Raus aus dem Har(t)z IV!
nicht nur des Geldes wegen, das war natürlich wichtig, aber nicht bestimmend. Ich liebte die Arbeit mit den alten Dingen, die für mich alle eine Geschichte zu erzählen hatten. Es war immer so, als wenn man ein Stück Geschichte in Händen hielt, wenn man sich mit den Antiquitäten befasste und das durch diese Gegenstände die Geschichte wieder lebendig wird. Diese Vorstellung ließ mich ins Träumen und Schwärmen geraten. Ich sah nicht das mögliche Geld, das wir machen könnten. Ich sah wieder eine Beschäftigung, einen Sinn in meinem Leben, dass die Leere auffüllen würde, in die mich die Arbeitslosigkeit gestürzt hat. Das mögliche Geld, das sich damit verdienen ließe, war eher zweitrangig, zumal ich nicht wirklich daran glaubte, dass diese Theorie, bei jedem Schritt eine Verdoppelung zu erzielen, überhaupt realistisch sein würde. Aber die Idee klang grundsätzlich interessant und wenn meine ‚Einlage‘ in diesen Topf nicht gefährdet war, was sollte dagegen sprechen? Tobias, der die in meinen Kopf umher schwirrenden Ideen und die Abwägung zwischen Vor- und Nachteilen scheinbar erahnen konnte, sagte schließlich das, das mich letztendlich endgültig auf die Seite dieser Idee brachte: „Wir dachten uns, da Du ja auch kaufmännisch vorbelastet bist, dass Du Dich dann auch um den Topf, also um das Geld, kümmerst. Es macht ja mehr Sinn, wenn einer alles verwaltet und man trifft sich dann regelmäßig und entscheidet zusammen wie alles verfügt wird. Verstehst Du?“ - „Ja, ich kann folgen. Und wie würde das dann in der Praxis ablaufen? Ich meine es muss ja irgendeinen konkreten Plan geben, oder?“ – „Naja,“ wieder ergriff Tobias das Wort, „wir würden uns regelmäßig treffen und in der Zwischenzeit wird recherchiert, sich umgesehen und jeder verwendet eben seine Zeit für sein Spezialgebiet. Dann wenn wir uns treffen kann jeder über seine Ergebnisse berichten und wir haben vier Meinungen und Ergebnisse und können so das Optimale herausholen. So soll es ja funktionieren. Alle vier Wochen eine Stufe weiter dachten wir. Dann hat man vier Wochen Zeit sich wirklich nach der besten Chance umzusehen.“ „Du meinst, alle vier Wochen wird das Geld verdoppelt? Ein großes Ziel, findest du nicht?“ ich meldete erneut Zweifel an, obwohl mir gerade das Geld eher unwichtig erschien. Aber ich dachte mir, einer muss ja in die Rolle des ‚Advocatus Diaboli‘ schlüpfen und das Konzept auf den Prüfstand stellen. Ein Konzept, dass mir gar nicht recht als Konzept in den Kopf wollte, da es einfach zu simpel klang. Zu einfach, um zu funktionieren. „Ja, dann haben wir jeweils vier Wochen Zeit, uns nur auf eine einzige Transaktion vorzubereiten und können uns intensiv damit beschäftigen, ich meine Zeit haben wir ja genug, oder?“ damit hatte Tobias zweifellos recht. Zeit genug hatte jeder von uns. Warum nicht die Zeit darauf verwenden, wieder das zu tun, was ich ohnehin am besten kann und bei dem ich mich wohl fühle? Es klang noch immer viel zu einfach für mich, als dass es jemals funktionieren könnte, aber ich sagte den Jungs zu, dass ich darüber nachdenken würde. Zumal ein blick auf die Uhr an jenem Abend mir verriet, dass es nicht nur ein Weihnachtsabend war, sondern es auch ein ohne weiteres ein Morgen werden könnte, wenn ich nicht das Ende finden würde. Wir erhoben unser Glas zum letzten Mal und ich fühlte mich am Ende doch noch glücklich darüber, diesen Abend veranstaltet zu haben. Sieht man von dem Geschenk in Aluminiumfolie ab, das zu Beginn fast schon beleidigend war, sich aber dann doch noch als Grundlage herausstellte für eine Idee, die jetzt bei mir im Kopf brannte und darauf wartete, zu Ende gedacht zu werden, konnte ich mich über diesen gelungenen Abend nicht böse sein. Ich war nicht allein. Fühlte mich gebraucht und nützlich. Ein schönes Gefühl, als ich hinter den drei Jungs die Tür schloss und dann dem Rotwein seinen Tribut zollte und mich gleich auf ins Bett machte. ‚Hoffentlich werden die drei Jungs nicht auf dem Heimweg von der Furie Yilmaz angegriffen, die eine Blutrache für die Kopfnuss auf ihren Jungen einfordert.‘ waren meine letzten Gedanken, bevor ich dann letztendlich einschlief. Den Tisch abräumen konnte ich auch noch morgen machen.
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Am nächsten Morgen wachte ich auf, wie ich es hätte voraus ahnen können. Ein riesiger Kater von der roten Plörre, die aus dem Tetra Pack mit der Aufschrift ‚Roter Tafelwein‘ am vergangenen Abend den
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