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Raumkundschafter Katman

Raumkundschafter Katman

Titel: Raumkundschafter Katman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Ansorge
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Raffiniertheit mancher Menschen.« Mißtrauisch schaute sie um sich, fest davon überzeugt, daß Melan den endgültigen Beweis liefern würde, dafür, daß sozusagen natürliche Ursachen zur Havarie der Sibir geführt hatten. Und sie vermutete, irgendwie hatte sie es im Gespür, daß da jemand nicht an diesen Informationen interessiert sein könnte.
»Wir brauchen Ergebnisse. Ergebnisse, Professor.«
Beschwörend redete sie auf ihn ein, sprach von der Notwendigkeit, dem lebenden Leichnam alle wichtigen Informationen schnell zu entreißen. Unwillkürlich verfiel sie in ihre Muttersprache, und der Professor begann chinesisch zu antworten, vermischt mit Latein.
»Ich bin zu allem bereit, selbst zum Beten, wenn es nützt.« Er deklamierte: »De profundis clamavi ad te, Domine…« ∗
»Hier findet kein Gottesdienst statt«, fuhr sie ihn an.
Der Gelehrte wandte sich seinen Schaltungen zu. Das Gerede über Melan schien ihm nutzlos zu sein, und es ärgerte ihn. Am liebsten hätte er das mit Schweigen kundgetan. Aber er wollte weder disziplinlos noch unhöflich sein. Larissa Furaschowa war Vorgesetzte und zugleich eine Frau. Leise sprach er deshalb weiter. »Vielleicht muß nur in der richtigen Sprache gebeten werden, um Erfolg zu haben?« Er machte eine Pause und wechselte abrupt das Thema. »Aber die Menschen wissen ja nicht einmal, welches die richtige Sprache für sie selber ist. Bis heute gibt es keine einheitliche irdische Sprache.«
»Um mit diesem Melan zu reden, brauchen Sie keine…«
»Worum geht es?« Mitten im Raum stand Pierre Dutch. Er blickte erstaunt von einem zum anderen. Er verstand weder russisch noch chinesisch.
»Welche Sprache am besten als Weltsprache geeignet ist«, beeilte sich Goa Sung zu erklären. Vielleicht würde der Kommandant das Thema aufgreifen.
»Weltsprache?« fragte Dutch ungläubig.
Goa Sung nickte ernst. »Ich bin für Latein.«
Unwillkürlich ging der Kommandant darauf ein. »Und weshalb?«
»Latein war früher die Sprache der Wissenschaft – weltweit. Es gibt keine andere Sprache, die so exakt, logisch und knapp einen umfassenden Inhalt korrekt ausdrücken kann. Außerdem ist sie schön.«
»Und du?«
Larissa schaute ihn unschlüssig an, antwortete schließlich widerwillig: »Russisch.«
»Weshalb gerade russisch?«
»Es ist die Sprache der Oktoberrevolution. Damit begann die irdische Humanitätsgesellschaft. Wir Russen sind ein großes Volk.«
»Ihre Meinung fehlt noch, Kommandant«, sagte Goa Sung.
»Ach, ich bin mehr für englisch.«
»Aber sie sind doch Franzose?«
»Nur halb. Außerdem waren Sie auch nicht für chinesisch. Und die Chinesen sind zahlreicher als alle anderen.«
»Zu viele Dialekte. Als Silbensprache nicht so handhabbar wie Latein. Und komplizierte Schriftzeichen. Latein ist am besten.«
Dutch wehrte ab. »Keine tote Sprache. Denken Sie an den mißglückten Versuch mit Esperanto.«
»Russisch lebt«, warf Larissa ein.
»Ich bleibe lieber bei englisch. Diese Sprache wird auf mehreren Erdteilen bereits gesprochen. Außerdem ist sie einfach aufgebaut und wird von den Sprachwissenschaftlern weiter vereinfacht, daß sie schon auf der halben Erde als Zweitsprache verstanden wird. Während russisch sogar die kyrillischen Buchstaben beibehalten hat.«
Sie erwiderte scharf: »Da soll der Sprache derer, die die halbe Welt Jahrhunderte hindurch kolonial ausgeplündert haben, die Ehre zukommen, zur Weltsprache erhoben zu werden?«
Dutch bedauerte es, sich Goa Sung zuliebe auf den Disput eingelassen zu haben. Der Professor litt unter den negativen Ergebnissen seiner Arbeit, und Larissa hatte ihm sicherlich wieder zugesetzt. Und ihm brachte diese Debatte nur Streit mit ihr. »Es geht weniger um Ehre, mehr um Zweckmäßigkeit. Außerdem haben die alten russischen Zaren ihr Reich auch nicht aus purer Nächstenliebe zusammengeraubt.«
»Das ist unfair.«
»Du hast die Kolonialzeit als Argument eingeführt. Außerdem eilt es mit der Weltsprache nicht so sehr. Da jeder mehrere Sprachen spricht, gibt es kaum Verständigungsschwierigkeiten. Und Wissenschaft, Produktion und Verkehrswesen benutzen einheitliche Symbole.« Es sollte versöhnend klingen.
Larissa verließ wortlos das Labor. Auch sie bedauerte den Zusammenstoß. Denn sie mochte Dutch nach wie vor.
Dutch fragte Goa Sung: »Nichts Neues von unserem Freund?« Er deutete mit dem Kopf zur Wanne. Da bemerkte er Sibyll Kelton hinter der Folie und hob grüßend die Hand. Sie reagierte nicht. Hatte sie nun den Streit und seine

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