Raumschiff Monitor - Alle sechs Romane
mir sehr rasch eine Vorstellung von seiner Bücherei gemacht.«
»Und was kam dabei heraus?« fragte Tati.
»Während ihr euch unterhalten habt, schnüffelte ich Buch für Buch durch«, fuhr Superhirn fort. »Ich fand alles mögliche, nur nichts über Gesteine, Meteorologie, oder gar über Strahlen und Organverpflanzung. Statt dessen blätterte ich in einem alten Kochbuch, in einem dicken Briefmarkenkatalog, einer total veralteten Schwarte über Großturbinen, also Kraftmaschinen, verschiedenen, längst nicht mehr gültigen Reiseführern, in Büchern über Gartenkunde – und in zerfledderten Ausgaben der Dramen großer Dichter. Kurz, ich fand dasselbe, was man in einem Ramschladen findet.«
»Mensch, das könnte mit zu dem Geheimnis gehören«, vermutete Henri.
»Dachte ich auch!« nickte Superhirn. »Ich achtete darauf, ob Buchstaben unterstrichen, bestimmte Stellen durchstochen seien, ob manche Seiten Eselsohren hätten – ich habe nichts bemerkt. Nur eins, und das mit Sicherheit. Die Bücher waren so verstaubt, als seien sie monatelang nicht angerührt worden.«
»Was schließt du daraus?« fragte Prosper.
»Daß die alten Schmöker auch nur zur Tarnung da sind. Charivari verläßt sich darauf: Wenn wirklich ein Besucher kommt – Herr Dix zum Beispiel –, guckt der nicht in die Bücher hinein. Er sieht nur, daß da ein Haufen Lesbares steht und liegt, wie's sich eben für einen komischen Professor gehört. Er hat auch einen anderen Fehler gemacht!«
Tati runzelte die Stirn. »Welchen?« fragte sie.
»Ihr seid mir gute Beobachter, ich sag's ja!« spöttelte Superhirn. »Denkt mal nach! Ist euch nichts aufgefallen?«
»Wüßte nicht ...«, murmelte Gérard.
Die anderen schwiegen.
»Er hat den Teekessel auf seinen Schreibtisch gestellt, auf den Bretterschreibtisch – seit wann ist das ein Herd? Dann hat er den Teebeutel reingehängt – fertig war das Getränk! Und schön heiß, nicht? Micha hat sich die Zunge verbrannt!«
»Junge, Superhirn, du hast recht!« rief Tati fassungslos. »Aber kann er das Wasser nicht vorher warm gemacht haben?«
»Womit und worauf?« erwiderte Superhirn. »Ich habe mich überall umgesehen. Ich habe den Ofen angefühlt, er war kalt. Und der Teekessel kann vorher nicht heiß gewesen sein, sonst hätte Charivari ihn nicht mit beiden Händen angefaßt. Ist euch an dem Ofen nichts aufgefallen?«
»Es war so'n alter, runder, eiserner Ofen, wie man ihn manchmal im Film sieht, im Wildwestfilm«, meinte Henri.
»Er sah so aus!« berichtigte Superhirn. »Aber er schien ziemlich neu zu sein – und für die kleine Hütte war sein Durchmesser reichlich groß!«
»Rätsel, Rätsel, nichts als Rätsel!« seufzte Prosper.
»Ja, wahrhaftig«, nickte Superhirn. In dem Bretterschreibtisch könnte ein Mikrowellen-Herd verborgen sein. Wir sind einem Geheimnis auf der Spur – ich nehme an, einem ganz, ganz großen Geheimnis! Wollt ihr immer noch, daß wir im Hochmoor bleiben?«
»Ja!« sagten alle wie aus einem Munde. Sogar Micha hatte zugestimmt.
»Gut«, erklärte Superhirn befriedigt. »Ich wäre nicht 'Superhirn', wenn es mich nicht reizen würde, dieses Geheimnis zu lüften!«
»Und ich wäre nicht Gérard, wenn ich jetzt nicht Hunger hätte«, lachte Gérard. »Los, Kinder, gehen wir in unser Lager!«
»Lauft um euer Leben!«
Um die Gemüter wieder ins Gleichgewicht zu bringen, kochte Tati an diesem Abend eine große Menge Mandelpudding mit Rosinen. Nach dem Essen lagen die Gefährten in einer Sandmulde behaglich um ihr kleines Lagerfeuer. Micha streichelte Loulou, Gérard spielte Gitarre, Prosper, Henri und Tati sangen leise mit.
Plötzlich richtete sich der Kleine auf. Er lachte. Er lachte, als habe jemand etwas Lustiges gesagt. Gérard setzte die Gitarre ab, Prosper, Henri und Tati hörten auf zu singen.
»Was hast du denn?« fragte Tati erstaunt.
Ach weiß nicht, mir kommt's vor, als hätte ich das alles nur geträumt!« kicherte Micha. Henri wollte eine scharfe Bemerkung machen, doch Superhirn sagte ruhig: »Der Kleine hat recht. Wenn ihr ehrlich seid, werdet ihr zugeben müssen, daß ihr das gleiche denkt. Unwahrscheinliche Dinge wollen einem einfach nicht in den Kopf.«
»Ich weiß, was du meinst«, nickte Tati. »Wir sitzen hier am Lagerfeuer, Gérard spielt Gitarre, Micha streichelt Loulou.«
»Und ich hab den herrlichen Nachgeschmack des Puddings auf der Zunge«, grinste Prosper.
»Eben!« Superhirn richtete sich auf. »Gitarre, Pudding, Lagerfeuer, Pudel –
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