einmal hören.«
»Sie meinen, die Beltrans brauchen für jeden Begriff nur einen Laut und haben es nicht nötig, zu kombinieren?«, begriff Angelina Brodie.
»Ich nehme sogar an, dass sie für das, was wir in einfachen Sätzen ausdrücken, jeweils einen eigenen Laut zur Verfügung haben.«
Beltran hatte es lange vor sich hergeschoben, aber jetzt wurde es unumgänglich: Er suchte Arthur Jennings auf. Der Kommandant des Ersten Konvois empfing ihn in seinem Büro.
»Was gibt es, Beltran?«, fragte Jennings. Ein Blick auf seinen Chronometer zeigte ihm, dass ihm für das Gespräch mit Beltran nicht besonders viel Zeit zur Verfügung stand. Eigentlich hätte Jennings ihn am liebsten gar nicht empfangen, aber der Vogelkundler hatte darauf bestanden und es sehr dringend gemacht.
Beltran berichtete von seinen Forschungsergebnissen. »Es besteht kein Zweifel daran, dass die Riesenvögel …«
»… sagen Sie ruhig die Beltrans , Mister Beltran. Sie haben sich die Ehre verdient!«, unterbrach Jennings seinen Gast, und Beltran fragte sich einen Augenblick lang, ob sein Gegenüber ihm überhaupt zugehört hatte. Gedanklich war Jennings wohl nicht so ganz bei der Sache. Beltran hatte auch eine Idee, wo Jennings' Gedanken in Wirklichkeit waren.
Unter dem Kommando von Milton Mahatma Gupta, dem ehemaligen Ersten Offizier der EXODUS-1, war eine Expedition zum vierten Planeten des Tau-Ceti-Systems geschickt worden.
Jennings war ursprünglich der Meinung gewesen, dass es noch zu früh für einen derartigen Schritt der Expansion war und dass der Nutzen einer Expedition in keinem Verhältnis zum Aufwand stand. Tau Ceti IV war schließlich eine trocken-kalte, marsähnliche Welt, die zwar eine Sauerstoffatmosphäre von ausreichender Dichte besaß, aber ansonsten zur Besiedlung nicht sonderlich geeignet war.
Aber Gupta hatte darauf gedrängt, diese Welt zu erforschen, und jetzt war er dort, und die gesamte Kolonie auf Second Earth verfolgte per Datentransmissionen mit einer mehrstündigen Verzögerung, was sich dort abspielte.
»Worauf ich hinaus will, ist, dass die Beltrans höchstwahrscheinlich eine intelligente Lebensform sind«, schloss Beltran. »Wir fangen jedoch gerade erst an, ihre Sprache zu entschlüsseln …«
»Intelligent in welchem Maße?«, fragte
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