Raumschiff 2 - Nancia
bei vollem Lohnausgleich, ohne irgendwelche Fragen zu stellen. Falls Sie das wollen…«
»Nein, mein Herr.«
Der Mann mit den grauen Augen nickte forsch. »Gut. Das hatte ich auch nicht angenommen, aber man muß ja
sichergehen. Dann wollen Sie also die Leute ausfindig machen, die Sie aufs Kreuz gelegt haben?«
»Mehr als das.« Sev senkte den Blick. »Ich denke, ich weiß, wer mich aufs Kreuz gelegt hat. Und auch weshalb. Aber das ist eine lange Geschichte, und dabei sind auch Hochfamilien im Spiel. Deshalb bin ich auch zu Ihnen gekommen. Jemand ohne diesen Hintergrund könnte versucht sein, die
Angelegenheit unter den Teppich zu kehren aus Furcht, sich mit mächtigen Leuten anzulegen. Und von jenen Mitgliedern der Zentralverwaltung, die aus Hochfamilien stammen…
nun…« Er spreizte hilflos die Hände. »Ich kenne ihre
Herkunftslinien und ihren Ruf nicht. Die einzigen beiden Leute, deren Integrität über jeden Verdacht erhaben ist, sind Sie und Generalin Questar-Benn – und die befindet sich gerade auf irgendeinem Geheimauftrag, niemand wollte mir sagen, wo.«
»Wie schmeichelhaft«, schnurrte der grauäugige Mann.
Erst zu spät begriff Sev, was er da angedeutet hatte. »Mein Herr, ich wollte nicht… ich bin Ihnen wirklich sehr dankbar, daß Sie sich bereit erklärt haben, mich zu empfangen.«
»Betrachten Sie das als inzwischen registriert. Warum sagen Sie mir jetzt nicht, worum es geht?«
Sevs Wangen wurden rot. Seine Zunge fühlte sich wie ein Stück Watte an. Wo sollte er nur anfangen? In diesem kühlen, grünbeleuchteten Büro erschien ihm der Wahnsinn, der ihn auf Bahati gepackt hatte, wie ein bloßer Traum.
»Es gab da… ein Mädchen.«
»Aha! Wissen Sie, das kommt in solchen Fällen ziemlich häufig vor. Und Sie – haben sich zum Narren gemacht?« Er blickte Sev mitfühlend an. »Wissen Sie, ich kann mich
durchaus noch an den Drang erinnern, sich wegen einer jungen Dame zum Narren zu machen. Ganz so alt und vertrocknet bin ich nun auch wieder nicht. Aber wenn es sich um eine sehr persönliche Geschichte handeln sollte, wäre es Ihnen vielleicht lieber, sie mir in einer etwas weniger förmlichen Umgebung zu erzählen. Manchmal fahre ich ans andere Ende der Stadt zum Mittagessen – dort gibt es auf der Dunkelseite ein Cafe. Nichts Großartiges. Aber wenigstens kommt man auf diese Weise mal aus diesem verdammten Dschungellicht heraus.«
Fünfzehn Minuten später fühlte sich Sev so, als wäre er doch dem Wiederverwertungsprozeß des Ökorecyclers zum Opfer gefallen, als er sich mit dem Mann, den er aufgesucht hatte, im hinteren Teil eines höhlenähnlichen, mattbeleuchteten Cafes an einen Tisch setzte. Das einzige Fenster, das ein wenig Sonnenlicht hätte einlassen können, war mit staubigen Streifen aus Glitzerband und Prismaholzhängern verhängt. In einer Ecke des Raums war ein drahtiger Junge mit langem rotem Haar, um das er eine schwarze Samtschlaufe gebunden hatte, mit seinem Synthocomgerät beschäftigt und erzeugte
gelegentliche Stöße von schrillen Tönen, die Sevs Trommelfell beleidigten.
Selbst seine schmutzige Geschichte schien hier noch
geradezu normal zu wirken. Er fragte sich, ob sie vielleicht deswegen in dieses heruntergekommene Lokal gekommen
waren. Für einen Mann, der sein Berufsleben damit verbrachte, sich mit Präsidenten, Königen und Generälen zu treffen, schien dies doch ein ziemlich merkwürdiger Aufenthaltsort zu sein.
»Es ist ruhig hier«, erklärte der einzige ehrliche Mann auf Kailas, »und was noch wichtiger ist, ich weiß, daß hier keine ungenehmigten Aufzeichnungen von unserem Gespräch
angefertigt werden. Ich kenne die Besitzerin dieses Ladens. Sie hat eine ganze Menge Gäste, die nicht wünschen, daß man ihre Gespräche belauscht oder aufzeichnet.«
»Das glaube ich gern«, sagte Sev aus vollem Herzen.
»So. Wenn Ihre Neugier darüber, weshalb wir ausgerechnet hierher gegangen sind, damit befriedigt ist – warum erzählen Sie mir dann nicht einmal von diesem Mädchen?«
»Sie war…« Sev brach ab, schluckte, suchte nach einem
erneuten Anfang. »Sie leitet eine Baufirma auf Bahati. Bei ihrem letzten Auftrag ging es um eine Raumstation, die als Relais für Netzsignale dienen und den Kleinlastverkehr zwischen dem Subraum Wega und den Zentralwelten
abwickeln soll. Im Zuge meiner Routinearbeit für Bahati CreditLin wurde mir aufgetragen, die Station einer letzten Ortsbegehung und Inspektion zu unterziehen. Es war… es hätte eigentlich nur
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