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Raumstation Erde

Raumstation Erde

Titel: Raumstation Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clifford D. Simak
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zusammen mit persönlichen Erlebnissen, Eindrücken und anderen Kleinigkeiten, in den langen Reihen von Tagebüchern, auf den Regalen an der Wand. Daraus konnte die Menschheit etwas gewinnen, das ihr auf der Straße zu den Sternen weiterhelfen mochte, auf der Straße zu dem größeren Wissen und Begreifen, das ihr Erbteil war - vielleicht Erbteil und Anrecht aller Intelligenz. Aber man würde auf diesen Tag lange warten um so länger jetzt, nach den Ereignissen dieses Tages.
    Wenn nur mehr Zeit geblieben wäre, dachte er. Aber es gab sie nicht und würde sie nie geben. Gleichgültig, wie viele Jahrhunderte er seiner Aufgabe widmen mochte - das unerreichte Wissen würde riesenhaft erscheinen neben dem wenigen, das er gelernt hatte.
    Er ließ sich vor dem Schreibtisch auf den Stuhl sinken. Er fragte sich zum erstenmal, wie er es anfangen würde - wie er die Galaktische Zentrale verlassen, die Milchstraße für einen einzigen Planeten eintauschen konnte, wenn dieser Planet auch immer noch sein eigener war.
    Er trieb seinen Verstand, die Antwort zu finden, aber sie blieb aus.
    Einer allein, dachte er.
    Ein Mann allein konnte nicht gegen Erde und Galaxis zugleich stehen.

24
     
     
    Sonnenschein, der durchs Fenster fiel, weckte ihn, aber er blieb, wo er war und ließ die Wärme in sich eindringen. Sie wirkte gut und beruhigend, und für einen Augenblick hielt er alle Fragen und Sorgen fern. Er spürte aber ihre Nähe und schloß die Augen - Schultern und Nacken schmerzten, sein Körper war steif und das Kissen hart.
    Er öffnete die Augen wieder, wollte sich aufrichten, und sah erst jetzt, daß er nicht im Bett lag. Er saß auf einem Stuhl und sein Kopf hatte, statt auf einem Kissen, auf der Schreibtischplatte gelegen.
    Er erhob sich langsam, reckte und dehnte sich, versuchte, die Steifheit aus seinen Muskeln zu vertreiben. Und dann kamen die Sorgen, die Ängste und Zweifel mit verstärkter Macht zurück. Aber er schob sie beiseite, wenn auch nicht ganz mit Erfolg.
    Er ging zum Herd und suchte die Kaffeekanne, dann fiel ihm ein, daß er sie in der vergangenen Nacht neben dem Tisch auf den Boden gestellt hatte. Er holte sie. Die zwei Tassen standen noch auf dem Tisch, und im Durcheinander von Gegenständen, das Ulysses beiseite geschoben hatte, lag die Pyramide aus Kugeln auf der Seite; sie glitzerte und funkelte noch immer, wobei jede Kugel in gegenläufiger Richtung zu ihrer Nachbarin rotierte.
    Enoch hob sie auf. Seine Finger betasteten den Boden, auf dem die Kugeln saßen, suchten etwas - einen Hebel, eine Einbuchtung, eine Taste - aber er fand nichts. Und doch hatte Lucy gestern etwas daran gemacht und die Kugeln in Bewegung gesetzt. Die Kugeln rotierten seit über zwölf Stunden ohne ein sichtbares Ergebnis.
    Er stellte die Pyramide wieder auf den Tisch, nahm die Tassen und trug sie mit der Kanne zum Spülbecken.
    Es war still in der Station - bedrückend still, wie ihm schien.
    Er ging zur Nachrichtenmaschine, aber die Textplatte war leer. Hatte man die Station schon aufgegeben? Kaum, denn das hätte bedeutet, daß auch alle Nachbarstationen im Umkreis geschlossen wären. Es gab keine Abkürzungen im Transportnetz. Im übrigen war es nicht ungewöhnlich, daß viele Stunden, ja sogar einen ganzen Tag lang keine Reisenden ankamen.
    Ich bin nervös, dachte er, zu nervös.
    Bevor man die Station schloß, würde man ihn verständigen.
    Er kehrte zum Herd zurück und setzte die Kanne auf. Im Kühlschrank fand er ein Paket Brei, aus einer Dschungelwelt im Drachen. Er zog es heraus, legte es wieder hinein und nahm die letzten zwei Eier von dem Dutzend, das ihm der Postbote vor einer Woche aus der Stadt mitgebracht hatte.
    Er schaute auf die Uhr und sah, daß er länger als erwartet geschlafen hatte. Es war fast schon Zeit für seinen täglichen Spaziergang.
    Er stellte die Pfanne auf den Herd und warf ein Stück Butter hinein. Als sie zerlaufen war, schlug er die Eier hinein.
    Vielleicht sollte er den Spaziergang heute nicht machen, dachte er. Bis auf ein paarmal, als ein Schneesturm gewütet hatte, wäre das der erste Verzicht. Aber er sah keinen Grund, warum für diese Regel keine Ausnahme gelten konnte. Er konnte auf den Spaziergang verzichten und die Post später holen. Er konnte die Zeit dazu benutzen, all das nachzuholen, was er gestern versäumt hatte. Immer noch lagen die Zeitungen ungelesen auf seinem Schreibtisch. Er hatte nichts in sein Tagebuch geschrieben.
    Er sah hinüber zu den langen Reihen von Tagebüchern

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