Raumschiff 4 - Channa
verzeihen! Ich könnte Ihnen sogar einen Kuß geben. Als Anerkennung, natürlich. Das war ja so schön. Danke.« Sie lächelte.
Simeon modulierte seine Stimme so, daß in seinem Tonfall ebenfalls ein »Lächeln« zu vernehmen war, als er ihr
antwortete. »Gern geschehen. Wissen Sie zufällig, was das war?« Das hielt er für recht unwahrscheinlich, achtete aber darauf, dies sich nicht anmerken zu lassen.
Sie wischte sich über ein Auge und erwiderte: »Ich hatte nie die Gelegenheit, dieses besondere Stück zu hören, aber es muß ein retikulanischer Liebesgesang sein.«
»Da haben Sie recht«, erwiderte Simeon. »Aber ich wette, Sie raten nie, wer ihn gesungen hat.« Er bemühte sich
angestrengt, jede Selbstzufriedenheit aus seiner Stimme fernzuhalten.
»Na ja, woher soll ich wissen, wer da gesungen hat, ja wer könnte das überhaupt außer den Retikulanern, und die leben am anderen Ende dieser Galaxie. Ach so! Das kann doch wohl nicht…« In ehrfürchtiger Überraschung weiteten sich ihre Augen. »Doch wohl nicht Helva? Es heißt, daß sie das singen kann. Aber… Sie… und Helva, das singende Schiff?«
»Keine geringere.« Simeon freute sich über ihre Reaktion.
»Kennen Sie sie denn?«
»Das tue ich tatsächlich.« Simeon gestattete sich, mit beachtlichem Stolz zu sprechen. »Sie kommt gelegentlich vorbei… um…« Die kleine Kunstpause konnte er sich nicht verkneifen. »… mich zu besuchen. Dann unterhalten wir uns über zeitgenössische Musik in der ganzen Galaxie und
tauschen sie auch aus. Da es so wenige Aufzeichnungen von retikulanischen Liebesgesängen gibt, hat sie mir diese Aufnahme ganz persönlich geschenkt.« Die Erinnerung an seine Freude über dieses Geschenk färbte auf seinen Ton ab.
Channa lächelte. »Sie haben wohl doch inzwischen meine Personalakte studiert, wie?«
»Na ja, ich würde ja gern behaupten, daß ich nur furchtbar aufmerksam bin, aber die Musik ist dort ja ausdrücklich als wichtiges Interessengebiet erwähnt. Ich habe mir nur gedacht, daß diese Aufzeichnung Ihnen vielleicht Freude machen
würde.«
»Oooh«, sagte Channa mit einem bebenden Lachen, »das ist wohl die Musik-verzaubert-Abteilung? Wie Sie erst kürzlich feststellten«, und nun hatte sie einen Unterton von Sarkasmus und Trauer, »dürfen Sie durchaus einige Talente Ihr eigen nennen.« Dann fügte sie fröhlich hinzu: »Singen Sie selbst vielleicht auch? Das steht gar nicht in Ihrer Akte.«
Simeon gab ein räusperndes, bescheidenes Geräusch von
sich. »Ich bin nicht wie Helva und behaupte auch nicht, musikalisch anspruchsvoll zu sein. Ich höre mir an, was mir gefällt, aber ob mir etwas gefällt, weiß ich erst, wenn ich es höre.«
»Was haben Sie denn noch so gehört und gemocht?« fragte Channa. »Außer Felsenstomp, meine ich?«
Nun klang er verlegen. »Ich mag Rant in Wirklichkeit nicht besonders. Ich habe mich nur daran gewöhnt, verstehen Sie?
Die Burschen auf meinen früheren Posten im Erzgürtel spielten nie etwas anderes. Das meiste, was mir gefällt, ist entweder klassisch, oder es handelt sich um Opernmusik.«
»Das geht mir auch so«, erwiderte sie und lächelte die Säule mit einer Güte an, die er bei ihr noch nicht wahrgenommen hatte. »Nun, wenn Helva Sie genug mochte, um Ihnen diese wunderbare retikulanische Aufzeichnung zu schenken, und wenn Sie tatsächlich zugeben, daß Sie klassische und
Opernmusik bevorzugen, sollten wir dann nicht vielleicht einen Waffenstillstand vereinbaren?«
»Einen Waffenstillstand? Brauchen wir denn einen?«
Ihre Augen verengten sich. »In gewissem Sinne schon.
Immerhin haben wir schon einige Funken stieben lassen.« Sie grinste. »Eine gemeinsame Vorliebe für Musik dürfte bisher die stabilste Gemeinsamkeit zwischen uns sein. Als ich die Hälfte meiner Schulzeit hinter mir hatte, merkte ich, daß meine besten Freundinnen auch mit mir zusammen im Chor waren.«
Sie beugte sich der Säule entgegen, die erste vertrauliche Geste, die sie ihm bisher gewährt hatte. »Damals haben wir Gespensteropern produziert und besetzt.«
»Was haben Sie getan?«
»Wir haben uns ein Thema oder einen Stoff vorgenommen, dazu einen Komponisten und eine Besetzung. Die Regel
besagte, daß Komponist und Besetzung bereits tot sein
mußten.«
»Wirklich? Wie bizarr!« Simeon hielt inne und dachte
darüber nach. »Erzählen Sie doch weiter.«
»Angefangen haben wir… mit dem Namen der Oper. Sagen
wir einmal ›Rasputin‹. Haben Sie von dem schon mal
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