Raumschiff Monitor - Alle sechs Romane
kein fremder Gedanke in mir auf, keine Antwort des Professors kommt. Möglicherweise kann er uns auf diese große Entfernung weder empfangen noch erreichen!«
»Dreh den Verstärkerring, so weit du kannst«, forderte Tati.
»Schon geschehen«, murmelte der Bruder.
»Gérard hat recht«, ließ sich Micha hören. »Wir müssen endlich aus dem ollen Raumschiff raus! Ich will den fremden Stern sehen! Vielleicht ist das eine wunderbare Gegend, in der man alles findet, was man sich wünscht!«
»Eine Art Schlaraffenland?« lachte Prosper. »Du hast Nerven, Kleiner! An den Sichtschirmen sind noch keine gebratenen Tauben entlanggeflogen!«
»Wenn sich der Professor nicht meldet, müssen wir abwarten, bis Superhirn aufwacht«, sagte Henri entschieden.
Aber da – wo waren auf einmal die Wände des Raumschiffs? Wo befanden sich die Gefährten unversehens?
»Schnee? Mir wirbelt Schnee ins Gesicht Hilfe! Wo seid ihr?« schrie Micha verblüfft. Und schon brüllte auch Gérard: »Der Wind weht mich weg. Ich sehe euch nicht mehr. Monitor hat sich in Luft aufgelöst und überall ist Schnee!«
»Micha!« rief Tati verzweifelt. »Micha! Ich weiß nicht, wo Himmel und Boden ist! Der Sturm! Micha, wo bist du?«
»Mir nach!« forderte Henri sie auf. »Ich höre Loulou winseln. Dahinten muß so was wie ein Wald sein!«
»Halt, halt!« keuchte Prosper. »Es ist auf einmal so dunkel! Die Nacht kommt verdammt plötzlich hier! Trotzdem sehe ich einen Schatten im Schnee!«
»Loulou!« schnaufte Micha.
»Nein – nein ...« stammelte Gérard. »Wölfe! Das da ist nicht Loulou, sondern ein großer Wolf! Und dahinten ist ein ganzes Rudel! Ich weiß, wie sie das machen: Sie schwärmen aus, sie umkreisen uns. Es ist hier furchtbar einsam und furchtbar kalt, und sie müssen schrecklichen Hunger haben!«
Ein gespenstisches Heulen, erst aus einer, dann aus vielen Kehlen, bestätigte Gérards Worte.
»Tati befahl Henri. »Steig ins Raumschiff und hole alles, was die Küche hergibt, alles, was die Viecher fressen könnten! Wir müssen sie ablenken!«
»Es gibt kein Raumschiff mehr!« rief Tati verzweifelt. »Es muß zerplatzt sein! Wir kriechen durch eisigen Schnee!«
»Steht da nicht noch der Gedankenstrahler?« schrie Prosper.
»Ja, aber es lauert ein großer Wolf davor«, wimmerte Micha. »Und wo ist Superhirn? Wo ist Superhirn?«
Geheimer Start von Basis 2
»Wir müssen die Brille finden«, hatte Professor Charivari zu Gérards Vetter gesagt.
»Die Tür zu Ihrem Hotelzimmer war nicht abgeschlossen«, erinnerte Martin. »Als ich geklopft hatte und Sie mich nicht hörten, brauchte ich nur auf die Klinke zu drücken. Und Sie hatten vorher geschlafen, nicht wahr?«
»Ja, ja.«, überlegte Charivari. »Moment – den Arzt, diesen Doktor – Doktor Pontpont Pont habe ich schon nicht mehr weggehen sehen. Und während ich schlief, hat die Wirtin die Sachen hereingebracht! Komm, wir fragen sie mal. Aber gib acht, ich nehme die Brille immer nur als Lesebrille!«
»Verstehe!« nickte Martin. Sie gingen in die Wirtsstube.
»Ah, Frau Leclerc!« rief Charivari. »Sie sehen, ich bin wieder wohlauf, und ich habe sogar schon Besuch: einen Jungen, der sich für Gesteinskunde interessiert! Sicher erlauben Sie ihm, sein Zelt im Garten aufzubauen – nun wir werden sehen. Ach ja – äh – haben Sie zufällig meine Lesebrille gesehen? Ich meine, ich hätte sie vor dem Einschlafen auf den Nachttisch gelegt. Doch als ich aufwachte, fand ich sie nicht ...«
»Ihre Lesebrille?« Frau Leclerc lachte freundlich-ahnungslos. »Wenn man das Ding überhaupt noch Brille nennen konnte! Der Doktor hat das Gestell mitsamt dem losen Glas zum Optiker gebracht.«
»Optiker?« fragte Charivari. Er wußte nicht, ob er einen Wut oder einen Freudeanfall bekommen sollte. »Dieser Doktor – Doktor Pontpont Pont hat ...«
»... die Brille zum Optiker getragen«, lächelte die Wirtin. »Morgen mittag bekommen Sie sie wieder!«
»Morgen?« murmelte der Professor entgeistert. »Morgen!« Und er dachte: Jede Stunde, jede Minute, jede Sekunde ist kostbar!
Doch es half nichts, daß er mit dem Brillengeschäft telefonierte. Der Optiker Long war nicht in Marac. Er und seine Frau waren nach Ladenschluß zu Verwandten in die nächste Stadt gefahren. Sie würden erst nach Mitternacht zurückkehren ...
Gleich am nächsten Morgen stand Professor Charivari im Laden des Optikers. Ein Fräulein im weißen Kittel erklärte ihm höflich, Herr Long säße hinten in seiner Werkstatt
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