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Raumstation Erde

Raumstation Erde

Titel: Raumstation Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clifford D. Simak
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und dachte mit Stolz und Befriedigung an die Vollständigkeit seiner Aufzeichnungen. Über ein Jahrhundert lag zwischen den Einbänden dieser Bücher, und er hatte nie auch nur einen einzigen Tag ausgelassen.
    Dort war seine Hinterlassenschaft, dachte er, sein Erbe an die Welt, seine Eintrittsgebühr zurück in die Menschheit, hier stand alles, was er in hundertzehn Jahren der Gemeinschaft mit den Wesen der Milchstraße gehört, gesehen und gedacht hatte.
    Er ließ die Eier aus der Pfanne auf den Teller gleiten, nahm die Kanne und setzte sich zum Frühstück an den Tisch. Er schaute wieder auf die Uhr. Es war noch Zeit, seinen Spaziergang zu machen.

25
     
     
    Der Ginseng-Mann wartete an der Quelle.
    Enoch sah ihn schon aus einiger Entfernung und fragte sich, in plötzlicher Zornesaufwallung, ob er nur gekommen war, um ihm zu sagen, daß er die Leiche des Vega-Bewohners nicht zurückgeben konnte, daß etwas dazwischengekommen war, daß er mit unerwarteten Schwierigkeiten zu kämpfen hatte.
    Dabei fiel ihm ein, daß er in der vorigen Nacht gedroht hatte, jeden umzubringen, der die Rückgabe der Leiche verzögern würde. Vielleicht war es nicht besonders klug gewesen, das auszusprechen. Er fragte sich, ob er sich dazu bringen konnte, einen Menschen zu töten - obwohl es nicht der erste wäre. Aber damals hatte Krieg geherrscht, und als Soldat mußte man Dinge tun, die man sonst verabscheute.
    Er schloß für eine Sekunde die Augen und sah die lange Kette der angreifenden Infanteristen vor sich, entschlossen, ihn zu töten - und in diesem Augenblick war ihm der Wahnsinn des Krieges klargeworden, die ungezügelte Wut der Menschen, die frappante Unlogik, daß ein Mensch durch Tod oder Elend Rechte beweisen oder ein Prinzip hochhalten könnte.
    Irgendwann in ihrer langen Geschichte hatte die Menschheit eine Irrsinnigkeit als Prinzip anerkannt und darauf bestanden, bis heute dieses Wahnsinnsprinzip, wenn nicht die gesamte Menschheit, so zumindest fast alle materiellen und immateriellen Dinge zu vernichten drohte, die im Laufe hart erkämpfter Jahrhunderte als Symbole des Menschlichen geformt worden waren.
    Lewis saß auf einem umgestürzten Baumstamm. Als Enoch näherkam, stand er auf.
    »Ich habe hier auf Sie gewartet«, sagte er. »Hoffentlich stört Sie das nicht.«
    Enoch stieg über die Quelle.
    »Die Leiche wird am frühen Abend da sein«, fuhr Lewis fort. »Washington wird sie nach Madison fliegen und mit dem Lastwagen hierher transportieren.«
    Enoch nickte. »Freut mich.«
    »Man bestand darauf, daß ich Sie noch einmal frage, was diese Leiche ist.«
    »Ich habe Ihnen gestern nacht schon erklärt, daß ich nichts sagen kann«, erwiderte Enoch. »Ich würde es gerne tun. Ich überlege mir seit Jahren, wie man das mitteilen könnte, aber es gibt keinen Weg.«
    »Die Leiche stammt nicht von der Erde«, sagte Lewis. »Davon sind wir überzeugt.« »Das glauben Sie.«, sagte Enoch.
    »Das Haus ist auch fremdartig«, fügte Lewis hinzu.
    »Das Haus hat mein Vater gebaut«, sagte Enoch kurz.
    »Aber es ist verändert«, meinte Lewis. »Es existiert nicht mehr so, wie er es gebaut hat.«
    »Die Jahre verändern alles«, sagte Enoch.
    »Alles, bis auf Sie.«
    Enoch lachte. »Das stört euch«, sagte er. »Es kommt euch unanständig vor.«
    Lewis schüttelte den Kopf. »Nein, nicht unanständig. So ist das ganz und gar nicht. Nachdem ich Sie jahrelang beobachtet habe, nehme ich Sie, wie Sie sind. Ich verstehe natürlich nichts, aber ich akzeptiere Sie. Manchmal sage ich mir, daß ich verrückt sein muß, aber das vergeht schnell. Ich habe mich bemüht, Sie nicht zu belästigen. Ich habe versucht, alles so zu lassen, wie es war. Seit ich Sie kennengelernt habe, bin ich froh darüber. Aber wir packen das falsch an. Wir benehmen uns wie Feinde, wie knurrende Hunde - und das ist nicht richtig. Ich glaube, daß wir beide vieles gemeinsam haben. Irgend etwas geht vor, und ich will nichts tun, was störend wirken könnte.«
    »Das haben Sie aber getan«, antwortete Enoch. »Sie haben das Schlimmste von allem getan, als Sie die Leiche entfernten. Wenn Sie sich hingesetzt und lange überlegt hätten, wie Sie mir schaden könnten, wäre es nicht schlimmer geworden. Nicht nur für mich, für mich eigentlich überhaupt nicht. Sie haben die Menschheit geschädigt.«
    »Ich verstehe Sie nicht«, sagte Lewis. »Tut mir leid, aber ich verstehe Sie nicht. Die Inschrift auf dem Stein.«
    »Das war mein Fehler«, sagte Enoch. »Ich hätte

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