Raumschiff 5 - Carialle
ihn auf und plazierte ihn erneut, diesmal mit der Hand unter ihrem langen Umhang.
»Mach das noch einmal, Cari!«
Diesmal brauchte Cari einen geringfügig stärkeren Statikstoß auf der fraglichen Frequenz, doch immerhin gelang es ihr, den Zauberbann zu brechen. Wieder stürzte der Schuh zu Boden.
Plennafrey legte ihn erneut an.
»Ohne Frequenzbestätigung keine Energie«, flüsterte Carialle ihrem Muskel ins Ohr. »Jetzt brauche ich mich nur noch bereitzuhalten, um die Energiesignale der
nächsten
Zaubermenschen aufzufangen, dann kann ich auch seine Zauber unterbrechen. Ich fürchte nur, daß es innerhalb eines derart engen Spektrums zu Überlagerungen auf andere
Gegenstände kommen könnte, die ich gar nicht ausschalten möchte. Dabei reduziere ich die Toleranzspannen schon so gut es geht.«
»Gute Arbeit, Cari«, bemerkte Keff. Er rieb sich die Hände.
»Du bist ja ziemlich fröhlich, nur weil ein Schuh abgestürzt ist«, meinte Chaumel.
»Ja, denn das könnte möglicherweise die Antwort auf die Frage nach dem Umgang mit Abweichlern sein«, erklärte Keff.
Das Aufblitzen von Gold vor dem dunklen Himmel richtete ihre Aufmerksamkeit auf den Balkon, der durch die hohen Türen zu sehen war. Nokias materialisierte ganz allein unmittelbar über Chaumels Residenz und landete auf dem nächstgelegenen Platz vor der Tür. Wie in ihrer Nachricht erbeten, war er in aller Diskretion angereist, also ohne Hofstaat. Chaumel erhob sich aus seinem Liegesessel und trat hinaus, um seinen hohen Gast in Empfang zu nehmen.
»Großer Zauberer Nokias! Dein Besuch ist eine Ehre für mein armseliges Heim. Wie freundlich von dir, dir die Mühe zu machen, es aufzusuchen. Ich wäre untröstlich, sollte meine Botschaft dir als etwas anderes erschienen sein denn eine demütige Bitte.«
Nokias’ Antwort blieb unhörbar. Chaumel fuhr in derselben lauten Stimme fort, den Hexer des Südens mit Komplimenten zu überschütten. Keff und Plenna hielten sich hinter den verhangenen Türen verborgen und hörten zu. Plenna
unterdrückte ein Kichern.
»Er trägt ja ziemlich dick auf, nicht wahr?« flüsterte Keff.
Das Mädchen mußte sich beide Hände auf den Mund pressen, um nicht in ein Trillern der Erheiterung auszubrechen.
Unter Chaumels Lobesbombardement verbesserte sich
Nokias’ Laune merklich, und als er in den großen Saal trat, wirkte er recht aufgeräumt.
»Weshalb das Beharren auf Geheimhaltung, alter Freund?«
fragte der Hochhexer und schlug Chaumel dabei eine seiner riesigen Pranken auf den Rücken.
»Es gibt da eine Angelegenheit, die ich nur mit dir
besprechen möchte, Nokias«, erklärte Chaumel. Er gab den anderen in ihrem Versteck ein Zeichen.
Keff trat hinter dem Vorhang hervor, Plenna nach sich ziehend.
»Guten Abend, Hochhexer«, sagte er mit tiefer Verneigung.
Nokias’ schmales Gesicht verfinsterte sich vor Zorn.
»Was tun die denn hier?« wollte er wissen.
Chaumel ließ sich in seiner aalglatten Schmeichelei nicht aus dem Takt bringen.
»Keff hat dir eine Geschichte zu erzählen, Hochgestellter«, sagte er. »Über unsere Vorfahren.«
Carialle, die hundert Klicks entfernt im Osten allein auf der nachtverhangenen Ebene stand, überwachte das Gespräch durch Keffs akustische und visuelle Implantate. Chaumel war wirklich gut. Jeder Schachzug, jede Geste diente dazu, die Zuhörer auf seine Seite zu bringen. Sollte er Ozran jemals verlassen, würde der Diplomatische Dienst ihn jederzeit mit Kußhand nehmen.
Carialle behielt ihn im Auge, während sie gleichzeitig ihre Archive durchforstete. Ihre Aufgabe bestand darin, auf Stichworte die Bilder zu liefern, die Chaumel haben wollte.
Dazu waren gewisse Erfordernisse zu erfüllen. Die Auswahl der holographischen Videos mußte ein abweisendes Publikum überzeugen. Und abweisend würde Nokias schon sein, wenn Chaumel erst am Ende seines Vortrags angekommen war.
»Du bist sicherlich neugierig darauf zu erfahren, weshalb ich dich hierhergebeten habe, nachdem wir doch den ganzen gestrigen Tag und den ganzen Morgen zusammen verbracht haben, Hochhexer«, sagte Chaumel jovial, »aber inzwischen ist etwas Wichtiges zutage getreten, und da wollte ich dich als ersten um Hilfe bitten.«
»Mich?« fragte Nokias, sichtlich geschmeichelt. »Aber was ist denn los?«
»Ach, ja«, machte Chaumel und sprach in die leere Luft hinaus: »Carialle, wenn ich bitten darf?«
»Carialle?« fragte Nokias und musterte erst Plennafrey, dann Keff. »Hat er zwei Namen?«
»Nein,
Weitere Kostenlose Bücher