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Raumschiff 5 - Carialle

Raumschiff 5 - Carialle

Titel: Raumschiff 5 - Carialle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne McCaffrey
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Schwelle getreten, als die
    Dunkelheit im Raum einem milchigen Leuchten wich, das aus der Wandsubstanz selbst hervorzuschimmern schien.
    »Cari, ist das etwa radioaktiv?« fragte Keff. Durch den rauhen Stein wurde sein Flüstern zu einem gespenstischen Rauschen verstärkt.
    »Nein. Ich bekomme überhaupt keine Messungen, was das Licht betrifft. Merkwürdig.«
    »Magie!«
    »Hör endlich auf damit«, warf Carialle mürrisch ein. »Ich behaupte, es ist eine Form von Energie, mit der ich nur noch nicht vertraut bin.«
    Anders als alle anderen Räume in Chaumels Adlerhorst, die Keff bisher zu Gesicht bekommen hatte, hatte dieser eine tief hängende, unverzierte Decke aus rauhem Granit, die sich eine knappe Armlänge über ihren Köpfen befand. Keff hatte das Gefühl, sich vorneigen zu müssen, um nicht dagegenzustoßen.
    Chaumel bewegte sich über den Boden wie ein Mann in einer Kapelle. Das Mobiliar des schmalen Raums verstärkte diesen Eindruck noch. Gegenüber der Tür befand sich ein gegossener silberner Tisch, einem Altar nicht unähnlich, auf dem fünf im Kreis angeordnete Gegenstände auf einem bestickten Tuch lagen. Keff folgte Chaumel auf Zehenspitzen.
    Die Gegenstände selbst waren nicht besonders
    beeindruckend: ein Metallarmband von etwa zwölf
    Zentimetern Durchmesser; eine Silberröhre; eine abgeflachte Scheibe, die rund um den Außenrand mit halbmondförmigen Ausstanzungen versehen war; ein Keil aus durchsichtigem Kristall, dessen Ende mit einem stumpfen Metallstück verschmolzen war, sowie ein Hohlzylinder, der eine gewisse Ähnlichkeit mit einem Marmeladenglas aufwies.
    »Was ist das?« fragte Keff.
    »Kraftgegenstände«, erklärte Chaumel. Er nahm sie
    nacheinander auf und zeigte sie Keff. Dann nahm er sich wieder den Reif vor und drehte ihn herum, damit Keff den inneren Bogen sehen konnte. In die ansonsten glatte Fläche waren in einem Abstand von etwa zwei Zentimetern fünf Einbuchtungen eingelassen. Chaumel zeigte Keff nacheinander jede ihrer Markierungen. Bei der letzten legte er die Fingerspitzen in die Mulden und entriß Keff den Reif.
    »Aha«, sagte Keff begreifend. »Man braucht also fünf Finger, um die zu benutzen.«
    »Dann dient die Amputation also dazu, die Diener daran zu hindern, eine Palastrevolte zu organisieren«, ergänzte Carialle.
    »Mit nur vier Fingern verfügt keiner von ihnen über die Handfertigkeit, die Dinger zu benutzen.«
    »Hm«, machte Keff. »Wie alt sie wohl sind?« Er trat dichter an den Altar heran und beugte sich über das Tuch.
    »Alt, alt«, sagte Chaumel und tätschelte dabei das
    Marmeladenglas.
    »Es sind wirklich Artefakte der Ahnen«, bestätigte Carialle, nachdem sie die Gegenstände mit Hilfe von Keffs
    Augenimplantaten überprüft hatte. »Der Reif übrigens auch.
    Die anderen drei sind Erzeugnisse der Ahnen, einige davon mit nachträglichen Anpassungen der Alten. Alle haben fünf in die Struktur eingearbeitete Druckplatten. Deshalb hat Brannel auch versucht, meine Palette an sich zu nehmen. Die hat fünf Mulden, genau wie diese Gegenstände. Wahrscheinlich hielt er sie auch für einen derartigen ›Kraftgegenstand‹.«
    »Merkwürdiger Zufall: Beide Alienrassen hier waren
    fünffingrig, genau wie die Menschen. Ich frage mich
    allmählich, ob das nicht ein allgemeines, galaktisches Grundmerkmal aller technologisch fortgeschrittenen Rassen ist«, warf Keff ein, »fünffingrige Hände…«
    Chaumel jedenfalls schien äußerst stolz auf seine fünf Finger zu sein. Nachdem er das Marmeladenglas abgesetzt hatte, rieb er sich die Hände; dann schnippte er unsichtbare Staubflecken von seinen Fingernägeln und nahm sich die Zeit, sie genüßlich von vorn bis hinten zu bewundern.
    »Na ja, es sind ja wohlgeformte Hände«, meinte Carialle.
    »Sie wären selbst in Michelangelos Fresken in der Sixtinischen Kapelle eine wahre Zierde, wenn sie nicht diese verrückten Proportionen hätten.«
    Keff studierte Chaumels Hände genauer. Zum erstenmal fiel ihm auf, daß die Daumen, die ihm schon ziemlich lang erschienen waren, lebensechte Prothesen aufwiesen, komplett mit Fingernägeln und winzigen Haarbüscheln, was sie ebenso lang machte wie die Zeigefinger. Der kleine Finger war so lang wie der Ringfinger, was das Auge empörte, sahen die Finger dadurch doch insgesamt so aus, als wären sie gerade
    abgeschnitten worden. Ohne Keffs Blick so recht zu bemerken, zog Chaumel an seinen kleinen Fingern.
    »Versucht er dadurch etwa, sie länger zu machen?« fragte Carialle.

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