Raumzeit - Provokation der Schoepfung
Princeton versuchten Dicke und seine Kollegen, eine kosmische Strahlung aufzuspüren. Dazu hatten die Russen verlauten lassen, wenn Gamov recht hätte und der Urknall mit dem Anfang des Universums zusammenhänge, würde nach ihren Ergebnissen die einer Schwarzkörperkurve folgende Hintergrundstrahlung den Kosmos wie ein Nachhall durchziehen und müsste durch die Holmdel-Horn-Antenne aufgespürt werden können.
Die Princeton-Wissenschaftler hatten keine Ahnung von der Holmdel-Antenne, wussten weder etwas von Gamovs Arbeiten noch von den Erkenntnissen der Russen. Gamov wiederum lebte in völliger Unkenntnis der Bemühungen der anderen Kollegen und der russischen Schlussfolgerungen. Penzias und Wilson hatten ihre Hintergrundgeräusche erst einmal vertuscht, damit ihnen daraus nicht etwa beruflich ein Strick gedreht werden konnte, wenn etwas mit ihrer Antenne nicht stimmte.
Sie »verbargen« ihr Geräuschproblem also vorsorglich inmitten einer jener Facharbeiten, die in der Regel kaum gelesen werden. Wenn sich eines Tages eine Ursache von Bedeutung für diese Geräusche herausstellen sollte, so würden sie wenigstens darauf hingewiesen haben. Handelte es sich aber um einen Fehler ihrerseits, wurde er auf diese Weise nicht so publik, um breitgetreten zu werden.
Im Verlauf einer Zusammenkunft sprach Penzias mit Burke, einem Wissenschaftler des Carnegie-Instituts in Washington, über sein Geräuschproblem. Wenig später meldete sich dieser, um Penzias über den Vorabdruck der Arbeit des Princeton-Wissenschaftlers zu unterrichten. Danach müsse es möglich sein, das Relikt der Hintergrundstrahlung aus den Anfängen des Universums durch ein Mikrowellen-Radioteleskop zu ermitteln. Penzias besorgte sich umgehend Peebles’ noch unveröffentlichte Arbeit.
Als er sie gelesen hatte, schlug er dem Leiter des Princeton-Projekts einen Besuch in Holmdel vor. Dicke verblüfften die Ergebnisse des Princeton-Teams. Schließlich vereinbarten sie, ihre Resultate gemeinsam in zwei Artikeln herauszugeben und umgehend an die »Astrophysical Journal Letters« weiterzuleiten.
In ihrer Abhandlung schilderten Dicke und seine Kollegen in großen Zügen die Bedeutung kosmischer Hintergrundstrahlung als Beweis für die Richtigkeit der Big-Bang-Theorie. Die Arbeit von Peebles wurde gleichzeitig anerkannt. Penzias und Wilson schilderten dagegen die Messungen der effektiven Zenit-Geräuschtemperatur der Holmdel-Horn-Antenne, deren Wert etwa drei Kelvin über dem zu erwartenden liege. Diese Exzesstemperatur sei isotropisch, unpolarisiert und im begrenzten Bereich der Beobachtungsdauer auch keinen jahreszeitlichen Schwankungen unterworfen gewesen.
Penzias und Wilson begriffen die ganze Tragweite ihrer Entdeckung nur nach und nach. Sie hatten die Reststrahlung aus dem unvorstellbaren Inferno des Urknalls – den Nachhall der Schöpfung – nur durch Zufall entdeckt. Und damit hatte das Steady-State-Modell von der Big-Bang-Theorie sozusagen den K.-o.-Schlag erhalten. Für die Entdeckung der kosmischen Hintergrundstrahlung erhielten Penzias und Wilson 1978 den Nobelpreis für Physik.
Die Möglichkeit, Jahrmilliarden nach dem Urknall sozusagen das Echo der Schöpfung noch registrieren zu können, war geradezu fantastisch.
1992 ergab sich durch den Satelliten COBE (Cosmic Background Explorer) eine spektakuläre Bestätigung für die Urknalltheorie. Ein wissenschaftliches Team der University of California in Berkeley unter der Leitung von George Smoot (geb. 1945) konnte die fossile Strahlung des Urknalls wesentlich genauer als die frühen Messungen nachweisen. COBE war speziell ausgerüstet, um die mikroskopischen Einzelheiten in der Struktur des Mikrowellenhintergrunds zu untersuchen. Und zwar jene Strahlung, die George Gamov und seine Kollegen vorausgesagt hatten.
Das Smoot-Team konnte mit nie dagewesener Genauigkeit Schwankungen der COBE-Messdaten bis zu einem Teil pro Hunderttausend registrieren. Zudem entdeckte COBE winzige, fast mikroskopische Unregelmäßigkeiten im Mikrowellenhintergrund. Es waren aber genau diese Schwankungen, die erforderlich sein würden, um Materieverklumpungen zu erzeugen, aus denen dann Galaxien mit ihren Sternen entstehen würden. Es ist dieses charakteristische Muster winziger Temperaturschwankungen im Bereich von nur einem hunderttausendstel Grad in der Hintergrundstrahlung, das zur heutigen, wahrnehmbaren Struktur unseres Universums führen sollte.
George Smoot erhielt zusammen mit John Mather für die
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