Raumschiff Monitor - Alle sechs Romane
Zeichen dafür, daß sie nicht stark genug für ihn ist. Er muß sich mächtig konzentrieren, aber das hat er lieber in Kauf genommen, als noch einmal zum Optiker zu gehen. Scheint ein sehr eigenwilliger Mensch zu sein!«
Der Professor klopfte an die eine Fenstertür. Er und Martin sahen, wie sich der massige Bibliothekar erhob. schwungvoll riß er den Türflügel auf.
»Wer ist da?« dröhnte seine Stimme durch die Nacht. Dann erkannte er im herausdringenden Lichtschimmer, wen er vor sich hatte.
»Ach! Sie sind es? Der Mann, dem ich in dem Brillengeschäft begegnet bin? Was wollen Sie denn so spät hier? Noch dazu mit einem Jungen! Meinen Sie, ich hätte Lust, mit Ihnen Karten zu spielen?«
»Auf ein Wort, Herr Bibliothekar«, sagte der Professor. »Wenn wir einen Moment eintreten dürften? Danke. Der Junge hat mich begleitet, weil ich nicht so gut zu Fuß bin!«
»Dann hätten Sie fahren sollen«, erwiderte der massige Bibliothekar ärgerlich. »Und zwar bei Tage. Übrigens sehen Sie sehr beweglich aus – für Ihr Alter. Also, was gibt es! Fassen Sie sich kurz, wenn ich bitten darf. Ich vergeude nicht gern meine Zeit!«
»Eben davor wollte ich Sie bewahren«, sagte Charivari. »Es ist nämlich Zeitvergeudung, sich mit einer fremden Brille herumzuquälen – und sie dann doch zum Optiker zurückbringen zu müssen!«
»Brille?« fragte der Bibliothekar wütend. »Ich will nichts mehr von Brillen hören! Dieser Long ist ein Idiot! Erst hat er mir eine Damenbrille andrehen wollen, und nun gab er mir die her! Ich sehe damit zwar nicht allzugut, aber es geht!«
»Mit dieser wird es besser gehen«, lächelte der Professor, indem er ihm die vertauschte hinhielt.
»Dies ist die richtige! Und Sie haben meine auf der Nase!«
»Herr!« rief der Mann. Sein Kinn schob sich vor, und sein Brustkorb schwoll wie der eines Preisringers. »Wollen Sie mich zum Narren halten? Mitten in der Nacht soll ich mir wieder eine Brille verpassen lassen, womöglich eine Schielbrille, he? Machen Sie, daß Sie davonkommen!«
Dabei schwenkte er das Buch, in dem er gelesen hatte.
Blitzschnell erkannte der Professor zweierlei: Die ungeheure Energie dieses massigen Mannes und eine Gefahr, die aus dem Buch kam, zusammen mit der Tatsache, daß er die telepathische Brille trug.
»Was lesen Sie da?« herrschte er den Bibliothekar an. Auf einmal klang seine Stimme nicht mehr freundlich. Martin bemerkte zu seiner Verwunderung, daß Charivari plötzlich viel gefährlicher als der Bibliothekar wirkte. Ehe der begriff, was das zu bedeuten hatte, riß ihm der Professor die Brille von der Nase und das Buch aus der Hand.
»Wölfe in der Winterwildnis«, las Professor Charivari. Er schleuderte den Band weit von sich.
»Hier ist Ihre Brille, Herr Bibliothekar, die richtige Brille! Sie sollten ein Buch mit so kleiner Schrift nicht mit einer falschen Brille lesen. Komm, Martin!«
Eilig liefen sie zur Straße.
»Ich begreife nicht ...«, keuchte Martin.
»Daß ich das Buch weggeschleudert habe? Ich tat es mehr vor Schreck«, unterbrach der Professor.
»Das mit der kleinen Schrift war eine Ausrede, aber der Kerl wird sie glauben, wenn er durch seine richtige Brille guckt. Ich meinte etwas anderes: Wenn die andere Brille wirklich meine telepathische Brille ist, so hat der Mann – ohne es zu wissen – die ganze Zeit eine grausige Geschichte durch die besonderen Gläser in sich aufgenommen, sich Wölfe vorgestellt und die Gedanken unwillkürlich durch die Strahler wieder von sich gegeben. Wenn im Monitor nun der Gedankenverstärker eingestellt war, werden alle Gehirne der Insassen von der Wolfsgeschichte überflutet worden sein!«
Der Professor wartete nicht erst, bis sie wieder in Marac waren. »Dort ist eine Bank«, sagte er.
»Setzen wir uns! Sei still, und stör mich nicht! Ich will Monitor anstrahlen ... Hoffe mit mir, daß dies nun endlich die richtige Brille ist!«
Er starrte in den fahlen Nachthimmel.
»Monitor!« dachte er inständig, »Monitor, melden! Hier Professor Charivari ...«
Auf ihrem unbekannten Landeplatz traf Henri, Prosper, Gérard, Tati und Micha dieser Anruf wie ein Schlag.
»Verflixt, wo sind wir denn?« stammelte Henri.
»Das möchte ich auch wissen«, rief Prosper.
»Wette, ich hatte eben noch kalte Füße«, staunte Gérard und sah sich um. »Da ist Tati – und Micha – he, und der Pudel! Mir war, als hätte jemand nach ihm gerufen!«
»Aber Superhirn fehlt!« stellte Micha entsetzt fest.
»Quatsch, der schläft
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