Raumschiff der toten Seelen
Mann vorgesprungen und ergriffen ihn. Brutal bogen sie seine Arme nach hinten und hielten sie auf dem Rücken fest.
Gleichzeitig geschah Ähnliches auch mit Par-Ker und Har-Con.
Zwar gelang es Par-Ker, seine ersten beiden Gegner abzuschütteln und zu Boden zu werfen, aber dann erlag er der Übermacht. Hilflos und unfähig, auch nur ein Glied zu rühren, mußte er zusehen, wie Hen-Dra mit höhnischem Grinsen auf die Tür zuging und seine Rechte auf den roten Hebel legte. Noch einmal wandte sich der Physiker um.
„Wenn ich nun den begonnenen Vorgang wieder rückgängig mache, werden die Weisen niemals erwachen. Soviel verstehe ich nun inzwischen auch von dem technischen Vorgang, daß ich mit einiger Sicherheit behaupten kann, der jetzige Vorgang der Vereisung setzt überhaupt nicht mehr ein oder nur sehr langsam. Und das bedeutet das Ende für die im Kälteschlaf Liegenden. Mehr aber wollen wir nicht.“
Er wandte sich nicht einmal von seinen Gefangenen ab, als er seinen Handballen gegen den Hebel drückte. Erst als dieser ihm mehr Widerstand entgegensetzte, als er vielleicht erwartet hatte, drehte er sich um.
Noch einmal versuchte er es, aber mit dem gleichen Mißerfolg.
Der rote Hebel rührte sich nicht von der Stelle.
Hen-Dra wurde unruhig.
„Nimm meine Waffe, Ger-Ma“, forderte er seinen Genossen auf. „Wahrscheinlich ist eine Sicherheitssperre zu überwinden, und ich schaffe es nicht mit einer Hand.“
Aber auch mit den beiden Händen gelang es ihm nicht, seine Absicht in die Tat umzusetzen. Der Hebel saß so fest im Gefüge der roten Tür, als sei er ein Teil von ihr.
Haßerfüllt wandte sich Hen-Dra an Par-Ker.
„Was hast du angestellt? Verrate mir das Geheimnis der Sperre, oder ich lasse dich töten.“
Par-Ker schüttelte den Kopf, den einzigen Körperteil, den er noch bewegen konnte.
„Ich weiß nichts von einer Sperre. Ganz im Gegenteil, der Hebel ließ sich leicht bewegen. Ich tat es mit einer Hand. Es kann nur sein, daß die Erbauer an eine Sicherheitsvorrichtung gedacht haben, die ein Bewegen des Hebels unmöglich machen, wenn der Erwachungsprozeß einmal angelaufen ist.“
Ger-Ma nickte seinem Genossen zu.
„Er kann recht haben, Hen-Dra. Dann hätten wir zu lange mit unserem Entschluß gewartet.“
Der andere nickte.
„Es wird unseren Freunden nicht viel nutzen. Wir warten eben den Tag ab, an dem die Weisen aus ihrem freiwilligen Gefängnis hervortreten werden, und erledigen sie dann. Bis dahin bleiben Har-Con und seine beiden treuen Vasallen unsere Gefangenen. Sie sollen nicht versäumen, den Sieg über diese groß-mächtigen Narren zu erleben, die unsere Herren und Meister sein wollen.“
Ra-Kles nickte gelassen seinen Freunden zu, als sich der Zug in Bewegung setzte.
Schweigend und drohend blieb die rote Tür zurück.
Par-Ker vermeinte, die von ihr ausgehende Kälte noch lange zu verspüren. Dann aber überwand sein Optimismus die trüben Gedanken, die sich einzuschleichen drohten.
Sie hatten drei weitere Monate Frist.
Bis dahin konnte viel geschehen …
Etwa sechs Wochen später befanden sich die drei Führer der irdischen Raumexpedition immer noch in der Gewalt der Meuterer.
Sie wohnten in einem der kleinen Fertighäuser und konnten sich darin frei bewegen. Draußen standen die sich in regelmäßigen Zeitabständen ablösenden Wachen. Eine Flucht war dabei so gut wie aussichtslos.
Har-Con hatte den Verdacht geäußert, daß Hen-Dra es nicht einmal für nötig befunden habe, die Kolonie von dem Vorgefallenen zu unterrichten. Lediglich die zwanzig Mann, die bei dem Überfall anwesend gewesen waren, schienen eingeweiht. Vom Fenster aus war es unmöglich, die Nummer auf den Uniformen der Wächter zu erkennen, aber es konnten immer wieder die gleichen Leute sein. Die gleichen Gesichter waren nicht zu unterscheiden.
Man würde sie vermissen, aber eine Ausrede war sicher schnell gefunden. Expedition zu den Eingeborenen oder Erkundung zum Meer. Man würde es vorbehaltlos glauben.
Täglich erhielten die Gefangenen ihre Tablettenration und dazu jedes Mal ein winziges Stück von dem aus dem geernteten Getreide hergestellten Brot. Sie aßen es, ohne Schaden zu nehmen, aber sie wurden auch nicht satt davon. Dazu war die Menge noch zu gering.
Immerhin bewies diese Tatsache, daß die neuen Herren der Kolonie unter allen Umständen gewillt waren, sich der neuen Welt anzupassen und ihren Metabolismus umzustellen. Im Verlauf von hundert Jahren war das kein aussichtsloses Beginnen.
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