Raumschiff 5 - Carialle
flexibel die M-P-Körper tatsächlich seien. Dies alles war kein Thema für sie. Und sie war sich auch noch nicht völlig darüber im klaren, weshalb Keff der Meinung war, daß sie wie andere Menschen sein sollte, die oft so tolpatschig wirkten, reichlich empfindlich und ganz unverkennbar verletzlich.
Sie startete Simeons Geschenkband, um diesen
unproduktiven und ein wenig beunruhigenden Gedankengang zu unterbrechen. Obwohl Carialle eine Bibliothek besaß, in der sich Bandaufnahmen von sämtlichen Tier-und Vogelarten befanden, die jemals entdeckt wurden, genoß sie die Armut der Katzen doch am meisten, die geschmeidige Sehnigkeit ihrer Muskulatur. Dieses Dataeder zeigte als erstes eine riesige gefleckte Katze, die gerade vorwärts schlich, eine einzige fließende Bewegung in der Zeit, Kopf und Rücken geduckt und außer Sichtweite, als bewegte sie sich dicht unter einem dicken Brett. Die Schafe mit den Stoßhörnern auf der gegenüberliegenden Seite des Unterholzes konnten sie nicht sehen. Bewundernd beobachtete Carialle, wie die Katze zuckte, ihren Körper zusammenzog, lossprang und sofort blitzschnell auf ihre Beute zujagte. Carialle fror das Bild ein und spulte es ein Stück zurück bis zu dem Augenblick, da die herrliche Kreatur losjagte. Sie bewunderte die anmutige Bogenlinie ihres Rückens, das Strecken der Vorderglieder, die Sprungfederkraft der Hinterläufe. Carialle überlegte sich die Komposition des Bilds, das sie malen würde: das fliehende Schaf, mit seinem törichten Gesichtsausdruck, den weit aufgerissenen Augen und den abgespreizten Beinen,
eingefroren vor der hinter ihm lauernden, herrlichen, seidigen Gefahr.
Während Carialle das Bild konzipierte, führte sie gleichzeitig Gravitationsanalysen durch, berechnete die wahrscheinliche Strahlungswirkung einer goldgelben Sonne, die Position eines Lichtpunkts, der sehr wahrscheinlich einen Planeten darstellte, sowie ein weiteres Computermodell, während sie beiläufig auch mit sich selbst Wetten darüber abschloß, ob es ihnen gelingen würde, eine fremde Rasse zu entdecken und wie diese wohl aussehen mochte.
KAPITEL 3
Keff ignorierte die spitzen Zweige, die sich in den Bauch seines Planetenanzugs bohrten, während er zappelnd vorwärts kroch, um einen besseren Blick zu bekommen. Jenseits des dünnen Schutzschirms der dornbelaubten Sträucher war das schiere Wunder zu sehen. Er traute seinen Augen nicht so recht. Sich seinem Ziel weiter zu nähern, könnte und würde nichts an dem ändern, was er schon aus der Ferne
wahrzunehmen vermochte, es sei denn, daß hier irgend jemand mit optischen Täuschungen spielte – dennoch kroch er unter Schmerzen Zentimeter um Zentimeter weiter. Keine hundert Meter entfernt hackte ein Arbeitstrupp auf den harten Ackerboden ein und holte Wurzelfrüchte daraus hervor: zweibeinige, bilateral symmetrische Wesen, geschlechtlich heterogen, offenbar den Säugetieren zuzuordnen und mit einer überragenden Schädelentwicklung. Abgesehen von dem
leichten Pelz, der bis auf Lippen, Handflächen, Fußsohlen, kleine Ringe unter den Augen und möglicherweise einige andere Körperstellen, die Keff unter der schlichten Bekleidung nicht ausmachen konnte, hatten sie eine erstaunliche Ähnlichkeit mit Menschen. Mit zottigen Menschen.
»Perfekt!« hauchte er in sein Mikrofon, und das nicht zum erstenmal, seit er damit begonnen hatte, Carialle mit Informationen zu versorgen. »Sie sind in jeder Hinsicht perfekt.«
»Menschen-Chauvi!« ertönte Carialles leise Stimme in dem Schädelimplantat hinter seinem Ohr. »Nur weil sie die Gestalt des Homo sapiens aufweisen, sind sie noch nicht perfekter als andere intelligente Humanoide oder menschenähnliche Rassen, denen wir schon begegnet sind.«
»Ja, aber denk doch mal darüber nach«, wandte Keff ein, während er ein weibliches Exemplar beobachtete, dessen Brüste schwer von Milch waren und das bei der Arbeit ihren Nachwuchs in einer Schlinge am Rücken trug. »Sie sind uns so unglaublich ähnlich!«
»Du sprichst wohl über dich selbst«, meinte Carialle etwas verschnupft.
»Na ja, sie sehen doch fast genauso aus wie Menschen.«
»Bis auf den Pelz und die Hundegesichter.«
»So hundeähnlich sind ihre Gesichter gar nicht«, protestierte Keff, doch wie immer hatte Carialles Künstlerauge die Ähnlichkeit sofort erkannt und auf den Punkt gebracht. Es war die mähnenartige Haarkrause, welche die Gesichter der ausgereiften Erwachsenen einrahmte, die Keff in die Irre geführt hatte. »Eine
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