Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Raumkundschafter Katman

Raumkundschafter Katman

Titel: Raumkundschafter Katman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Ansorge
Vom Netzwerk:
Dienstes kontrolliert. Diesmal nicht per Ortungsgerät oder Sichtgerät. Er wollte mit Larissa sprechen.
    Dienstlich.
»Ich beginne mir Sorgen zu machen.«
»Die mache ich mir schon lange.« Sie war ganz Abwehr. »Wenn hier tatsächlich technisch weiterentwickelte Intelligenzen die Hand im Spiel haben?«
    Sie hatte einen Annäherungsversuch zurückweisen wollen – und mußte jetzt das hören. Sie stellte sich sofort darauf ein. »Ich verstehe dich nicht. Wir wissen es doch. Dir, mir, allen ist gut bekannt, wer die kosmische Unendlichkeit bezwingt und dementsprechend Höchsttechniken beherrscht, der muß – verstehst du, der muß – sozial perfekt organisiert sein. Anders kann es auch nicht sein. Sonst hätte diese Zivilisation, ein Reich der Finsternis, sich längst selbst vernichtet. Schon der alte – war es Marx oder war es Engels –, einer von beiden jedenfalls sagte etwas Ähnliches. Im neunzehnten Jahrhundert, fünfundzwanzig Jahre vor der Oktoberrevolution.«
    »Meinst du Engels? Er hat sich doch nicht zur Weltraumproblematik geäußert.«
»Wie sollte er auch. Aber er begründete die Notwendigkeit des Sieges der Arbeiterklasse. Entweder sie realisiert ihre historische Aufgabe – oder die Welt versinkt ins Chaos.«
Sogar die Klassiker bezog sie in die Debatte ein…
»Aber mit dem Chaos meinte er doch den ersten Weltkrieg und alles, was an Not und Tod damit zusammenhing.«
»Ich fasse es im übertragenen Sinne auf.«
»Dann darfst du aber nicht vergessen, daß seine geniale Voraussicht nur von wenigen so ernst genommen wurde, wie sie es verdiente.«
»Worauf willst du eigentlich hinaus?«
»Katman weiß mehr als wir, behauptet er. Zumindest sieht er die Ereignisse anders als wir.«
»Du kannst Katman doch nicht mit Engels gleichstellen!«
»Wer hat denn angefangen, die Alten zu zitieren? Aber nicht um Gleichstellung geht es, sondern schlicht und einfach darum, daß ein Irrtum nicht zur Wahrheit wird, auch wenn alle sich zum Irrtum bekennen. Oder anders herum: Wahrheit bleibt Wahrheit – auch wenn kein Mensch sie hören will.«
Sie schaute ihn nachdenklich an. Er wich ihrem Blick aus. Es ging ihm also immer noch nahe, auch wenn er sich zusammennahm. Aber weshalb bewegten ihn grade jetzt Katmans abwegige Ansichten so stark? Weil sie auf dieses Wrackteil von der Sibir gestoßen waren? Sie hatten es doch vermutet, daß ein Unglück geschehen sein mußte. Sie hatte angenommen, ihr Überwechseln zu Katman würde eine Kluft aufreißen zwischen dem Kommandanten und seinem Kundschafter – stattdessen schienen beide sich nahe gekommen zu sein wie nie zuvor.
Und sie selber? Sie hatte Dutch verloren, ohne Katman zu gewinnen. Das war es, was sie befürchtete. Als Dutch vorhin von seinen Sorgen zu sprechen begann, erwartete sie ein Gespräch über ihre Beziehungen zu ihm. Sicher, sie hätte eine versuchte Annäherung zurückgewiesen. Aus Stolz. Im Innern jedoch hatte sie gerade das erhofft. Und sie hoffte immer noch, daß Dutch… Aber seine Gedankengänge wollte sie dennoch nicht tolerieren.
Sie erinnerte sich an ihr Gespräch mit Grubkow. Der Alte wäre sicherlich nicht angetan von ihrem Verhalten, dessen Folgen sie nicht vorhergesehen hatte. Sie wollte nicht zwischen zwei Stühlen sitzen, nein, das wollte sie nicht.
Ganz leise sprach sie weiter. »Du bezweifelst die Gesetzmäßigkeit der Entwicklung der Menschengesellschaft?«
Er schüttelte den Kopf. »Versuche mich doch zu verstehen«, bat er. »Wir müssen von den Realitäten ausgehen. Uns erzog man in dem Glauben, daß bestimmte gesellschaftliche Erkenntnisse für immer und ewig und unter allen Bedingungen gültige Gesetzmäßigkeiten darstellen. Ein Glaube kann Berge versetzen, aber auch an der Realität zerschellen. Soll es später auch von uns heißen, ils n’ont rien appris ni rien oublié?« ∗ Er schüttelte den Kopf. »Nein! Wir müssen einkalkulieren, daß nicht jede Wahrheit für alle Zeiten gilt. Zeiten, Räume, Bedingungen ändern sich.«
»Du wagst es, jahrhundertealte, bewährte Grundregeln in Frage zu stellen?«
»Ich stelle gar nichts in Frage. Nur – wenn neue Realitäten auftauchen, muß man sich ihnen stellen und nicht alte Erkenntnisse herbeten. Das verlangt meine Funktion von mir. Übrigens die deine auch von dir.«
»Aber wo sind sie denn, deine Realitäten?«
»Es gibt zumindest Signale, und zwar ernstzunehmende.«
»Spekulationen. Bist auf Katman hereingefallen. Die Erfahrungen von Jahrhunderten sind ein Faktum, eisern und

Weitere Kostenlose Bücher