Raumschiff 2 - Nancia
der Klinikberichte von Sommerland.
»Ich hätte lieber Logik lernen sollen«, murrte Nancia. »Ich glaube, daß an deinem Syllogismus etwas Fundamentales
falsch sein muß. Kode G. Heißt das, du bist ein Spion?« Caleb würde ihr das nie verzeihen. Sich mit Spionen abzugeben, die Nase in Privatakten zu stecken… Die Tatsache, daß sie
ebensosehr daran arbeitete, ihn zu retten, als auch Verbrecher dingfest zu machen, würde das Ausmaß ihres Vergehens in seinen Augen nicht mildern.
»Du kannst mich X-39 nennen, wenn du willst.« Forister summte vor sich hin, als er den Datenpfad glättete, mit dem er angefangen hatte, und ein neues, komplizierteres Muster auf den Bildschirm zog.
»Ist das nicht ziemlich sinnlos«, fragte Nancia, »wenn man bedenkt, daß ich deinen Namen bereits kenne?«
»Ach so, ja – da geht es schon los!« Forister kicherte zufrieden, als er einen Zugang zu einem neuen Segment des Computersystems der Sommerlandklinik öffnete. »Völlig
nutzlos, wie die meiste Spionage. Wie die meiste Diplomatie übrigens auch, wenn wir schon dabei sind. Nein, wir
verwenden natürlich keine Kodenamen. Aber ich dachte
immer, daß es ganz schön spaßig sein müßte, als X-39 bekannt zu sein.«
»Hast du das, ja?« brummte Alpha bint Hezra-Fong in der Abgeschiedenheit ihres Büros. »Wie würde es dir gefallen, als
›Seductron, Gescheiterter Versuch Nr. 106‹, bekannt zu werden? Wenn ich gewußt hätte, wer du bist…« Sie unterbrach ihre Drohungen. Sie wußte es jetzt. Und sollte Forister jemals den Fehler begehen, gleich aus welchem Grund, in die
Sommerlandklinik zurückzukehren, dann würde sie ihre
Revanche bekommen.
Weder Forister noch Nancia hatten daran gedacht, Nancias Decks nach Sendern abzusuchen – und selbst wenn sie es getan hätten, hätte sie Alphas persönliche Spinne wohl nicht wiedererkannt: ein hauchdünnes Metachipgerät, das sich an jede Wand aus Parmalegierung heften ließ und wie ein
Chamäleon die Farbe seiner Umgebung nachahmte. Bei all dem Durcheinander während der Verbringung des
verwundeten Piloten in die Schweberöhre war es Alpha ein leichtes gewesen, eine der Spinnen in Nancias Zentralkorridor anzubringen. Von dort aus nahm sie jedes Gespräch in den Kabinen wahr, obwohl die Stimmen durch Entfernung und
Interferenzen verzerrt klangen.
Alpha war sich ursprünglich gar nicht sicher gewesen,
welcher Instinkt sie dazu bewegte, die Spinne einzupflanzen; sie hatte nur den Eindruck gewonnen, daß der Umfang des Funkverkehrs im Netz, der sich um dieses GehirnSchiff und seinen Piloten drehte, darauf hinwies, daß sie wichtiger waren als sie aussahen. Irritierenderweise waren die Datenströme, die über das Netz von der Zentrale kamen, in einem Kode
verschlüsselt, den Alpha bisher noch nicht hatte knacken können, und so stellte die Spinne ihre einzige
Informationsquelle dar.
Bisher hatte sie sich allerdings als herausragend effizientes Werkzeug erwiesen. Alpha war stolz darauf, soviel Klugheit besessen zu haben, eine der teuren Spinnen gerade dort anzubringen, wo sie am meisten gebraucht wurde. Sie
trommelte mit den Fingern auf das Eingabebrett der
Workstation, während sie im Geiste noch einmal durchging, was sie bisher getan und welche Schritte sie bisher
unternommen hatte, um der Gefahr zu begegnen. Der
Rhythmus ihrer Fingerspitzen wiederholte sich auf dem
Schirm als abgehacktes Wirrwarr fahriger Linien, die sich in einem hypnotisierenden Tanz brachen und aufs neue
miteinander verbanden.
Die erste Überraschung war Fassa del Parmas Stimme
gewesen. Zwar hatte Alpha das breite dramatische Spektrum bewundert, mit dem Fassa ihren Bewacher anflehte, sie
freizulassen, dennoch war sie kaum überrascht, als das Mädchen schließlich doch zusammenbrach und anfing, über ihre Konkurrenten auszupacken. Alpha hatte schon immer das Gefühl gehabt, daß das del Parma-Kind nicht das Zeug dazu hatte, wirklich an die Spitze zu kommen. Viel zu emotional.
Im Schlaf weinen, aber ihre Opfer verhöhnen. Wenn man
wirklichen Erfolg wollte, mußte man so sein wie Alpha oder Polyon: kalt, ungerührt, über Triumphgefühle erhaben, ständig auf das gewünschte Ziel konzentriert.
Glücklicherweise wußte Fassa nicht allzuviel. Sie war zu dumm gewesen, um allzuweit über ihren eigenen Tellerrand hinausblicken zu können. Alpha mochte darauf wetten, daß die kleine Schlampe nie daran gedacht hatte, über jeden ihrer Konkurrenten ein Dossier mit verwendbaren, harten Daten
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