Raumschiff 5 - Carialle
hatte er einen Teil der Ereignisse bereits vergessen.
Wenn es Brannel gelingen sollte, ihn später lange genug abzulenken, würden Fralim die Gründe für seinen Zorn für alle Zeiten entfallen und in der Schwärze der Erinnerung
versinken, die fast jedem Dienenden auf Ozran zusetzte.
Brannel beschloß, die Gunst der Stunde zu nutzen, und nannte dem Zauberer den Namen eines jeden Arbeiters. Fralim wurde bleich unter seinem Fell, lächelte aber zähneknirschend zurück, als Keff seinen Namen wiederholte.
Der Fremdenzauberer fragte nach sämtlichen Wurzelarten, nach allen Blumen und Kräutern in dem geschützten Garten am Höhleneingang. Zweimal versuchte er, die Heimhöhle zu betreten, hielt aber inne, als er Brannel nervös auf der Schwelle stehenbleiben sah. Das überzeugte den Landarbeiter noch mehr davon, daß dieser Zauberer nicht so war wie die anderen: Er wußte offensichtlich nicht, daß das Betreten des Heims zwischen Morgen-und Abenddämmerung bei Strafe verboten war.
Gegen Abend erschien die zubereitete Nahrung für die Dorfbewohner auf dem Steinquadrat, wie es mehrmals am Tag geschah. Brannel würde einfach so tun müssen, als würde er essen, und konnte nur darauf hoffen, seinen knurrenden Magen unter Kontrolle zu behalten, bis er den Hunger später aus seinen geheimen Vorräten stillen konnte. Er hatte bereits einen langen, anstrengenden Arbeitstag hinter sich gehabt, bevor er auch noch seinen Verstand hatte anstrengen müssen, um dieser Herausforderung gerecht zu werden.
In der Menge, die ihnen auf den Fersen folgte, machte sich Gemurmel breit. Die Kinder waren ebenfalls hungrig und hatten weder die Manieren noch die Klugheit, dies allenfalls mit leiser Stimme kundzutun. Da sie den Zorn des zu Besuch weilenden Zauberers nicht reizen wollten, berieten Alteis und Mrana sich gerade, ob sie es wagen durften, dem Erhabenen eine so erbärmliche Kost anzubieten. Sollten sie die Visite des Gewaltigen überhaupt unterbrechen, indem sie die Arbeiter essen ließen? Was war zu tun?
Brannels nahm sich dieses Problem an. Respektvoll auf Distanz bleibend, führte er Keff zu dem Steinquadrat und hob den Deckel eines der riesigen, verschlossenen Kessel. Mit einer Hand tat er, als würde er aus dem dampfenden Topf etwas Gemüsebrei zu sich nehmen.
Keffs Augen weiteten sich verständig, und er lächelte.
Wenngleich er alle Angebote, selbst etwas von dem Brei zu sich zu nehmen, mit einem Winken abtat, ermunterte er die Dörfler doch mit freundlichen Gesten, vorzutreten und zu essen. Da er wußte, daß Alteis das Geschehen beobachtete, war Brannel gezwungen, sich den anderen anzuschließen. Er verzehrte ein paar winzige Happen, doch so langsam, wie er es nur wagen durfte.
Glücklicherweise gab es eine Menge Ablenkung, die sein Zögern beim Essen überspielten. So erkundigte Keff sich nach den Bezeichnungen der Lebensmittel und danach, woraus ein jedes bestand; er deutete auf rohes Gemüse und gab fragende Geräusche von sich.
»Gedämpfte Apfelsinenwurzel«, erklärte Brannel und zeigte dem Zauberer den entsprechenden Abschnitt. »Getreidebrot.«
Anhand des Getreidefutters für die Pflugtiere führte er ihm die entsprechende Art vor. »Gemüsebrei. Geschnittene
Hülsenfrüchte, in Bohnenöl gebraten.« Bohnen gäbe es keine, weil die Zauberer sie im Vormonat abgeerntet und
eingesammelt hatten, und so verwendete Brannel kleine Steine von der ungefähren richtigen Größe und tat so, als würde er sie zerquetschen. Keff verstand ihn, das war Brannel klar. Er reagierte ebenso aufgeregt wie der Zauberer, als der Kasten einige der richtigen Geräusche von sich gab, so als lägen ihm die Worte auf der Zunge: Frat, Frut, Brat, Brut, Brot.
»Brot! Das ist richtig«, sagte Brannel begeistert, als Keff wiederholte, was der Kasten gesagt hatte. »Das ist richtig, Zauberer-Gebieter: Brot!«
Keff schlug Brannel kräftig auf den Rücken. Der Arbeiter zuckte zusammen und hielt die Luft an, doch es war eine Geste der Freundlichkeit und nicht der Mißbilligung – ganz so, als wäre Keff ein Werksgenosse, ein Nachbar, ein… ein Freund.
Er versuchte zu lächeln. Die anderen gingen in die Knie und bedeckten die Köpfe mit den Armen, fürchteten den drohenden Blitz.
»Brot«, wiederholte Keff glücklich. »Ich glaube, ich habe es.«
»Wirklich?« fragte Carialle in seinem Ohr. »Und wo fischt Fischers Fritze nun genau seine frischen Fische?«
»Ozran, glaube ich«, sagte Keff subvokal, als die Dörfler sich wieder vom
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