Raumschiff 5 - Carialle
startete und stoppte, je nachdem, wie Chaumel mit seine TK damit spielte. Sie spürte einen Adrenalinstoß, als er das Gleichgewicht ihrer chemischen Versorgung
durcheinanderbrachte, und sie hatte keinen Zugriff auf die Endorphine mehr, um dem gegenzusteuern. Dann entstand ein Stau in ihren Entsorgungsleitungen, der sich in ihren Nährstofftank ergoß. Sie fühlte, wie ihr empfindliches Nervensystem auf die Kombination reagierte, indem es schläfrig und schwer wurde.
»Halt!« flehte sie. »Du bringst mich um!«
»Ich bringe dich nicht um, fremde Frau in einem Kasten«, sagte Chaumel mit leichter, luftiger Stimme, »aber ich werde auch nicht riskieren, wie du es getan hast, als die Magie versagte. Was für eine Verfolgungsjagd du uns geliefert hast!
Einmal rund um Ozran und zurück. Du warst eine würdige Jagdbeute, aber irgendwann wird man des Spiels müde.«
»Keff!«
»Ich bin hier, Carialle«, ertönte die Stimme des Muskels, schwach, aber wütend. Carialle hätte vor Erleichterung am liebsten laut losgesungen. Sie vernahm das Scharren von Füßen und ein Krachen. Keff sprach erneut, durch sengenden Schmerz: »Chaumel, wir werden zusammenarbeiten, aber du mußt sie in Ruhe lassen. Du weißt gar, was du ihr antust.«
»Wieso? Sie atmet, sie ißt – sie hört und spricht sogar. Ich kontrolliere nur, was sie sieht und tut.«
Für die Dauer eines kurzen Aufblitzens erblickte Carialle den Kontrollraum. Keff und der silberne Zaubermann standen sich gegenüber; der Ozraner hatte die Lage eindeutig in der Hand.
Keff hielt sich die Seite, als wollte er den Schmerz seiner geschundenen Rippen lindern. Plenna stand hinter Keff, aufrecht, doch kreidebleich. Brannel kauerte desorientiert in einer Ecke hinter Keffs Gewichthebebank. Dann erlosch das Bild wieder, und Carialle blieb in der alles umhüllenden Finsternis zurück. Sie konnte ihren verzweifelten Aufschrei nicht mehr unterdrücken.
Es war, als durchlebe sie für den Generalinspektor Maxwell-Corey noch einmal die Erinnerung an ihren Unfall. Die ganze furchtbare Geschichte noch einmal! Die Hilflosigkeit, von der sie gehofft hatte, sie niemals wieder erleben zu müssen: sensorische Deprivation, ihr chemisches System ein
Durcheinander, ihre Steuerungselemente unzugänglich oder funktionsuntüchtig. Diesmal würde es noch schlimmer enden, denn diesmal würde ihr Muskel in greifbarer Nähe sein, würde mitanhören, wie sie den Verstand verlor.
Keff schluckte schwer, um den Schmerz in seinen Rippen zu unterdrücken; dann sprang er Chaumel noch einmal an. Mit einem beiläufigen Schnippen seiner Hand ließ Chaumel Keff wieder gegen das Schott prallen. Plennafrey eilte an seine Seite und hakte ihren Arm in den seinen, um ihm beim Aufstehen behilflich zu sein.
»Du solltest das lieber bleiben lassen, Fremder«, riet Chaumel ihm. »Das Ergebnis wird immer dasselbe sein, wenn du versuchst, Hand an mich zu legen. Und du wirst rascher ermüden als ich.«
»Du weißt überhaupt nicht, was du ihr antust!« sagte Keff, während er sich hochkämpfte. Er fuhr sich mit der Hand über den Mundwinkel. Nun wies sie eine Blutspur von seiner geplatzten Lippe auf.
»O doch. Ich sehe schließlich Bilder«, antwortete Chaumel, und ein Lächeln umspielte seine Lippen, als seine Augen einem unsichtbaren Geschehen folgten. »Nein, keine Bilder, Geräusche, die ihren Geist heimsuchen, ganz deutlich, nie weit entfernt von ihrem bewußten Denken – klopfend.« Die Lautsprecher hämmerten eine ferne, träge, finstere Kadenz.
Carialle schrie ohrenbetäubend auf. Keff wußte, was
Chaumel tat: er übte dieselbe Macht der Bilderzeugung aus, mit der er schon in Keffs Bewußtsein eingedrungen war.
Gegen diese Art von Illusion besaß Carialle keinerlei geistigen Schutz. Die lange zurückliegenden Erinnerungen an ihren Unfall, verbunden mit Chaumels Fähigkeit, sie hier
festzuhalten und ihrer normalen Funktionen zu berauben, könnte sie den Verstand kosten.
»Bitte«, flehte Keff. »Ich werde kooperieren. Ich werde alles tun, was du willst. Spiel bitte nicht so mit ihr herum. Du schädigst sie mehr, als du begreifen kannst. Gib sie frei.«
Chaumel setzte sich auf Keffs Andruckliege, die Hände leicht gefaltet. In seine glitzernden Roben gehüllt, sah er aus wie der Zeremonienmeister bei einem dämonischen Ritual.
»Bevor ich einen Finger hebe und meine Gefangene
freigebe«, er richtete seinen überlangen Zeigfinger auf Keff,
»möchte ich wissen, wer ihr seid und was ihr hier zu
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