Raumschiff 2 - Nancia
hier hineinfallen, meine Liebe, und machen Sie keine plötzlichen Bewegungen. Sie wollen doch wohl nicht eine arme, alte Frau erschrecken, oder? Dieser Nadler ist auf Streusprühung eingestellt und mit ParaVen geladen. Eigentlich möchte ich Sie ja gar nicht paralysieren«, fügte sie nachdenklich hinzu, »aber falls es erforderlich sein sollte…«
Mit zwei weiteren Schritten rückwärts hatte Alpha die Tür erreicht. Sie ließ sich zu Boden fallen und rollte sich in den Gang hinaus ab, vorübergehend außer Reichweite des Nadlers.
»Baynes! Moss!« schrie sie. »32-A, Patient außer Kontrolle, Code Z, Alarm!«
Schritte donnerten den Korridor entlang, und Alpha schloß erleichtert die Augen. Dieser schwere Schritt mußte Baynes gehören. Sollte diese verrückte Schnüfflerin doch ihre Nadlerladung auf die Assistenten vergeuden – dann würde Alpha sie in die Station für gewalttätige Patienten schaffen. Sie versprach sich eine lange, unterhaltsame Reihe von
Experimenten an dem alten Luder, sobald sie ihr erst diesen verdammten Nadler entwendet hatten.
»Halt, stehenbleiben!« rief die alte Frau in einer Stimme, die viel zu klar für ihr scheinbares Alter war. »Ich bin eine Bevollmächtigte Vertreterin der Aufklärung der Zentralwelten.
Jeder Angriff auf meine Person ist ein Akt des Hochverrats und somit strafbar. Sie sind verhaftet.«
»Den Teufel bin ich«, entgegnete eine Stimme, die ganz gewiß nicht dem begriffsstutzigen Baynes gehörte, Alpha blickte auf und sah Bryley, um den Baynes und Moss sich hatten kümmern sollen. »Ich bin hier der Vertreter der Zentralwelten, und Sie stehen unter Arrest. Was haben Sie mit meinem Zeugen gemacht?«
»Mit dem Burschen im Nachbarbett?« Zum ersten Mal schien die Bentonfrau verunsichert zu sein. »Der wird Ihnen nicht viel nützen. Viel zu weggetreten, um auch nur seinen eigenen Namen noch zu wissen. Aber Sie können ihn gern haben, wenn Sie ihn wollen. Ich nehme an, daß Sie ihn als nächsten umbringen wollte, nachdem sie sich um mich gekümmert
hatte.«
»Umbringen? Sie?« Nun klang Bryley ebenso verwirrt.
In ihrer niedergekauerten Position sah Alpha, wie die
Bentonfrau sich vorbeugte und an ihrer Beinprothese fingerte.
Dort öffnete sich eine Ritze und holte einen dünnen
holografischen Streifen hervor, der im Licht des Gangs in Regenbogenfarben schillerte. Da hat sie also den Nadler versteckt…
»Generalin Micaya Questar-Benn«, stellte die Frau sich vor.
Jetzt stand sie aufrechter da, ohne den Buckel und das eingeknickte Bein, das sie zuvor so klein und hilflos hatte aussehen lassen. »In verdeckter Ermittlung im Auftrag der Zentrale tätig, bei der Überprüfung der verdächtig hohen Todesrate im Wohlfahrtstrakt der Sommerlandklinik. Mein Kollege Forister Armontillado y Medoc müßte irgendwo hier in der Nähe sein; er kann für mich bürgen. Und Sie?«
»Sevreid Bryley-Sorensen, vorläufig beauftragt, das
betrügerische Verhalten einer Baufirma auf Bahati zu
untersuchen.« Er sah zu Alpha hinunter; seine Miene erinnerte an eine Katze, die etwas hervorgezerrt hatte, was besser in einer dunklen Seitengasse liegengeblieben wäre. »Ich denke, unsere jeweiligen Fälle könnten in einem Zusammenhang
stehen. Ich war hier, um Valden Allen Hopkirk zu
übernehmen, einem Zeugen in einem Fall krimineller
Netzmanipulationen durch eine Freundin der del Parma.
Anscheinend gehört diese ›Dame‹ ebenfalls zu der Bande. Sie hat den Zeugen versteckt gehalten und ihn so stark unter Drogen gesetzt, daß er kaum noch aussagen könnte. Sie
glauben, sie wollte ihn umbringen?«
»Wir werden wohl warten müssen, bis dieses Reizpflaster in ihrer Hand auf Spuren von Drogen untersucht wurde«,
antwortete Generalin Questar-Benn. »Aber ich bin mir sicher, daß sie nicht im Begriff stand, einfache Medikamente zu verabreichen. Glücklicherweise hat sie das Reizpflaster auf meine Oberarmprothese appliziert. Ich denke, ich sollte so betäubt werden, daß ich sie nicht mehr wahrnehmen würde.
Einer ihrer Schlägertypen hat mir Blissto verabreicht; das war vor ungefähr einer Stunde.«
Langsam erhob Alpha sich. Wenn sie schon verloren war, würde sie wenigstens in Würde untergehen. Sie war einen halben Kopf größer als dieser Sev Bryley; und es war ihr schon eine gewisse Genugtuung, von oben auf ihn herabsehen zu können.
»Und wer sind Sie?« fragte sie. »Ein Roboter? Niemand ist immun gegen Seduc-… Blissto«, berichtigte sie sich. Es gab keinen Grund,
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