Raumschiff 2 - Nancia
schert sich auch nur annähernd um ihr Wohlergehen wie diese beiden um meins.
Alpha erteilte ihre Instruktionen schnell und selbstbewußt, erwartete nichts anderes als sofortigen Gehorsam. Der Patient, der in den Listen der Klinik als Varian Alexander geführt wurde, sollte sofort in den Wohlfahrtstrakt verlegt werden. Auf Station 6, wo die genesenden Blisstoabhängigen und
Alkoholiker untergebracht waren, war noch ein Bett frei; dort wäre er für den Augenblick gut aufgehoben.
»Entschuldigung, Doktor, aber sind Sie sicher…«, begann Baynes.
»Er wird den Transport schon überstehen«, entschied Alpha.
»Ja, aber…«
»Das sollte doch wohl selbst für Ihr drogenverseuchtes Hirn einfach genug zu bewältigen sein, möchte ich meinen!«
»Er macht sich nicht wegen Alexander Sorgen, Doktor«, warf der schnellerdenkende Moss ein. »Es geht um diese
Halbcyborg-Mißgeburt auf Station 6. Qualia Benton. Die hat eine Menge Fragen gestellt. Viel zu viele.«
Alpha trommelte mit den Fingerspitzen auf den Tisch.
Benton. Qualia Benton. Ach ja. Ein interessanter Fall. Als alkoholabhängige Veteranin der Capelianischen Kriege
eingewiesen, die zu zittrig und hirngeschädigt war, um ihre eigene periodische Wartung ihrer Cyborg-Gliedmaßen und Organersatzteile auszuführen. Zwar schienen alle Teile voll funktionsfähig zu sein, dennoch hatte Alpha Testreihen und Wartung angeordnet; die Veteranenhilfe würde für diese Leistungen aufkommen, und wenn Qualia Benton zu zerstört war, um ihre eigene Wartung durchzuführen, würde sie auch nicht auf den Gedanken kommen, sich zu fragen, ob die von der Klinik in Rechnung gestellten Arbeiten tatsächlich absolut erforderlich gewesen waren – oder ob sie überhaupt
durchgeführt wurden.
»Was für Fragen?«
Baynes zuckte mit den Schultern. »Alles mögliche. Alles.
Wie uns unser Job gefällt. Wie wir unseren Job bekommen haben. Wie viele Zimmer es in diesem herrlich großen
Gebäude gibt und was wir außer der Pflege alter Mißgeburten wie ihr selbst alles machen. Mal angenommen, sie wollte einen Job an einem hübschen, sauberen Ort wie diesem haben, ob wir wohl dann ein gutes Wort für sie einlegen würden.«
»Alles harmlos.«
»Ja, aber…« Baynes verlagerte sein Gewicht von einem Fuß auf den anderen und verstummte.
Moss setzte den Bericht fort. »Letzten Freitag wälzte sie sich im Bett und behauptete, furchtbare Nervenschmerzen in ihrem linken Fuß zu haben, der gar nicht mehr da ist, Doktor, und mit den Prothesenverbindungen war auch alles in Ordnung, ich habe sie zweimal überprüft. Sie wollte nicht mit den anderen Säufern zur Körperertüchtigung, also habe ich sie
zurückgelassen, während wir die anderen zu ihrem gesunden Spaziergang im Park hinausschoben. Es ist nur so, daß ich etwas früher zurück mußte, weil der alte Charlie Blissed-out mit Schmerzen in der Brust zusammenbrach und ich eine
Schweberöhre holen wollte, um ihn zurückzubringen. Da fand ich sie draußen auf dem Boden vor dem Personalraum liegend.
Sie behauptete, sie hätte versucht, mit der Prothese zu arbeiten, aber die sei unter ihr zusammengebrochen.«
»Was möglicherweise stimmt«, meinte Alpha.
»Ja. Nur… die Tür zum Personalraum war aufgesperrt. Ich kann aber beschwören, Doktor, daß ich sie zugeschlossen hatte wie immer, aber da war sie offen.«
Für einen langen Augenblick musterte Alpha Moss’
schwitzendes Gesicht. Es könnte sein, daß er nur versuchte, seine eigene Achtlosigkeit zu kaschieren, weil er die Tür zum Personalraum nicht abgeschlossen und eine Patientin allein auf Station zurückgelassen. Andererseits hätte er auch überhaupt nicht von dem Vorfall zu berichten brauchen. Er würde ihren Zorn nur riskieren, wenn er sich vor etwas noch schlimmerem fürchtete – beispielsweise einer Bedrohung ihrer Stellung in der Klinik, etwas, was sie von hier entfernen und damit seinen Nachschub an Seductron-B4 abschneiden könnte.
»Legen Sie die beiden in ein Privatzimmer«, befahl Alpha.
»Im Wohlfahrtstrakt gibt es aber keine«, wandte Baynes mürrisch ein.
Moss rollte die Augen. »Ach du liebe Güte«, murmelte er.
»Das weiß die Frau Doktor doch alles, Baynes. Viktor Alexander wird eben nicht mehr in den Wohlfahrtstrakt
verbracht. Wir sollen Qualia Benton mit ihm in ein Zimmer für Privatpatienten auf der VIP-Seite legen und uns keine
Gedanken über die Tatsache machen, daß die Veteranenhilfe den Aufpreis nicht bezahlen wird; ich schätze, sie wird ohnehin
Weitere Kostenlose Bücher