Raumschiff 4 - Channa
herrschte verlegenes Schweigen.
Unausgesprochen blieb: Und dich hat sie ja gar nicht für einen Menschen gehalten, als sie dich kennenlernte.
»Immerhin hat sie gelernt, sich täglich zu duschen«, warf Simeon hilfreich ein.
»Ach, Joat hat durchaus ihre guten Seiten.« Channa zog eine Grimasse. »Auch wenn ihre besondere Ethik etwas
ungewöhnlich ist, bleibt sie bei ihrer Umsetzung doch
immerhin stringent. Sie braucht nur etwas Geborgenheit und eine Chance im Leben.«
»Braucht das nicht jeder?«
Mehrere Stunden später war Simeon noch immer von einer zufriedenen Behaglichkeit erfüllt, wenn er daran dachte, was sie bisher mit Joat erreicht hatten. Vater zu sein ist wirklich großartig, dachte er und begann sich deutlich für Channa zu erwärmen. Das habe ich ihr zu verdanken.
Zum ersten Mal seit ihrer Ankunft warf Simeon ein Blick in ihr Wohngemach und mußte überrascht feststellen, wie sehr sich der einst von Tell Radon bewohnte spartanische Raum binnen kürzester Zeit verändert hatte. Channa hatte die Wände mit einem weichen, matten Rosa versehen und
»Gemäldechips« in die festintegrierten Rahmenprojektoren gesteckt. Die edelsteinleuchtenden Farben und romantischen Bilder der Präraphaeliten Alma-Tadema und Maxfield Parish leuchteten von den Wänden, dazu einige moderne Mintoro-Reproduktionen. Die Bettdecke war von eisgrauem Satin, auf dem pfirsichfarbene, graue und blaue bestickte Kissen verteilt lagen.
»He, Channa«, sagte er im Tonfall erfreuter Anerkennung,
»das gefällt mir aber, wie du diesen Raum gestaltet hast.«
Channa trat in einem blauen Seidenkleid mit gestickter Bordüre aus dem Badezimmer, eine Haarbürste in der Hand, und stürmte ohne ein Wort zu sagen aus ihrem Wohngemach in die Haupthalle. Vor Simeons Säule blieb sie stehen und verschränkte mit böse funkelnden Augen die Arme. Simeons ganze Gefühle der Warmherzigkeit lösten sich in kalte Asche auf, als er sie musterte. Vielleicht würde sie ja einfach weggehen und nicht sagen, was in diesen Augen in brennender Schrift geschrieben stand, wenn er jetzt den Mund hielt. Ach was, dieses Glück habe ich bei ihr doch noch nie gehabt.
Ihr Körper war stocksteif, obwohl die Schultern zuckten und die Lippen sich mehrmals öffneten. Vielleicht sollte er doch lieber etwas sagen, bevor die Säureblase platzte.
In einem so beiläufigen und anerkennenden Tonfall wie möglich fing er an: »Sie haben einen sehr romantischen Geschmack, Channa«, was das Lodern in ihren Augen um ein bis zwei Grad abzumildern schien. Nie sollte er hinterher begreifen, weshalb er nun fortgefahren war: Vielleicht war es ja der schiere Schabernack, um selbst ein wenig auf seine Kosten zu kommen. »Obwohl Ihr Bett eine erstaunliche
Ähnlichkeit mit einem Eiswürfel hat.«
Sie blinzelte erstaunt und er dachte: ein Treffer! Ein absoluter Volltreffer! Doch dann atmete sie tief durch.
»Ich hätte eigentlich nicht gedacht«, fing sie an, und jedes Wort kam ganz präzise heraus, »daß es tatsächlich erforderlich sein würde, dies auszusprechen. Aber da dem nun einmal so ist, werde ich es auch tun. Da unsere erste Begegnung nicht gerade glückhaft verlief und da ich Ihnen ganz eindeutig nicht vertraute, habe ich meine Wohnräume auf aktive Scanner untersucht.« Sie verschränkte die Arme. »Sie werden in Zukunft bitte«, fuhr sie mit sorgfältiger Betonung fort,
»niemals meine Wohnräume betreten, ohne zuvor anzuklopfen und um Erlaubnis zu bitten und darauf zu warten, bis Ihnen diese ausdrückliche Erlaubnis erteilt wurde. Ist das klar, Simeon?«
»Ich entschuldige mich, Channa. Natürlich haben Sie recht.
Ich bin einfach achtlos geworden… all diese Jahre mit Tell.«
»Und was die Qualität meines Geschmacks betrifft…« sagte sie mit einer Stimme, die noch brüchiger klang als zuvor.
Ach, bitte, dachte er, halt doch ausnahmsweise mal den Mund und laß es dabei bewenden.
»… so geht Sie das gar nichts an.« Böse funkelte sie ihn an.
»In Anbetracht Ihrer eigenen Präferenzen, was
Innendekoration betrifft«, sagte sie und wies auf seine Sammlung von Schwertern und Dolchen, »empfinde ich es
doch als ganz schön starkes Stück, daß Sie sich ein Urteil über meinen erlauben.«
»Aber es gefällt mir. Ich habe doch gesagt, daß es mir gefällt!«
»Und was«, fuhr sie fort, ohne ihn zu beachten, »sollte wohl jemand mit einer solchen morbiden Faszination, was die Rückfälle der Menschheit in rituelles Gemetzel angeht, überhaupt von Romantik
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