Raumschiff 5 - Carialle
ganz normal. Du brauchtest dich nicht für die Machtgelüste eines anderen zu opfern.«
»Aber es war doch mein Vater! Ich habe seinen Willen respektiert. Ist das dort, wo du lebst, denn nicht so?« fragte das Mädchen.
»Nein«, erwiderte Keff mit schärferer Betonung, als er eigentlich vorgehabt hatte. »Dort würde kein Vater so etwas tun. Für uns ist das Leben etwas Heiliges.«
Plennafrey starrte auf ihre Hände. Dann sagte sie mit leisem Seufzen: »Ich wünschte, ich würde auch dort leben.«
»Langsam verabscheue ich diese Welt immer mehr«, sagte Carialle, der noch vor ihrer Geburt bereits besondere Eingriffe zuteil geworden waren, um ihr Leben zu retten. »Korruption wird belohnt, und wegen Kindermordes hebt niemand auch nur eine Augenbraue. Die Macht ist das wichtigste, wichtiger als Familie, Leben, Vernunft. Wir werden darauf hinwirken, daß man diesen Planeten nach unserer Rückkehr per Dekret von jedem Kontakt ausschließt. Sie verfügen über keine
Raumfahrt; deshalb brauchen wir uns für die nächsten paar Jahrtausende keine Sorgen darüber zu machen, daß sie plötzlich auf den Zentralwelten aufkreuzen könnten.«
»Erst mal müssen wir wieder von hier wegkommen«,
erinnerte Keff sie. »Vielleicht können wir ihnen ja noch helfen, alles wieder hinzubiegen, bevor wir gehen.«
Carialle seufzte. »Natürlich hast du recht, Ritter in glänzender Rüstung. Wir sollten wirklich alles tun, was wir können. Ich kann nur den Gedanken nicht ertragen, was dieses arme Mädchen alles durchgemacht hat.«
Keff wandte sich wieder Plennafrey zu. Die blickte starr zu Boden, ohne ihn wirklich zu sehen, und hing ihren Gedanken über die Vergangenheit nach.
»Bitte, Plennafrey«, sagte Keff und verlieh seiner
ozranischen Aussage so viel eindringlichen Charme, wie er nur konnte. »Ich bin neu in deiner Welt, und ich möchte etwas über dich und dein Volk erfahren. Das interessiert mich sehr.
Was ist denn das hier?« fragte er und nahm den nächstbesten unidentifizierbaren Gegenstand auf.
Sie ließ sich tatsächlich von ihm ablenken und hob den Blick.
Keff hielt ihr den kleinen Zylinder entgegen, und sie mußte lächeln.
»Das ist eine Musikdose«, sagte sie. Ihrer Anweisung folgend, schüttelte er den Kasten hin und her, um ihn dann wieder abzusetzen. Die Seitenwände klappten auf, und eine liebliche, leicht blechern klingende Melodie ertönte. »Das habe ich schon seit… ach, seit meiner Kindheit.«
»Ist es alt?«
»Ja, ein paar Generationen alt. Mein Vatersvatervater«, sie kicherte, als sie es an den Fingern abzählte, »hat es für seine Frau gemacht.«
»Es ist schön. Und was ist das da?« Keff stand auf und griff nach dem kurzen, gedrehten Faden mit dem runden Anhänger.
Die undurchsichtige Substanz glitzerte im Lampenlicht blau, grün und rot.
»Das ist ein Spielzeug«, erklärte Plennafrey, und die leichte Rötung ihres Gesichts gab ihr wieder einen Hauch ihrer ursprünglichen Vitalität zurück. »Es verlangt einige Fertigkeit.
Es ist nicht magisch. Ich bin sehr gut darin. Meine Brüder waren nie so geschickt.«
»Zeig es mir«, forderte Keff sie auf. Sie stellte sich neben ihn und wickelte den Faden um die Mittelrille des Anhängers.
Dann schob sie den Zeigefinger durch die Schlaufe am Ende des Fadens, nahm das Spielzeug in die Handschale und warf es. Es spulte sich ab und schnellte in ihre Hand zurück. Sie ließ es noch einmal hervorschießen, führte die Hand diesmal jedoch so, daß ihr der Anhänger an ihrem Kopf vorbei zwischen die Knie fuhr und erst danach wieder in ihre Hand zurücksauste.
»Ein Jo-Jo!« sagte Keff entzückt.
»Habt ihr auch solche Dinger?« fragte Plennafrey. Sie lächelte ihn an.
Keff grinste. »O ja. Aber das hier ist viel schöner als die, mit denen ich früher gespielt habe. Es ist das reinste Kunstwerk.
Darf ich es mal versuchen?«
»In Ordnung.« Plenna schälte den Faden vom Finger und reichte Keff das Spielzeug. Er nahm es entgegen, wobei seine Hände für einen flüchtigen Augenblick die ihren umfaßten.
Dann ließ er das Jo-Jo mehrmals in gerader Linie auf und ab schnellen, spielte mit ihm ›Weltumrundung‹ und schwang es schließlich im Trapez.
»Du bist auch sehr gut«, meinte Plenna erfreut. »Magst du mir zeigen, wie du das gerade eben gemacht hast?«
»Ist mir ein Vergnügen«, erwiderte Keff. Er legte das Spielzeug wieder in ihre Hände. Als seine Handflächen die ihren berührten, empfand er beinahe so etwas wie einen elektrischen
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