Raumzeit - Provokation der Schoepfung
ungeheure Kernexplosion, einen Big Bang, zurückzuführen sei. Wie der Abbé ging auch Gamov von einem anfänglich hoch komprimierten Universum aus.
Im Gegensatz zu Lemaître, der an ein Uratom mit hoch verdichteter Materie dachte, nahm Gamov an, dass das Universum ursprünglich vorwiegend aus komprimierter Energie und nur aus wenigen Materiespuren bestanden habe und der Big Bang in Form von Kernfusion – wie bei einer Wasserstoffbombe – erfolgt sei.
Dieses Uratom aus Neutronium zerbarst nach Gamovs Hypothese in der gewaltigsten Explosion aller Zeiten, im Urknall. Innerhalb weniger Minuten entstand daraus dann eine Mischung aus Neutronen, Protonen und Elektronen, die Gamov in Anlehnung an Aristoteles als das Chaos, aus dem die Welt entstand, Ylem taufte.
Bei genauerer Untersuchung sollte sich herausstellen, dass Gamov zwar die Entstehung von Wasserstoff- und Heliumatomen noch treffend erklären konnte, aber bei den übrigen Elementen dann passen musste. Müsste bei der von Gamov vermuteten, ungeheuren Hitze im Anfangsstadium des Universums nicht eine bis heute feststellbare Restwärme existieren, eine Art Nachglühen? Jedenfalls führte die von Gamov und seinen Mitarbeitern, Ralph Asher Alpher und Hans Bethe, 1948 veröffentlichte Big-Bang-Theorie zur Schlussfolgerung, dass ein Temperaturrest des Urknalls als Hintergrundstrahlung messbar sein müsste.
Gamovs hintergründiger Humor wird nicht zuletzt auch durch die Auswahl seiner Mitarbeiter dokumentiert, die er nach den Anfangsbuchstaben des griechischen Alphabets ausgewählt hatte, Alpha, Beta, Gamma – Alpher, Bethe und Gamov.
Im selben Jahr, als Gamovs Explosionsmodell veröffentlicht wurde, stellten drei englische Wissenschaftler – Hermann Bondi (1919 –2005), Thomas Gold (1920 –2004) und Fred Hoyle (1915 –2001) – eine kosmologische Gegenthese auf, nicht zuletzt, weil viele Astronomen die Big-Bang-Theorie nicht befriedigte. Dem gegenüber ging die Gegentheorie der drei Forscher von einem Universum ohne Anfang und Ende aus, das immer schon existierte und bis in alle Ewigkeit weiter bestehen wird.
Der kreative Hoyle behandelte den Big Bang mit Skepsis und war die treibende Kraft des Forscherteams. Wenn das Universum tatsächlich einen Anfang gehabt hätte, müsste vorausgesetzt werden, dass die Materie dann auch irgendwann entstanden sein müsste. Aber konnte sie sich in diesem Fall nicht genauso nach und nach entwickelt haben? Im Raum könnte sich doch unaufhörlich neue Materie bilden, aus der sich wiederum ständig neue Galaxien formen, die dann den durch die entschwundenen Galaxien leer gewordenen Raum wieder auffüllen.
Bondi und Hoyle waren anfangs von diesem Konzept nicht ganz überzeugt. Schließlich ließ sich Bondi überreden, die mathematischen Hintergründe zu durchleuchten, obwohl er mit widersprüchlichen Ergebnissen rechnete. Doch schließlich präsentierte er ein zufriedenstellendes Ergebnis. Damit war das Steady-State-Modell geboren. Die Materie des Universums ist danach nicht auf einmal durch den Urknall entstanden, sondern hat sich kontinuierlich entwickelt.
Diese Theorie bedeutete für die gesamte Kosmologie eine Provokation der Schöpfung. Obwohl doch ein einleuchtender und mathematisch berechenbarer Ausgleich zwischen der neu gebildeten Materie zur Debatte stand. Bei der Fortsetzung eines solchen Vorgangs behielt das Universum auf immer und ewig das gleiche Aussehen. Gleichgültig, wie weit wir auch in die Vergangenheit zurückblicken oder in die Zukunft schauen würden, so bliebe doch alles unverändert. Es wären zwar andere Galaxien da, aber diese wären stets gleichmäßig verteilt.
Bei einer kontinuierlichen Schöpfung wäre sowohl ein Big Bang als auch ein unabwendbares Ende des Universums ausgeschlossen. Der Kosmos wäre zwar Verwandlungsprozessen unterworfen, wie der Geburt oder dem Tod von Sternen und Galaxien, würde sich aber als Ganzes nie verändern. Das Universum würde sich durch die ständig neu entstehenden Sternensysteme zwar immer wieder verjüngen, doch die Materiedichte des Kosmos bliebe für alle Ewigkeit konstant.
Es war von vornherein klar, dass die Annahme einer kontinuierlichen Schöpfung mit dem Energieerhaltungsprinzip unvereinbar sein musste. Danach gibt es nämlich in einem geschlossenen System – in diesem Fall im Kosmos – keine Veränderung des Materie- und Energievorkommens. Doch Hoyle, Bondi und Gold wandten dagegen ein, dass der Energie- und Materiegehalt selbst dann unverändert
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